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Nachricht vom 27.04.2022    

Lernort Bauernhof: Sechstklässler säen Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren und Blumen aus

Von Helmi Tischler-Venter

Mit Bollerwagen und Stöcken mit Namensschildern versehen, wanderte am 27. April die Klasse 6b der IGS Selters zu einem Feld in der Nähe des Wiesenhofs in Maxsain. Das Feld war tags zuvor von Familie Aller für die Pflanzaktion vorbereitet worden. Das Wetter spielte mit, sodass sich die Kinder erwartungsfroh um das Bauernpaar Annette und Andreas Aller scharten.

Saatkartoffeln setzen macht Spaß. Links: Annette Aller. Fotos: Wolfgang Tischler

Maxsain. Im Rahmen des neuen Projekts „Wäller Schnecke“ in Kooperation mit Kindergärten, Schulen und Landfrauen, stellt die Regionalinitiative „Wir Westerwälder“ in jedem der drei Landkreise (Altenkirchen, Neuwied und Westerwaldkreis) einen Bauernhof vor, der sich als Lernort für Kindergarten- und Schulkinder engagiert. Vorständin Sandra Köster und Landrat Achim Schwickert beobachteten schmunzelnd die eifrigen Sechstklässler, die sich wunderten: „Warum liegt Rauch über dem Feld?“ Annette Aller erklärte, dass der gestrige Regen durch die Sonne verdunste und aufsteige. Dann wollten die Kinder sofort loslegen, sie wurden aber erst einmal von Andreas Aller belehrt, dass sie den Boden, den sie gleich bepflanzen wollen, nicht zusammentreten dürfen, denn in jeder Handvoll Erde leben Millionen kleine Lebewesen, die den Boden fruchtbar und uns Menschen satt machen.

Familie Aller ist es eine Herzensangelegenheit, die Produktion von Lebensmitteln den Verbrauchern näherzubringen und Wertschätzung für die Lebensmittel und die Natur zu generieren. Daher haben sie 2018 den Betrieb auf ökologischen Landbau umgestellt und sind seit zwei Jahren anerkannter Bio-Hof. Nun geben sie konsequent der Natur wieder mehr Raum und gehen das ganze Jahr mit gutem Gewissen durch ihre eigenen Felder. Und sie nehmen Arbeit und Kosten auf sich, um diese Philosophie weiterzugeben.

Als Tochter Antonia mit einem Traktor-Oldtimer samt Pflug vorfuhr, wurde das gepflegte Schätzchen sofort belagert. Ablenkung boten auch die beiden riesigen, freundlichen Irischen Wolfshunde, die ständige Streicheleinheiten genossen.

Erst einmal mussten die Schülerinnen und Schüler ihren "Acker" selbst abmessen, indem sie ihre Stöcke mit den Namensschildern an Markierungspunkten einsteckten. Jeder Nachwuchsbauer kann so „sein“ Stück immer wiederfinden. Saatkartoffeln wurden verteilt, fünf für jeden, die im Abstand von 35 Zentimetern zehn Zentimeter tief, mit den Keimen nach oben in die Erde gepflanzt werden sollten. „Ich hab’s geschafft. Macht Spaß!“, stellte ein Junge fest. Der Meinung waren auch die beiden begleitenden Klassenlehrer Kayhan Kaymak und Philipp Meud, die sich an der Aussaat beteiligten. Auch die beiden Mädchen aus der Ukraine, die seit dem Vortag zur Klasse gehören, hatten mit der Umsetzung der Aufgaben kein Problem.



Etwas kleiner als Kartoffeln waren die Steckzwiebeln, die mit den Wurzeln nach unten und oben noch sichtbarem Zipfel im Zehn-Zentimeter-Abstand eingebracht wurden. Noch viel winziger ist Möhrensamen, der daher mit Sand vermischt, in Schnapsgläschen ausgeteilt wurde. Er sollte gleichmäßig verteilt und nur mit den Fingern zugezupft werden. Annette Aller machte die Technik vor, denn zum Zuhören hatte nicht jeder die erforderliche Geduld.

Zuletzt wurden die Schnapsgläschen mit Blumensamen gefüllt, der als Insektenweide und Irreführung für Kartoffelkäfer am Feldrand ausgebracht wurde. In dieser Phase stellte ein Junge fest, dass das Bücken doch anstrengend ist.

Nach Abschluss der Aussaat bleibt nur die Hoffnung auf passendes Wetter für eine gute Ernte, denn große Trockenheit verhindert das Wachstum ebenso wie zu viel Nässe, die zur Kartoffelfäule führen kann. „Wir müssen alle dazu beitragen, dass das Klima geschützt und der Klimawandel gestoppt wird!“, appellierte Annette. Da Kartoffelkäfer die Pflanzen befallen können und Unkraut gejätet werden muss, bat sie die Schülergruppe, hin und wieder vorbeizukommen und sich um die Pflanzung zu kümmern.

Zum Ernten wird die Klasse 6b wieder auf den Wiesenhof wandern und ihre Kartoffelernte verkosten. Um zum Nachdenken anzuregen, verkündete Annette, sie hoffe auf eine gute Ernte und sie erwarte dann sechs Kartoffeln von jedem Pflanzer zurück, fünf Saatkartoffeln pro Person und eine für die Fläche.

Der Bollerwagen wurde wieder beladen, dann gingen Allers mit den Kindern zurück zum Wiesenhof, denn der erlebnisreiche Schultag war noch nicht zu Ende. Da der Familienbetrieb neben dem Futterbau im ökologischen Landbau auch die Betriebszweige Bullenmast und Milchvieh besitzt, hatten die Schüler gleich morgens, vor der Pflanzaktion, mit der Hand an der Zitze melken dürfen. Aus der Milch wurde Vanille- und Schokoladenpudding gekocht. Außerdem schnippelten die Kinder Gemüse und brieten Zwiebeln an für eine Gemüsesuppe, die bei der Rückkehr zum Hof auf dem Holzofen geköchelt wird. Als Lohn der vielen Arbeit wird alles aufgegessen. Die Zusammenhänge von Natur und Lebensmittelkultur werden dann hoffentlich nebenbei auch verinnerlicht werden. (htv)


Mehr dazu:   Naturschutz  

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