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Nachricht vom 02.11.2022    

Verminderte Schuldfähigkeit bei 74-jährigem vermeintlichem Sexualstraftäter aus dem Asbacher Land?

Von Wolfgang Rabsch

Zu einer weiteren Hauptverhandlung kam es am 2. November vor der 3. Strafkammer des Landgerichts Koblenz, unter dem Vorsitz von Richterin Anke van den Bosch. In dem heutigen Termin wurde nochmals eine Zeugin angehört, zudem erstattete Dr. med. Wolfram Schumacher-Wandersleb, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie im Nette-Gut in Weißenthurm sein psychiatrisches Gutachten.

Symbolfoto

Asbach. Kurzer Rückblick: Worum ging es in dem Prozess? Dem 74-jährigen demenzkranken Rentner aus der VG Asbach wird seitens der Staatsanwaltschaft Koblenz vorgeworfen, zwischen Juni 2016 und Juni 2018 in insgesamt sieben Fällen vor einem Kind sexuelle Handlungen an sich selbst vorgenommen zu haben.

Der Angeklagte hatte die Vorwürfe teilweise eingeräumt, bestritt jedoch sexuelle Absichten, da er wegen einer Prostataerkrankung häufig urplötzlich urinieren müsse, und er deshalb häufig bei Gartenarbeiten seine Latzhose herunterließ, um sich zu erleichtern. Die im Jahr 2016 dreizehnjährige Schülerin, die mehrmals von dem Angeklagten „erwartet“ wurde, wenn sie zur gleichen Zeit von der Schule kam und am Haus des Angeklagten vorbeigehen musste, schilderte in der letzten Verhandlung das Geschehen. Die Vorfälle ereigneten sich immer dann, nachdem das Mädchen den Schulbus verlassen hatte, um nach Hause zu gehen. An den Handbewegungen des Mannes habe sie erkannt, dass dieser onanierte und sie dabei ansah.

Gestörtes Nachbarschaftsverhältnis
Bei der heute vernommenen Zeugin handelte es sich um eine Nachbarin des Angeklagten, die ebenfalls mehrere unangenehme Erlebnisse mit dem Angeklagten hatte. Wenn sie mit ihrem Hund Gassi gehen wollte, kam sie häufig am Haus des Angeklagten vorbei. Er bot ihr Obst an, doch die Zeugin lehnte ab, weil ihr das unangenehm und seltsam erschien. An einem Tag im Januar kam sie wieder mit dem Hund am Anwesen des Angeklagten vorbei, sie sah einen geöffneten Viehanhänger, darin befand sich der Angeklagte. Sie erinnert sich: „Er hatte seine Latzhose heruntergezogen, schaute mich an und spielte an seinem Glied. Ich war geschockt, doch er hörte nicht auf zu onanieren, dabei ging er sogar in die Hocke“. Auf den fragenden Blick der Vorsitzenden, stand die Zeugin auf und demonstrierte mit heftigen Handbewegungen, wie sie das Onanieren des Angeklagten erlebt hatte.

Ein anderes Mal hüpfte der Angeklagte wie ein „Rumpelstilzchen“, so sagte es wörtlich die Zeugin, splitterfasernackt in seinem Garten herum und manipulierte wieder an seinem Glied. Ob das Glied erigiert war oder er ejakulierte, konnte die Zeugin nicht erkennen, da sie geschockt war und weiterging. Es gab noch einen dritten Vorfall, als die Zeugin auf dem Balkon ihres Hauses stand und Blick auf die Hauswand des Angeklagten hatte. Dieser hatte seine Latzhose bis zu den Gummistiefeln heruntergelassen und fing wieder an zu onanieren, als er die Zeugin sah. „Ich war total geschockt und brüllte etwas in seine Richtung, ‚hör auf du altes Schwein‘, oder so ähnlich. Mein Mann und ich recherchierten in seinem früheren Wohnort, dort soll er vor einem dreijährigen Kind onaniert haben“. Auf Vorhalt der Vorsitzenden erklärte die Zeugin, dass sie eindeutig erkannt hatte, dass der Angeklagte nicht urinierte, sondern onanierte.



Dr. med. Wolfram Schumacher-Wandersleb, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie im Nette-Gut in Weißenthurm und Facharzt für psychiatrische Forensik, erstattete sein Gutachten. Seit 2011 ist der Angeklagte dauernd krank, unter anderem erlitt er einige hirnschädigende Erkrankungen, links - und rechtsseitige Schlaganfälle, insgesamt drei Schlaganfälle, einen akuten Hirninfarkt, Diabetes, Bluthochdruck und Adipositas. Zudem wurde er depressiv und antriebslos, als seine Leistungsfähigkeit nachließ. Der Gutachter bescheinigte dem Angeklagten eine vaskuläre Demenz, die durch kleine Schlaganfälle und eine Hirnblutung verursacht werden kann. Nach einem Schlaganfall oder einer Hirnblutung werden Teile des Gehirns nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt.

Im Gespräch mit dem Gutachter beteuerte der Angeklagte, dass er wisse, dass man das nicht machen dürfe, was ihm vorgeworfen wird, er darin aber nichts Sexuelles gesehen habe. Seine Einsichtsfähigkeit wäre nicht eingeschränkt, eine Steuerungsfähigkeit vorhanden, die jedoch erheblich vermindert sei.

Der Gutachter diagnostizierte verminderte Schuldfähigkeit

Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder die Feststellung der Schuldunfähigkeit des Angeklagten verneinte der Gutachter. Für den Fall der Verurteilung des Angeklagten, regte er die Anwendung des Paragrafen 21 Strafgesetzbuch (StGB) an, weil die Taten im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit begangen wurden. Eine Wiederholungsgefahr würde bei dem Angeklagten nach fünf Jahren bei neun Prozent liegen, die der Gutachter zurzeit nicht postulieren kann, damit praktisch ausgeschlossen sei.

Da alle Beweiserhebungen ausgeschöpft waren und auch im Hinblick auf den gesundheitlichen Zustand des Angeklagten, wurde die Hauptverhandlung unterbrochen und soll am 8. November 2022 fortgesetzt werden. Wenn nichts Außergewöhnliches passiert, wird dann das Verfahren mit den Plädoyers und dem Urteil beendet werden. Der NR-Kurier wird vom Ausgang des Verfahrens berichten. Wolfgang Rabsch



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