Buchtipp: „Der verlorene Mann“ von Heidi Fischer
Von Helmi Tischler-Venter
Mitten in der Nacht wird Elisabeth Wagner vom Telefonklingeln geweckt und der Information: „I’m really sorry, but your husband got lost.“ Verloren gegangen in Nepal. Eigentlich hatte ihn Elisabeth schon vor Jahren verloren, vor vier Jahren war er zu seiner Geliebten gezogen. Aber wie kann ein versierter Bergwanderer in einer Trekkinggruppe verloren gehen?
Dierdorf/Karlsruhe. Elisabeth macht sich auf Spurensuche, denn Lena, die Tochter des vermissten Norbert Wagner, alleinerziehende Mutter und enge Vertraute ihres Vaters, weiß ebenso wenig wie die Kollegin und Geliebte Sara Westermeier, die schwanger und verstört zurückgelassen worden war.
Das Buddhistische Kloster Karuna hoch über Kathmandu, das Norbert als seine „zweite Heimat“ bezeichnet hatte, wirkt auf Elisabeth wie ein abgeschottetes Paradies. Es hat strenge Verhaltensregeln: Keine Tötung, kein Diebstahl, keine Lügen, kein sexuelles Verhalten, keine Drogen, Alkohol, Tabak und keine freizügige Kleidung. Und es hat kein Einzelzimmer. So muss sie sich zwangsläufig drei Wochen lang ein winziges Zimmer mit riesigen Kakerlaken und der reiselustigen Psychologin Maria Gerbersberger teilen.
Die Reise unternimmt Elisabeth nur widerwillig wegen ihres schlechten Gewissens ihrer Tochter Lena gegenüber. Diese war felsenfest überzeugt, dass ihre Mutter einmal ohne ihre Freundinnen und Familie und ohne ihr Handy unterwegs sein sollte, um Nepal und Norberts Denkart zu verstehen. Nachdem Lena ihre Mutter zum Flug gebracht hat, lernt sie im Flughafen einen interessanten Mann kennen.
Zu der internationalen Gästeschar des Klosters gehört auch der Bergführer Martin Horrer, der das faszinierende Land und seine Menschen gut kennt. Er ist einfühlsam und gewinnt Elisabeths Herz.
Durch Begegnungen mit Menschen und Dokumente, die ihr Mann hinterlassen hat, lernt Elisabeth vieles über ihren Mann, das sie nicht gewusst hatte. Maria Gerbersberger realisiert in Gesprächen mit Elisabeth, dass sie ihren Freund, den sie auf Distanz gehalten hat, wirklich liebt und nicht verlieren will. Die beiden gegensätzlichen Frauen lernen sich während des Klosteraufenthalts kennen und schätzen.
Sara macht sich zeitgleich auf zum Basecamp an dem Rundweg um den Manaslu, wo Norbert zum letzten Mal gesehen worden war. Sie hat zwischenzeitlich ihr Kind verloren. Nun muss sie sich mit eigenen Augen vom Tod ihres Lebensgefährten überzeugen, um ihn betrauern zu können.
Alle Menschen im Kloster sind auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, nach ihrem Gott oder sich selbst. Durch Ruhe und Meditation lernen sie sich selbst besser kennen. Die Suche in Nepal verändert die Lebenswege der drei Frauen um Norbert entscheidend.
Heidi Fischer schildert Nepal, das arme, staubige, schmutzige und zugleich wunderschöne buddhistisch-hinduistische Land im Himalaya mit viel Wärme. Das schwere Erdbeben 2015 hat den Einwohnern viel Leid und Zerstörung zugefügt. Trotzdem lächeln sie und bauen ihre zusammengefallenen Denkmäler tapfer wieder auf.
Kaufen Sie Koriander, Reis und Linsen, denn die Autorin hat als Schmankerl nepalesische Kochrezepte angehängt.
Der Roman „Der verlorene Mann“ ist als Taschenbuch bei Lauinger erschienen, ISBN 978-3-7650-9117-9 und als E-Book, ISBN 978-3-7650-2115-2. (htv)
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