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Nachricht vom 19.04.2015    

Themenwanderung im Stadtwald Dierdorf

Die beliebte Themenwanderung im Dierdorfer Stadtwald führte am 18. April in den Elgerter Wald. Unter fachkundiger Leitung des Revierförsters Bernd Frorath wurde das aktuelle Thema „Waldwirtschaft und Umweltvorsorge – eine Herausforderung“ veranschaulicht.

Revierförster Bernd Frorath (rechts) beantwortet unterwegs geduldig alle Fragen. Fotos: Helmi Tischler-Venter

Dierdorf. Stadtbürgermeister Thomas Vis und Revierförster Bernd Frorath konnten bei sonnig-kühlem Wanderwetter vierzig interessierte Besucher begrüßen, darunter Revierförster Harald Schmidt von der Märkerschaft, der wegen einer Neuzuordnung der Reviere ab Oktober die Belange des Dierdorfer Stadtwaldes mitvertreten wird.

Die etwa vier Kilometer lange Wanderstrecke führte zunächst vom Ortsausgang Dierdorf-Elgert ein Stück an der Roßbacher Straße vorbei zu einer Douglasien-Schonung. Dort erläuterte Frorath, dass die Douglasie seit 130 Jahren aus Nordamerika kommend in Deutschland gepflanzt wird, weil sie mit der Klimaerwärmung zurechtkommt. Zwar ist sie ein Neophyt, aber die einzige Alternative zur Fichte, die Wärme gar nicht mag.

Die ursprüngliche Fichtenkultur war 2010 dem Sturm Cynthia zum Opfer gefallen. In der Elgerter Gemarkung sind die Bäume besonders windanfällig. Tonige Schichten veranlassen viele Baumarten, besonders Fichten, flache Wurzelballen zu bilden, weil sie in dem Ton nicht wurzeln wollen. Die Windbruchstelle war von Helmut Rieger in einer Standortkartierung bereits vor dreißig Jahren als windanfällige Fläche schraffiert worden. Da Bäume 80 bis 100 Jahre an einer Stelle stehen müssen, haben die Fichten immer größere Probleme in Deutschland. Die Flachwurzler verdichten die Böden immer mehr, während Erlen und Eichen durch die tonigen Schichten hindurch gehen. Wegen des Stauwassers auf Tonschichten gehen auch die heimischen Buchen nicht gern durch diese Schichten, erläuterte der Revierförster auf Nachfrage.

Der zweite Informationsstopp fand auf dem Waldweg an einem Fichtenwald statt, der nach dem 1990 von Sturm Wiebke verursachten Windbruch gepflanzt worden war. Auf der gegenüberliegenden Seite steht ein Eichenwald gleichen Alters. Hinter einem etwa 70 Meter tiefen Streifen mit Eichen wurde erst die Fichtenkultur angelegt. Diese Pflanzung ist der forstliche Versuch, kleinere Einheiten von zwei bis drei Hektar zu gestalten, damit der Wind nicht so großen Schaden anrichten kann. Aus diesem Grund wurden im Fichtenwald alle 25 bis 30 Meter Rückeschneisen angelegt.

Die schönsten und vitalsten Eichen wurden ausgewählt und gekennzeichnet. Die Fachleute folgen damit der Erfahrung, dass die Bäume früher ein verkaufsfähiges Volumen erreichen, wenn ihr Dickenwachstum durch Freistellung frühzeitig angeregt wird. Das Holz benötigt dann nur circa 100 statt 150 Jahre Wachstumszeit, weil durch mehr Licht und Sonne die Jahresringe breiter werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Holzindustrie gleichmäßige Ringe bevorzugt.

Querwaldein führte die Tour in einen 80-jährigen Fichtenbestand. Bis zum Wirbelsturm Wiebke vor 25 Jahren war der größte Teil des Waldes eine Fichtenmonokultur. Das war optisch monoton, finanziell jedoch vorteilhaft. Von Monokulturen sieht die Forstwirtschaft zwischenzeitlich ab, jedoch wird die Baumart Fichte auf den Höhen bei entsprechender Wasserversorgung weiter eine Rolle spielen. Da Fichtenholz insgesamt knapper geworden ist, die Kapazitäten der Sägewerke dagegen gestiegen sind, wird derzeit ein guter Preis für dieses Holz erzielt. Bäume mit einem Mitteldurchmesser von 30 bis 40 Zentimetern sind für Bretter und Leimbinderbalken gewünscht.



Im Elgerter Wald wird der Auenbereich des Baches nicht bearbeitet. Die Roterlen, Weißerlen, Eichen und Birken, die sich selbst ansiedeln, werden im Sumpfrand wachsen gelassen. Die Forstverwaltung ist bemüht, eine vernünftige Mischung zwischen naturbelassenen Waldteilen und bewirtschaftetem Forst zu finden. Neben dem Bach liegen gelassen wurde auch eine in den 90er Jahren vom Sturm gefällte alte Fichte. An ihrem mächtigen Wurzelteller mit etwa fünf Metern Durchmesser, aber nur 15 Zentimetern Tiefe, konnten die Waldwanderer deutlich erkennen, dass dieser Baum nicht im Wasser wurzelt und dadurch windanfällig ist.

Bis Anfang 1900 war der beherrschende Wald in Elgert der Laubwald, wie er in einem acht Hektar großen Waldstück bewundert werden konnte, in dem seit zwanzig Jahren Hiebsruhe herrscht. Die dort stehenden Eichen sind „wirtschaftlich hundsmiserabel, aber ökologisch wunderbar“, wie Frorath ausführte. Ihr hoher Totholzanteil bietet reichlich Lebensraum für Insekten und Kerbtiere.

Der optisch schöne Mischwald ist wirtschaftlich nicht so wertvoll, dafür biologisch und ästhetisch von Wert. Alle Faktoren werden von den Förstern im Blick behalten mit dem Ziel, standortgerechte Wälder zu kreieren und möglichst breit aufgestellt zu sein. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass die Artenvielfalt im Wald nur wegen dessen Bewirtschaftung da ist. Durch die lange Lebenszeit der Bäume sind Entwicklung und Bedarf in der Zukunft unvorhersehbar. Die Forstverwaltung muss mit Mutmaßungen und Experimenten arbeiten.

So hatte Förster Willi Pries einst in die Blößen eines Eichenbestands Kirschen gepflanzt, die nun etwa 36 Jahre alt sind. In dieser Versuchsfläche halfen die Förster den konkurrenzschwachen Kirschen früh, indem sie bereits im zarten Alter von 15 bis 20 Jahren freigestellt wurden. Frorath demonstrierte mit einem vergleichenden Kirschholz-Stammstück den Durchmesser, den ein dicker Kirschbaum vor nur dreizehn Jahren besaß. Die Freistellung bewirkte ein imposantes Dickenwachstum mit schöner Baumkrone. Auch frühzeitig freigestellte Eichen entwickelten sich sehr gut. Nur die Rotbuche kann sehr lange auf forstliche Maßnahmen gut reagieren.

Nach der Besichtigung der schon legendären Elgerter Kirschbäume durften die Mitwanderer den ebenfalls legendären leckeren Kuchen genießen, der immer zum Abschluss der Themenwanderung von Andrea Frorath und Helferinnen angeboten wird. (htv)


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