Alles klar, Herr Kommissar? - Woran erkennt der Präsident einen guten Schutzmann?
Von Jörg Schmitt-Kilian
KOLUMNE | Obwohl ich die Frage meist mit "Nein" beantworte, habe ich diesen Songtitel des Extremmusikers Falco als Überschrift für meine Kolumnen gewählt. Ich werde Geschichten aus dem Leben erzählen, Antworten auf Ereignisse im polizeilichen Alltag suchen und möchte Leser sensibilisieren, ihre eigene Haltung zu überprüfen und mit anderen zu diskutieren.
Region. In der letzten Kolumne habe ich Dir erklärt, warum in den 70-er Jahren selbst “ungläubige“ Wachhabende bei Fronleichnamsprozessionen am Straßenrand ehrfürchtig salutierten; ihr Gruß galt jedoch nicht dem “Allerheiligsten“, sondern die “staatze Kerle“ wollten dem direkt dahinter marschierenden Polizeipräsidenten Malmen gefallen. Und Du hast Dich sicher gefragt, wie denn junge Polizisten – die meist nach der Versetzung in den Einzeldienst oder dem Abschluss der Fachprüfung I (Meisterprüfung) ein erstes Gespräch mit dem Präsidenten führen (mussten) – ihren obersten Dienstherrn beeindrucken konnten. Ich will es Dir verraten.
Sie wurden von Wachhabenden oder sogenannten “Bärenführern“ – die sie auf einer neuen Dienststelle “an die Hand nehmen“ – beraten. Heute würde man Coaching sagen. Damals kannte die ältere Generation zwar nur das (fast) gleichlautende Wort Couch, aber wichtiger war deren Kenntnis über den Gesprächsverlauf, denn der Präsident stellte immer die gleichen Fragen. So spielten Lehrgangsnoten nur eine untergeordnete Rolle. Malmen stellte – zum “Leidwesen“ der Fachlehrer an der Landespolizeischule – andere Ansprüche an einen guten Schutzmann. Der Präsident hatte einen Fragenkatalog mit den für ihn wichtigsten Kriterien erstellt. Stammt der Polizist aus einer Bauernfamilie? Vom Hunsrück? Geschwister? Katholisch? Messdiener? Familienmitglieder in der Kirche aktiv? Hier eine Auswahl aus dem präsidialen Fragenkatalog und die jeweiligen Ratschläge der älteren Kollegen zur Einstimmung auf mögliche Antworten.
“Woher kommst du?“
Auf die erste Frage sollte man ehrlich antworten, denn Malmen kann das rollende R eines Westerwälders aus Rennerod durchaus von der Sprache auf den Hunsrückhöhen unterscheiden. Aber man könnte Großeltern in Eifel und Westerwald erfinden. Den Hunsrück sollte man vermeiden, denn Malmen würde weiter nachfragen und das könnte peinlich werden.
“Habt ihr Landwirtschaft zu Hause?“
Malmen bevorzugt Bauernsöhne, aber auch als Sohn eines Schreibtischtäters, Handwerkers oder Akademikers sollte man mindestens einen Kaninchenstall, mehrere Hühner, Hund, Katze oder den Garten zur Selbstverpflegung erwähnen, wobei Kanarienvögel und Wellensittiche nicht zu den Lieblingstieren des Präsidenten zählen. Dann schon eher ein Hamster im Laufrad.
“Bist du katholisch?“
Obwohl Malmen “multikulturell“ denkt, stellt der gläubige Katholik auch immer die Frage nach der Konfession. Ein Opa im Kirchenvorstand, ein Onkel, der die Orgel spielt, mindestens ein Familienmitglied im Kirchenchor und der Polizist ein Messdiener, gibt jeweils einen Pluspunkt.
“Hast du Geschwister?«
Malmen mag Polizisten, deren Eltern außer dem strammen Polizisten weitere Kinder gezeugt haben. Einzelkinder sollten daher viele Cousins und Cousinen und einen guten Zusammenhalt in der Großfamilie erwähnen, so darf man ab und zu mal lügen, um ein freundschaftliches Schulterklopfen des Präsidenten zu erhalten. Das ist für manche wie ein Ritterschlag.
Leider zählen diese “Werte“ schon lange nicht mehr zur Begründung einer Beförderung, denn “nur Malmen Pitters schlug zum Ritter!“
Aber, Hand aufs Herz! Abgesehen von den speziellen Fragen, wäre es nicht wünschenswert, dass neben den heute wichtigsten Beurteilungskriterien einer “guten Leistung“ (Schulbildung, Lehrgangsnoten, Studienergebnis, Fachkenntnis und so weiter) wieder mehr auch das “Menschliche“ bewertet wird, wenn Stellen für Vorgesetzte vergeben werden? Was meinst Du?
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Alles klar, Herr Kommissar?
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