Leserbrief zu: Problemwölfe müssen abgeschossen werden dürfen
LESERMEINUNG | Unsere Leserinnen haben einen Leserbrief zu dem Artikel vom 9. Oktober über „Neue Schafsrisse durch den Wolf „GW 1896m“ aus dem Leuscheider Rudel, in dem der Landrat des Kreises Neuwied Achim Hallerbach den Abschuss von Problemwölfen fordert.“ eingereicht.
Der Brief im Wortlaut: „Es ist immer wieder interessant, dass der Mensch einerseits die Natur ins Gleichgewicht setzen möchte, aber es darf sich nichts ändern.
Man beschwert sich über Wölfe die Herdentiere reißen und redet umgehend von Abschuss, aber warum wird keine Alternative gesucht? Und warum hat man im Vorfeld nicht besser das Zusammenleben mit dem Wolf geplant?
Warum ändern Bauern nicht ihre Strategie, warum müssen Schafe weiterhin ungeschützt auf einer Weide stehen und warum schaffen das andere Länder sehr wohl sich mit dem Wolf, als Nachbarn anzufreunden?!
Über Jahrhunderte waren die großen Raubtiere in vielen Ländern Europas fast ausgestorben. Dank der europäischen Naturschutzrichtlinien wie der Bergner Konvention und der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) kehren viele wieder in ihre alte Heimat zurück.
Aus Sicht der oben genannten Naturrichtlinien ist das ein großer Erfolg. Doch wie wir anhand des Artikels von Herrn Hallerbach sehen können, freuen sich darüber nicht so viele Menschen.
Die meisten Diskussionen und Konflikte nehmen insbesondere da zu, wo der Wolf auf ungeschützte Herdentiere trifft. Gefolgt von dominierend blutigen Bildern in den meisten Zeitungen. Als müsste man die Boshaftigkeit des Wolfes bildlich darstellen.
Doch die Realität kann auch anders aussehen. Länderübergreifendender Austausch von verlässlichen Daten, Stärkung der Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg.
Immer häufiger lohnt sich auch die Sicht in unsere Nachbarländer zu richten. Hier gibt es Regionen in denen Wölfe, Luchse, Bären und Co. nie ausgestorben sind. Dort muss der Mensch schon seit vielen Jahren im Einklang mit den Wildtieren leben.
WWF hat einen großen Bericht verfasst, wie das Zusammenleben funktionieren kann. Aus 14 Ländern wurden Erfahrungen von Landwirten, Jägern, Naturschützern, Forschern, Behörden und Politikern zusammengetragen.
Das LIFE Euro-Lage-Carnivores - Projekt wird von der EU finanziert und ist eine Plattform für den Austausch bewährter Verfahren in den Bereichen des Zusammenlebens von Fleischfressern mit großen Menschenmengen zwischen verschiedenen Interessengruppen in der Europäischen Union. Mehr als 16 Länder kooperieren und tauschen ihr Wissen über Grenzen hinweg aus.
Dieses Wissen reicht von verschiedenen Ansätzen zur Bewältigung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderung, die mit Wölfen, Bären, Luchsen und Vielfraßen einhergehen, bis hin zu praktischen Lösungen wie dem Schutz der Tiere.
Wir versuchen es hier einmal aufzulisten.
Ein Schäfer aus den Pyrenäen in Frankreich lebt den ganzen Sommer mit seinen Tieren im Einklang mit der Natur. Dazu gehören natürlich verschiedene Vorsichtsmaßnahmen und Rücksichtnahme auf beiden Seiten. Er lebt dort in der Gewissheit, dass Tiere wie Menschen die gleichen Rechte haben, in dieser Region zu leben. Sie sind Teil des Ökosystems, es wäre eine Schande, wenn sie verschwinden würden. Man muss auf seine Herde aufpassen mit Zäunen und Hunden.
Dieser Schäfer ist nicht nur von Wölfen umgeben, sondern auch von Bären und sagt zum Schluss. Wachsamkeit, Schutz durch Zaun und Hund reichen locker zur Abwehr.
(Ohne Angst mit Bären leben! Veröffentlicht vom WWF)
"Agrarheute" empfiehlt in einem großen Ratgeber Weidetiere zu schützen, durch Zaunbau und Herdenschutzhunde. Hier unterscheidet man zwischen festen Weidezäunen mit fest verspanntem Bodenabschluss elektrisch oder mobilen Weidezäunen mit mindestens 2.000 Volt Strom.
Mindestanforderungen eines Zaunes sehen wie folgt aus. Der Zaun muss lückenlos sein und bodenbündig. Ausreichend Abstand zu Böschungen und weiteren Einsprungshilfen sollten gewährleistet sein. Tägliche Schwachstellenkontrolle sind Voraussetzung. Bis zu 80 Prozent werden vom Land für vorbeugende Maßnahmen erstattet beziehungsweise übernommen.
Anschaffung von Herdenschutzhunden. Diese wachsen in der Herde auf und werden sogar von vielen Bundesländern gefördert. Dies ist die älteste Schutzmethode für Nutztiere in Freilandhaltung.
Auch muss man die jährliche Abschusseinheit von Dam- und Rotwild und Wildschweinen überdenken. Warum müssen Jäger immer noch dieselbe Anzahl an Tieren abschießen, wenn doch nun die natürliche Auslese durch den Wolf gedeckt werden kann?
Wir bitten Herrn Hallerbach und alle anderen Wolfsgeschädigten (Schäfer, Bauern, etc.) oder auch Wolfsgegner erst einmal alle Punkte abzuwägen und alle Maßnahmen auszuprobieren, bevor Wölfe abgeschossen werden müssen.“
Carolin Decken und Ulrike Decken
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