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Nachricht vom 29.04.2020    

Abgerechnet wird zum Schluss

Das Evang. Krankenhaus Dierdorf/Selters (KHDS) ist ein Haus der Grund- und Regelversorgung mit zwei Standorten im Westerwald. Jährlich werden circa 9.000 Patienten stationär behandelt. Das Haus befindet sich in freigemeinnütziger Trägerschaft, das heißt die Klinik erwirtschaftet Investitionen und den Haushaltsausgleich allein über Ergebnisüberschüsse. Mittels dieser eigen erwirtschafteten Finanzmittel sowie Fördergeldern wurde das Haus nachhaltig modernisiert und zukunftsorientiert aufgestellt. Mit etwa 430 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Klinik einer der größten Arbeitgeber in der Region.

Guido Wernert, Geschäftsführer Evang. Krankenhaus Dierdorf/Selters. Foto: KHDS

Dierdorf/Selters. Auch dieses Krankenhaus hält seit Wochen die Corona-Krise fest im Griff. Beatmungs- und Intensivbetten wurden aufgestockt, ärztliche und pflegerische Mitarbeiter wurden im Umgang mit COVID-19-Patienten geschult und die Beschaffung überlebenswichtiger Schutzkleidung wurde erhöht. Aufgrund des bundesweiten Anstiegs der SARS-CoV-2-Infektionen wurden auch im KHDS Corona-Patienten behandelt und glücklicherweise auch als geheilt entlassen. Insgesamt ist der befürchtete Anstieg der Corona-Infizierten bisher ausgeblieben.

In erster Linie den Patienten verpflichtet
Von den 188 Betten an den Standorten Dierdorf und Selters sind derzeit nur rund 70 belegt. Dies ist insbesondere der Tatsache geschuldet, dass planbare Operationen und Behandlungen abgesagt wurden, um notwendige Betten, aber auch personelle Ressourcen für COVID-19-Patienten frei zu haben. Auch wenn aktuell in Aussicht gestellt wird, dass zum Ende der Woche wieder planbare Operationen durchgeführt werden dürfen, zeigt sich die bisherige Situation eindeutig in den Büchern der Kliniken bundesweit. Für den KHDS-Geschäftsführer Guido Wernert kein Grund zur Klage. Er spricht von einer wichtigen und richtigen Verpflichtung aller Krankenhäuser in Deutschland. „Wir haben gehandelt – ohne Sicherheit, ohne Netz und ohne doppelten Boden, denn wir sind im Kampf gegen einen unberechenbaren Gegner in erster Linie unseren Patienten verpflichtet“, sagt er. „Was wir in diesen Zeiten vom Gesetzgeber erwartet und gebraucht hätten, wäre ein finanziell leistungsfähiger Schutzschirm“, so der Klinikmanager weiter. Das kürzlich von der Regierung auf den Weg gebrachte Krankenhausentlastungsgesetz verfehlt nach Wernerts Ansicht eindeutig sein Ziel.

Diese Ansicht belegt unter anderem auch, dass Krankenhäuser in Deutschland während der Corona-Pandemie Kurzarbeit beantragen. Außer Frage steht für den Klinikmanager, dass Kliniken, die Ausgleichszahlungen erhalten nicht gleichzeitig Kurzarbeitergeld generieren dürften. „Nach der Krise werden wir erkennen, was jeder Einzelne als Individuum oder auch als Träger von Verantwortung und Entscheidungsbefugnis leisten kann. Es wird sich zeigen, wer auch in der Krise den Kopf und seine Werte behält. Unser Gesundheitssystem wird zeigen, was es zu leisten im Stande ist und wo die Stärken liegen. Gleichzeitig wird aber auch deutlich werden, wo die Schwachstellen liegen. Nachdenklich machen mich an der Stelle die nachhaltigen Gegenstatements der Gesundheitspolitiker in Bezug auf eine gestaffelte Erhöhung der Ausgleichszahlungen nach Bettengröße“, so Wernert. „Mehr denn je erwartet die Krankenhauslandschaft von allen Akteuren im Gesundheitswesen ein am Patientenwohl orientiertes Vorgehen. Wenn Politiker nachhaltig die Argumente und finanziellen Sorgen der Kliniken wegwischen und ihr eigenes Versprechen zum Schutzschirm - der allen Kliniken und für alle Pflegenden und Ärzte dienen soll - einfach ignorieren, leidet der Patient.“



Ein System für die Menschen
Es hätte eines besseren Rüstzeugs für die Krankenhäuser bundesweit während und nach der Krise bedurft. Eine Lösung lag auf der Hand, erklärt der Klinik-Geschäftsführer: „Ein Schutzschirm, der den Krankenhäusern Sicherheit gegeben hätte, konnte tatsächlich nur ein Betrag sein, der sich am Budget der jeweiligen Klinken orientiert zuzüglich des Zusatzaufwands, welcher mit 50 Euro pro Fall nicht gedeckt ist. Mit der jetzigen Situation müssen die Kliniken eine Vielzahl kleiner wirtschaftlicher Gegenlösungen suchen, ohne zu wissen, was tatsächlich dabei herauskommt.“

Deutlich wurde: Kein Gesundheitssystem existiert für sein allein. Es ist in staatliche Strukturen eingebunden, die es steuern und regulieren. Wir erleben hierbei Politiker, die die berechtigte Gelegenheit nutzen, ihre Arbeiten in den letzten Wochen gezielt von Heimarbeitsplätzen oder geschützten Arbeitsplätzen durchzuführen. Eine Vielzahl von Arbeitnehmern, unter anderem auch die Mitarbeiter der Kliniken bundesweit müssen zum Wohle der Patienten Tag und Nacht vor Ort sein und sie tun es gerne, denn sie wollen ihre Patienten nicht alleine lassen - aber sie wollen auch Wertschätzung erfahren. Daher muss diese Krise Anlass sein, getroffene Entscheidungen sowie sich daraus ergebene Strukturen und Prozesse im Nachgang zu analysieren und wo nötig nachzubessern – für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gleichermaßen für Patientinnen und Patienten der Krankenhäuser. Kurz gesagt: Für die Menschen! (PM)



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