Landrat bittet um Sonder-Impfstoff für Innenstadt Neuwied und Asyl-Unterkünfte
Von Wolfgang Tischler
Achim Hallerbach im Gespräch mit dem NR-Kurier: „Wir müssen von den hohen Inzidenzwerten herunter“. Landrat Achim Hallerbach hat Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler in einem Brief um eine Sonderzuteilung von Impfstoff für die Neuwieder Innenstadt gebeten. Wir haben uns darüber mit ihm unterhalten.
Herr Hallerbach, warum wollen Sie eine Sonder-Impfaktion für die Neuwieder Innenstadt? Neuwied ist doch nicht Köln-Chorweiler.
Achim Hallerbach: Nein, das ist natürlich eine andere Dimension. Aber wir sehen trotzdem seit Wochen, dass in der Neuwieder Innenstadt die Ansteckungsraten deutlich höher sind als im Rest des Kreises. Die Stadt Neuwied hat rund ein Drittel der Einwohner des Kreises, aber gut 50 Prozent der Infizierten. Und in der Innenstadt ist der Anteil noch einmal deutlich höher. Auch unser Gesundheitsamt beobachtet, dass wir aus diesem Bereich einen deutlich überproportionalen Anteil bei den schwerer Erkrankten haben. Wir müssen diese Menschen daher präventiv schützen. Das gilt genauso für Asyl-Unterkünfte. Und wir müssen einfach von diesen hohen Inzidenzwerten herunter.
Warum gibt es mehr Ansteckungen in der Neuwieder Innenstadt? Liegt es an der Herkunft?
Achim Hallerbach: Es gibt sicherlich teilweise auch Sprachschwierigkeiten, die zu einem Informationsdefizit führen. Dem versuchen wir, durch Aufklärung entgegenzuwirken: Die Mitglieder der Migrationsbeiräte im Kreis und in der Stadt sind unterwegs, reden mit den Menschen und verteilen mehrsprachiges Informationsmaterial. Festzustellen ist außerdem, dass die Familienverbünde im Schnitt größer sind, was natürlich häufig dazu führt, dass sich eine Ansteckung schnell auf mehr Menschen überträgt. In erster Linie ist es aber eine soziale Frage. Dazu gab es erst kürzlich einen interessanten Artikel in der FAZ, in dem verschiedene Wissenschaftler zitiert wurden, die das nachgewiesen haben. Es ist ja aber im Grunde auch einfach nachzuvollziehen, dass es eben einen riesigen Unterschied macht, ob ich in einer kleinen Mietwohnung in einem Mehrparteienhaus wohne oder ein Haus mit Garten habe.
Trotzdem könnte es Stimmen geben, die sagen, dass sich die Menschen nicht an die Regeln halten und dann jetzt mit einer vorzeitigen Impfung belohnt werden.
Achim Hallerbach: Natürlich kann es die geben. Aber wie gesagt: In der Innenstadt ist die soziale Distanz einfach schwieriger einzuhalten. Da können sich die Kinder oft nicht auf dem Trampolin im eigenen Garten austoben, sondern müssen auf den öffentlichen Spielplatz gehen. Und der ist schnell voll. Unabhängig von dieser Debatte bin ich dafür, pragmatisch zu handeln. Noch einmal: Wir müssen von den hohen Inzidenzen herunter. Das hilft letztlich allen. Auch den Geschäftsinhabern von Einzelhandel und Gastronomie zum Beispiel. Die haben es schon schwer genug. Wenn sie im Kreis Neuwied wegen hoher Inzidenzen länger geschlossen bleiben müssen, als zum Beispiel der Wettbewerb in Mülheim-Kärlich, dann ist das doppelt schlimm. Denn da ist das Einkaufen ganz bestimmt nicht sicherer als in unserem Kreis. Es gibt im Kreis Mayen-Koblenz nur keine solchen Ballungsräume wie in der Neuwieder Innenstadt.
Sie haben die Ministerin um 2.000 zusätzliche Impfdosen gebeten. Schaffen Sie das logistisch?
Achim Hallerbach: Ja, organisatorisch ist das weniger ein Problem. Wir brauchen aber Impfstoff, der scheint noch immer Mangelware zu sein. Besser noch wären 5.000 Impfdosen für den Kreis Neuwied. Auch die könnten durch Mobile Impfteams zeitnah verimpft werden. Unsere Hilfsorganisationen leisten da tolle, sehr professionelle Arbeit. Am besten wäre es übrigens, wenn wir dafür Johnson & Johnson bekommen, weil dieser Impfstoff nur einmal verabreicht werden muss. Leider scheint das Land andere Pläne zu haben. Aber vielleicht überlegen sie es sich ja auch noch einmal?
Wir danken für das Gespräch.
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