Neuwieder Tag der Religionen an Pfingstsamstag war ein voller Erfolg
Dort wo 2014 anlässlich des Rheinland-Pfalz-Tages im Beisein von Ministerpräsidentin Malu Dreyer eine Intarsie des Friedensengels verlegt wurde (an der Kreuzung von Mittel- und Engerser Straße), begann der diesjährige Tag der Religionen am 4. Juni. Religionsfreiheit ist zweifellos Ausdruck einer toleranten Gesellschaft. In diesem Sinn hat die Stadt Neuwied eine lange Tradition.
Neuwied. Vor 360 Jahren verkündete Graf Friedrich 1662 ein neun Punkte umfassendes gräfliches Stadtrechtsprivileg. Es enthielt als zusätzlichen Anreiz für neue Bürger großzügige Freiheitsprivilegien, unter anderem das Recht auf Religionsfreiheit. In der entsprechende Urkunde heißt es: "Denen, die sich hier häuslich niederlassen wollen, welchen Standes und Religion sie auch immer sind, wollen wir besondere Freiheiten und Immunitäten versprechen". Diese und weitere Informationen gab Fürstin Isabelle zu Wied bei einer Zusammenkunft von Angehörigen diverser christlicher, muslimischer und anderer Religionsgemeinschaften am "Engel der Kulturen (Religionen)".
Der vergangene Samstagmorgen begann mit einer Zusammenkunft diverser religiöser Gemeinden in der Fußgängerzone, die von der evangelischen Pfarrerin Renate Schäning und von Dr. Josef Freise von der "Freien Gemeinde" Heilig Kreuz moderierte wurde. Umrahmt von Klezmer-Musik begrüßten Oberbürgermeister Jan Einig und die Veranstaltungsinitiatoren die zahlreichen Gäste dort.
Stadt Neuwied fördert das Zusammenleben aller Weltanschauungen
Isabelle Fürstin zu Wied trug die gräfliche Originalurkunde zur Religionsfreiheit vor. Dabei verwies auch der Neuwieder Oberbürgermeister Jan Einig explizit auf den 4. Juni 1662 als Graf Friedrich ein umfassendes gräfliches Stadtrechtsprivileg aussprach, das unter anderem das Recht auf freie Ausübung unterschiedlicher Religionen enthielt. "Zu den neuen Siedlern, die in die Stadt kamen, gehörten unter anderem Lutheraner, Mennoniten, Hugenotten, Katholiken und Herrnhuter Brüder", erläuterte OB Jan Einig, der weiter ausführte, dass der Tag der Religionen in der Tradition einer liberal-aufgeklärten Stadt steht, die sich als Gemeinwesen versteht, das den gegenseitigen Respekt der Menschen verschiedener Weltanschauungen und Religionen fördert und sich dabei auf ein besonderes kulturelles Erbe berufen kann.
Gemeinsame Werte verbinden Religionen
Dr. Josef Freise koordiniert mit Pfarrerin Renate Schäning, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Neuwied, die interreligiöse Dialoggruppe. Beide sind überzeugt davon, dass grundlegende gemeinsame Werte die unterschiedlichen Religionen verbinden. Sie dankten dem jungen Moslem Ahmed Cömez, der die Idee für einen Tag der Religionen entwickelt hat, wobei alle gemeinsam mit weiteren Persönlichkeiten diese morgendliche Feierstunde am vergangenen Samstag sowie das anschließende gemeinschaftliche Frühstück vorbereitet hatten.
"Das zeigt, wie sehr die unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften unserer Stadt daran interessiert sind eine gemeinsame Basis zu suchen, auf der ein fruchtbares und einvernehmliches gesellschaftliches Zusammenleben aller möglich ist", betonten Schäning und Freise mit Zustimmung zahlreicher weiterer Gruppen.
"Wir Neuwieder sollten uns noch intensiver und regelmäßiger mit den großen geschichtlichen Errungenschaften unserer Heimatstadt auseinandersetzen", meinten die Protagonisten dieser gemeinschaftlichen Aktion. "Religionsfreiheit ist ohne Frage ein sehr hohes Gut, vor allem wenn man bedenkt, an wie vielen Orten sie weltweit bedroht oder gar nicht existent ist", betonten die Initiatoren dieses gemeinschaftsfördernden Tages, der bei allen Beteiligten große Zustimmung fand.
Über 100 Teilnehmer - Religionsfreiheit oberstes Privileg
Über 100 Interessierte waren an Pfingstsamstag zur Feierstunde des ersten Tages der Religionen am Pfingstsamstag zum Engel der Kulturen gekommen, unter ihnen Menschen aus verschiedenen christlichen Konfessionen, muslimischen Gemeinden und aus der ezidischen Gemeinde Neuwied/Andernach. Oberbürgermeister Jan Einig erinnerte an die Geschichte der Religionsfreiheit und das toleranten Zusammenlebens über Jahrhunderte in Neuwied, aber auch an den Tiefpunkt Neuwieder Geschichte mit der Auslöschung jüdischen Lebens im Nationalsozialismus. Christliche, ezidische und muslimische Gebete sowie authentische Klezmer-Musik des Duo Tangoyim umrahmten die beiden Veranstaltungen.
Schließlich trugen der Kinderchor der Ahmadiyya-Gemeinde sowie Gebet- und andere Wortbeiträge der sunnitischen Moscheegemeinden, des Kulturvereins Baschkimim, der Eziden-Gemeinde sowie der Christlichen Gemeinden mit Nadine Heidelbach und Martin Schmitz-Bethge in besonderer Weise zur Gestaltung der beiden Veranstaltungen in Neuwieds Innenstadt bei. Ein gemeinsam gesprochenes Gebet der Vereinten Nationen beendete die Veranstaltung am "Engel der "Kulturen/Religionen":
"Unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnloser Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung werden. Gib uns Mut und Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, damit unsere Kinder und Kindeskinder einst stolz den Namen Mensch tragen". (jüg)
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