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Pressemitteilung vom 05.09.2022    

Bäcker am Limit im Westerwald: "Wenn Preise nicht runter gehen, mache ich dicht"

Steigende Energie- und Rohstoffkosten bringen viele Bäcker-Betriebe ans Limit. Bei einem gemeinsamen Termin von Bäcker-Innung, Kreishandwerkerschaft und Landtagspräsident Hendrik Hering im Traditionsbetrieb von Fred Weinbrenner kamen die Zahlen laut einer Pressemitteilung des SPD-Politikers offen auf den Tisch.

Von links: Hendrik Hering (Landtagspräsident), Hubert Quirmbach (Obermeister Bäcker-Innung), Fred Weinbrenner (Bäcker), Michael Braun (Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft), Dirk Müller (stellv. Obermeister), Matthias Dahmen (Innungsbeauftragter), Rolf Wanja (Vorstand Kreishandwerkerschaft). (Foto: Wahlkreisbüro Hering)

Region. "Die Lage ist ernst", eröffnete Bäckermeister Fred Weinbrenner das Gespräch, zu dem SPD-Abgeordneter und Landtagspräsident Hendrik Hering auch Vertreter der Bäcker-Innung und Kreishandwerkerschaft geladen hatte. Wie ernst die Lage tatsächlich ist, konnte sich der Westerwälder Politiker zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen, wie es einer Pressemitteilung seines Wahlkreisbüros zu entnehmen ist, das auf die Zusammenkunft zusammenfassend zurückblickt. Darin heißt es weiter, dass Fred Weinbrenner gleich zu Beginn deutlich machte: "Einmal werde ich noch Heizöl tanken, wenn dann die Preise nicht runter gehen, mache ich dicht." Einmal Volltanken bedeutet für den Bäckermeister ein Tankvolumen von 3.000 bis 3.500 Litern. Da er einen Teil seiner Öfen mit Heizöl betreibt, wird diese Menge circa alle zwei Monate fällig. Bei aktuell über 1,70 Euro pro Liter sind das erhebliche Kosten. Vergleicht man den Betrag mit dem Preis vor einem Jahr, hat sich dieser mehr als verdoppelt, verglichen mit dem Preis 2020 sogar mehr als vervierfacht. Die Öfen, die nicht mit Heizöl betrieben werden, hängen am Strom. Und auch hier sind die Preissteigerungen durch die europäische Regelung der Verknüpfung mit dem Gaspreis extrem.

Doch nicht nur die Energiepreise machen den Bäckern zu schaffen. Auch Rohstoffe sind um durchschnittlich 250 Prozent teurer geworden. Wo Hefe vor nicht allzu langer Zeit noch 80 Cent kostete, werden nun 2,08 Euro fällig. Mehl, Zucker, Salz, kein Rohstoff ist preisstabil geblieben. Vor allem, wenn der heimische Weizen wie in diesem Jahr größtenteils nicht backfähig ist, weil der Proteingehalt zu gering ausfällt. "Ich bin seit 43 Jahren Bäcker, solche Preise hat es noch nie gegeben", klagt Weinbrenner. Hubert Quirmbach, Obermeister der Bäcker-Innung, sieht täglich die Konsequenzen, die diese Entwicklung mit sich bringt. "Allein in den letzten vier Wochen haben drei Traditionsbetriebe Insolvenz anmelden müssen", berichtet er. Denn nicht nur die Rohstoff- und Energiekosten steigen in nie dagewesene Höhen, gleichzeitig bricht der Umsatz ein, weil auch die Kunden zunehmend sparen. Die typischen Kunden, die fürs Sonntagsfrühstück einkaufen, sind um rund zehn Prozent zurückgegangen. Diejenigen, die noch kommen, kaufen meist nur noch normale Brötchen statt Körnerbrötchen oder Croissants. Doch mit denen lässt sich nichts verdienen, der Preis deckt nicht mal die Kosten. "Um kostendeckend zu sein, müsste ein normales Brötchen rund 60 Cent kosten", erklärt Quirmbach. "Aber das zahlt ja keiner, also können wir den Preis auch nicht verlangen."



Hendrik Hering, dessen Großvater auch Bäcker war, hat vollstes Verständnis für die katastrophale Lage der Bäcker. Fehlender Umsatz bei steigenden Kosten bringt nahezu jeden Bäcker ans Limit. Mit dem kommenden Mindestlohn und durch die von Seiten der Gewerkschaft geplanten Lohnerhöhungen um mindestens zehn Prozent wird die Lage noch schwieriger. Trotz der steigenden Lohnkosten fehlt zudem das Personal, sowohl in den Betrieben als auch beim Nachwuchs. In den Kreisen Neuwied, Altenkirchen und dem Westerwaldkreis haben insgesamt gerade einmal sieben Bäcker in diesem Jahr ihre Gesellenprüfung abgelegt. "Es muss was passieren, sonst stirbt der traditionelle Bäcker aus", sind sich alle laut Pressemitteilung einig. Gerade nach den Einschränkungen durch Corona und den aktuellen Preisexplosionen ist der Schritt zur Insolvenz nämlich nur noch ein ganz kleiner. Selbst Betriebe mit über hundertjähriger Tradition haben diesen bereits gehen müssen. "Wichtig wäre es, dass bei den ganzen Hilfspaketen auch mal was beim kleinen Mann ankommt", fordert Quirmbach. "Konzerne werden ohne große bürokratische Hürden unterstützt, als ich neulich wegen einer Corona-Infektion eine Woche schließen musste, habe ich nichts bekommen. Eine Woche sind ein Umsatzverlust von 25 Prozent auf den Monat gesehen, um Unterstützung zu bekommen, müssten es aber 40 sein", schließt Quirmbach.

"Auch wenn ich keinen Einfluss auf die Rohstoffe habe, so werde ich zumindest in Bezug auf die Energiekosten schauen, wie man durch das Land Rheinland-Pfalz Hilfe und Unterstützung möglich machen kann", verspricht Hering. Auch die Schwierigkeiten für kleine Betriebe, bei Ausfällen vom Rettungsschirm mit aufgefangen zu werden, will er in Mainz thematisieren. Denn ein Aussterben der Bäckerbetriebe, das könne niemand wollen. Bäckereien gehören zu den Grundversorgern und sind auch systemrelevant, denn was wäre der Deutsche, ohne sein gutes Brot. (PM)



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