Dachdecker-Innung: Materialpreise explodieren und Lieferengpässe
„Bereits mehrere Mitgliedsbetriebe der Dachdecker-Innung des Kreises Neuwied haben berichtet, dass es in vielen Bereichen keine Materiallieferungen mehr gibt. Insbesondere beim Holz und den Dämmstoffen – aber auch bei weiteren Materialien – ist die Lage dramatisch.
Neuwied. Und wenn noch Material verfügbar ist, wird es zu so horrenden Preisen angeboten, dass kein Bauherr mehr bereit ist, diese zu zahlen. Unsere Dachdeckerbetriebe sehen sich aktuell mit der Situation konfrontiert, dass die Mehrkosten von laufenden Aufträgen zum Teil nicht aufgefangen werden können und solche Aufträge somit wirtschaftlich defizitär werden“, so Ralf Winn, Obermeister der Dachdecker-Innung des Kreises Neuwied.
Schon im März dieses Jahrs hatte der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) auf massive Preissteigerungen und Materialengpässe bei Holzprodukten und Dämmstoffen hingewiesen. Eine aktuelle bundesweite Umfrage unter den rund 7.000 Innungsbetrieben zeigt, wie ernst die Lage nunmehr ist: Über 60 Prozent der Betriebe berichten über Preissteigerungen von mehr als 50 Prozent, einige müssen Steigerungen von über 100 Prozent hinnehmen. Dies betreffe vor allem Latt- und Schalholz, aber auch Holzfaserdämmstoffe und OSB-Platten seien mittlerweile deutlich teurer geworden. Bei Dachlatten beobachten Betriebe sogar eine Verdreifachung des Preises innerhalb weniger Monate. Zudem seien Lieferfristen von zwei bis drei Monaten üblich.
Es ist ein globales Problem. Weltweit ist die Nachfrage nach Holz extrem gestiegen. Handelshemmnisse zwischen den USA und Kanada spielen ebenso wie durch Trockenheit und Schädlingsbefall geschwächte Waldflächen eine Rolle. Produktionskapazitäten sind zum Teil – aufgrund der Corona-Pandemie – noch immer nicht vollständig abrufbar. Zudem wird der heimische Rohstoff derzeit verstärkt ins Ausland exportiert. Hier stellt sich auch unter dem Aspekt des Klimaschutzes die Frage, inwieweit es sinnvoll und verantwortbar ist, Holz quer durch die ganze Welt zu verschiffen, wenn es hier dringend benötigt wird.
„All dies führt in der Summe dazu, dass trotz voller Auftragsbücher Baustopps und Kurzarbeit drohen. Viele Lieferanten geben ihre Angebote nur noch als Tages- oder Wochenpreis ab. Dadurch wird die Angebotserstellung für Dachdeckerunternehmen deutlich erschwert bis unmöglich gemacht. Besonders dramatisch ist, dass bereits Aufträge storniert wurden. Jeder vierte Dachdecker nennt Baustellenstopps als eine der Auswirkungen und über die Hälfte der Befragten muss geplante Bauvorhaben verschieben“, so Ralf Winn, Obermeister der Dachdecker-Innung des Kreises Neuwied.
Und weil das nicht nur das Dachdeckerhandwerk betrifft, kommen wir zu einem ganz anderen Problem: Wir sehen ernsthaft die Energiewende in Gefahr. Dachdeckerbetriebe leisten im Bereich der energetischen Gebäudesanierung einen maßgeblichen Beitrag zur Erreichung der gesteckten Klimaziele. Wenn nun Dächer, Geschossdecken und Fassaden nicht im vorgesehenen Maß gedämmt werden, oder komplette Dachsanierungen wegfallen, hat das direkte Auswirkungen auf den Energieverbrauch und damit auf den CO2-Austoß.
Der Landesinnungsverband des Dachdeckerhandwerks Rheinland-Pfalz hat aus diesem Grund mehrere Vertreter der rheinland-pfälzischen Landespolitik kontaktiert. Auch auf Bundesebene wird über den ZVDH und die Bundesvereinigung der Bauwirtschaft auf das Thema aufmerksam gemacht. Es ist dringend notwendig, mit allen beteiligten Akteuren ins Gespräch zu kommen und schnelle Lösungen zu finden. Auch die Politik muss hier Teil der Lösung werden.
(PM)
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