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Nachricht vom 10.07.2022    

Exotischer Farbenglanz leuchtet im Roentgen-Museum Neuwied

Von Helmi Tischler-Venter

Eine ganz einzigartige Ausstellung präsentiert das Roentgen-Museum Neuwied in seiner Sonderausstellung zur historischen Wohnkultur, die die Sammlung von Möbeln Abraham und David Roentgens kongenial ergänzt: „Exotischer Perlenglanz – Braunschweiger Perlentische und andere Corallenwaren“ aus verschiedenen Zeitepochen.

Fotos: Wolfgang Tischler

Neuwied. Die Erste Beigeordnete Birgit Haas begrüßte in Vertretung des Landrats Achim Hallerbachs am Sonntagmittag, 10. Juli die Gäste im Festsaal des Museums zur fünften Sonderausstellung in diesem Jahr. Sie bekannte, dem Drang widerstehen zu müssen, über die leuchtenden und gleichmäßig strukturierten Objekte drüber zu streichen. Ihre besondere Bewunderung galt einem naturalistisch modellierten Papagei.

Perlentische sind weniger bekannt, aber umso spannender. Schwerpunkt der Ausstellung sind die Braunschweiger Möbel aus der Manufaktur des Johann Michael van Selow, entstanden zwischen 1755 und 1772.

Ideengeber zu der aktuellen Ausstellung waren zwei Kunstsammler, die Familien Leonhards und Hermann, die am Eröffnungstag leider gemeinsam im Verkehrsstau standen und nicht rechtzeitig im Museum sein konnten. Daher verlas Museumsleiter Bernd Willscheid die Rede von Gerd Herrmann. Er kannte Schwarz-Weiß-Abbildungen von Perlentischen, in Natura sah er sie zum ersten Mal bei der Internationalen Kunstmesse in Maastricht und war sofort begeistert.

Restauratoren wie Herrmann sind stets mit von der Sonne ausgeblichenen Möbeln beschäftigt, doch im Inneren eines Roentgen-Möbels war die Glasperlen-Originalfarbe in strahlendem Glanz bewahrt geblieben.

Perlentische sind nicht datiert und signiert, werden aber alle derselben Manufaktur zugeschrieben, der Braunschweiger Manufaktur des Johann Michael van Selow, der 1756 die Technik als ganz neue und eigene Erfindung anpries. Mit seiner „Corallenfabrik“ bediente der holländische „Muschelarbeiter“ die Sehnsucht der Menschen nach Exotik und fremden Ländern. Herzog Carl I. gewährte dem Kunsthandwerker immer wieder Vergünstigungen, um die Manufaktur am Leben zu halten, aber 1764 geriet Braunschweig wegen des Siebenjährigen Krieges in finanzielle Schwierigkeiten. Van Selow wollte in seine Heimat zurückkehren und verkaufte noch einmal in einer Lotterie Tischplatten, zu denen örtliche Schreiner die Untergestelle fertigten.



Studentinnen der Hochschule Hildesheim befassten sich mit der Technologie der Herstellung von Perlenmosaiken. Gefärbtes Glas wurde mit dem Blasrohr in die Länge gezogen und dann in kleinere Segmente geschnitten. Das Glas kam aus Amsterdam, Murano oder Böhmen. Für eine kleinere Tischplatte wurden 35.000 Einzelperlen gebraucht, für einen größeren Spieltisch zirka 65.000. Die auf Schnüren aufgezogenen farbigen Glasperlen wurden in eine auf einem Holzträger aufgebrachte, noch weiche Kittmasse eingedrückt. Als Motive dieser Glasperlenmosaike finden sich Rocaillen und Blattranken, Papageien, Kakadus und einheimische Vögel, chinesische Szenen, Landschaften, Architektur- und Gartenansichten.

Vorlagen der Motive waren meist Illustrationen in zeitgenössischen deutschen oder englischen Fachbüchern zur Ornamentik, Ornithologie oder Gartenkunst. Im Roentgen-Museum befinden sich neben den Braunschweiger Glasperlentischen auch Tee- und Tabaksdosen, Geldbeutel, Briefmappen, Handtaschen, Handschuhe, Brillenetuis und Bilder – aus dem 17. Jahrhundert, über die Biedermeierzeit bis ins frühe 20. Jahrhundert, die ebenso mit farbigen Glasperlen und teils exotischen Motiven geschmückt sind.

Willscheid und Haas dankten den Kuratoren und Leihgebern für die zahlreichen Exponate, die eine einzigartige Ausstellung bilden, zu der auch ein schöner Katalog erschienen ist.

Bis zum 6. November ist die Ausstellung zu den Öffnungszeiten des Roentgen-Museums zu sehen. Es gibt Sonderführungen und ein Begleitprogramm mit Lesung, Kunstberatung und Vorträgen sowie einem Liederabend als Finissage. Aktuelle Informationen entnehmen Sie der Homepage des Museums. (htv)



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