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Nachricht vom 02.03.2021    

Debatte: Was wäre, wenn der Konsum von Cannabis in Deutschland legal wäre?

Die Diskussion um die Legalisierung von Cannabis (Hanf) zieht sich schon über Jahrzehnte hin. Kleine Anfragen im Bundestag werden immer wieder von der konservativen Mehrheit abgeschmettert. Viele Länder auch innerhalb der EU (Europäische Union) sind da schon weiter. Sie öffneten sich, indem sie weiche Drogen legalisierten oder entkriminalisierten und Cannabis somit auf eine Stufe mit Alkohol und Tabak stellen.

Fotoquelle: pixabay.com

Für viele Befürworter der Legalisierung ist das die zentrale Frage: Warum sollte Hanf, dass von der Menschheit schon seit Jahrtausenden angebaut wird, die Gesundheit mehr schädigen als Zigaretten und Schnaps? Doch mit der Bundestagswahl, die dieses Jahr im Herbst stattfinden wird, schöpfen die Befürworter der Legalisierung von Cannabis wieder neue Hoffnung. Tritt die Kanzlerin doch nicht mehr zur Wahl an und es besteht die Möglichkeit, dass andere Kräfteverhältnisse die Karten neu mischen. Doch wie wirkt sich eine Legalisierung in den zentralen Problemfeldern aus?

Gesundheitsfaktoren und Suchtgefahr
Die Skeptiker sprechen von einer erhöhten Suchtgefahr und erwarten mit einer Legalisierung einen Boom. Der Konsum würde stark ansteigen und vor allem die Jugend wäre gefährdend. Insbesondere die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Daniela Ludwig (CSU) vertritt diese Auffassung. Demgegenüber argumentiert Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, "dass sich kein Zusammenhang zwischen der Rechtsentwicklung und der Konsumentwicklung erkennen lässt. In den Niederlanden, Tschechien und Portugal sind die Konsumraten sogar gesunken. Und wer unbedingt Drogen konsumieren möchte, der macht das auch ungeachtet eventueller Verbote.

Hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Gesundheit wirken die Argumente der ablehnenden Fraktion etwas hilflos. Sterben doch in Deutschland an den legalen Drogen Tabak und Alkohol jährlich zig Tausende von Menschen. Zugegebenermaßen fehlen Langzeitstudien, aber von einer tödlichen Cannabis-Vergiftung ist bis dato weltweit noch keine Meldung zu vernehmen. Im Gegenteil, so betonen die Experten des Cannaconnection Magazins, dass Cannabisprodukte in Deutschland seit 2017 auf Rezept verschrieben werden dürfen, und zwar ausdrücklich wegen ihrer positiven Auswirkungen auf das menschliche Wohlbefinden. Letztlich ist anzunehmen, dass durch eine staatliche Kontrolle die Qualität der Ware besser werden würde. Dies kommt vor allem der Gesundheit der Konsumenten zugute.

Der Kriminalitätsaspekt
Illegale Drogen sind ein lukratives Geschäft. Experten schätzen weltweit einen jährlichen Umsatz von 600 Milliarden Euro. Der größte Teil davon fällt auf Cannabis und Kokain. Die Preise sind hoch, da der Markt durch die Illegalität begrenzt ist. Außerdem erheben Produzenten, Schmuggler und Verkäufer aufgrund des Risikos hohe Margen. Bei sinkenden Preisen in der Legalität wird die Beschaffungskriminalität stark eingeschränkt. Die Befürworter erwarten sich ein Austrocknen des Schwarzmarktes. Wenn zumindest die kleineren Delikte nicht sofort strafrechtlich verfolgt und als Ordnungswidrigkeit angesehen werden, bedeutet das eine signifikante Erleichterung bei der Polizeiarbeit.

Demgegenüber halten die Gegner der Liberalisierung fest, dass unter Cannabiseinfluss mehr Straftaten verübt werden. Dies zeugt von einer gewissen Ignoranz und Unkenntnis über den Sachverhalt. Sind die Einflüsse von Cannabis doch eher beruhigender Natur und Alkohol ein Hauptgrund für aggressives Verhalten.

Verschenkte Steuereinnahmen
Eine Legalisierung von Cannabis hat positive Auswirkungen auf die Staatsfinanzen. Zum einen erzeugt eine funktionierende Cannabisindustrie über die Schaffung von Arbeitsplätzen zahlreiche wirtschaftliche Vorteile. Zudem können Cannabisprodukte wie Alkohol und Tabak besteuert werden, und dass in einer ansehnlichen Größenordnung.

In den USA werden die zusätzlichen Steuereinnahmen von der libertären Denkfabrik Cato Institute auf satte 46 Milliarden US$ geschätzt. Für Deutschland erwarten vorsichtige Schätzungen Mehreinnahmen in der Größenordnung von 2,4 Milliarden Euro. Die Einsparungen bei Justiz und Polizei belaufen sich dabei in ähnlichen Größenordnungen.

Cannabisverbot mutet überholt an
In Anbetracht der Argumentationslinien der beiden Lager mutet ein Verbot aus den Zeiten des Kalten Krieges wie ein Relikt aus einer anderen Epoche an. Der Wissensstand ist in den letzten Jahren weit vorangeschritten und etwaige Gefahren für den Jugendschutz und die Verkehrssicherheit können durchaus so behandelt werden wie das Fahrverbot bei Alkohol und das Werbeverbot von Tabak. Und so bleibt zu hoffen, dass eine neue Regierung sich den Anforderungen dieser Zeit öffnet und eine Liberalisierung der Cannabisfrage vorantreibt. (prm)

Gastautor:
Martin Kruse



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