75-Jähriger vom Verdacht des sexuellen Missbrauchs freigesprochen
Von Wolfgang Rabsch
Nach mehreren Verhandlungstagen, verbunden mit einer ausgiebigen Beweisaufnahme, verkündete die 3. Strafkammer beim Landgericht Koblenz, unter dem Vorsitz von Richterin Anke van den Bosch, am Dienstag, dem 8. November das Urteil. Angeklagt war ein Mann aus der VG Asbach.
Koblenz/Asbach. Kurze Replik: Der Mann aus der Verbandsgemeinde Asbach soll zwischen 2016 und 2018 in sieben Fällen vor einem Kind onaniert haben. Der Angeklagte bestritt nicht, dass er mit heruntergelassener Latzhose sich im Garten aufgehalten habe. Das geschah nach seiner Aussage nicht in sexueller Absicht, sondern weil er wegen einer Prostataerkrankung Probleme beim Wasserlassen hatte, rieb er an seinem Glied, was bewirkte, dass er leichter urinieren konnte. Die damals dreizehnjährige Zeugin belastete den Angeklagten, weil er immer an seinem Glied spielte, wenn sie in sein Blickfeld geriet.
Richterin van den Bosch erklärte, dass keine Erörterungen zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung stattgefunden haben. Die Beweisaufnahme wurde einvernehmlich geschlossen, und die Hauptverhandlung mit den Plädoyers fortgesetzt.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte, den Angeklagten freizusprechen, obwohl der Sachverhalt der Anklage sich bestätigt habe und die Aussagen der Zeuginnen glaubhaft gewesen seien. Zur Begründung seines Antrags bezog sich der Staatsanwalt auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen, der dem Angeklagten verminderte Schuldfähigkeit zubilligte, trotzdem eine Schuldunfähigkeit nicht ganz auszuschließen vermochte. Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hielt der Sachverständige nicht für angebracht. Die Staatsanwaltschaft bezog sich auf den Rechtsgrundsatz „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) und erläuterte weiter, dass bei dem Angeklagten keine Rückfallwahrscheinlichkeit vorliege, auch die Gefährdungsprognose sei als gering anzusehen. Aus allen für den Angeklagten sprechenden Gründen beantragte der Staatsanwalt Freispruch auf Kosten der Staatskasse.
Rechtsanwältin Braun schloss sich weitestgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft an und beantragte ebenfalls Freispruch. Sie begründete ihre Forderung nach Freispruch auch damit, dass in allen angeklagten Fällen es nicht sicher bewiesen worden sei, dass der Angeklagte sexuelle Handlungen an sich vorgenommen habe.
Der Angeklagte hatte Gelegenheit, in seinem letzten Wort noch einmal etwas zur Sache zu sagen. Er schüttelte nur den Kopf.
Urteil im Namen des Volkes
Nach eingehender Beratung verkündete Richterin van den Bosch das Urteil: Der Angeklagte wird auf Kosten der Staatskasse freigesprochen. Zur Urteilsbegründung führte die Vorsitzende aus, dass die Strafkammer den Sachverhalt der Anklage als bestätigt ansah, und die Zeuginnen glaubhaft gewesen seien. Die Behauptungen des Angeklagten, wegen der Prostataprobleme hätte er beim Urinieren die Hose heruntergelassen, wertete die Strafkammer als Schutzbehauptung und als sexuelle Handlung.
Aber die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß Paragraf 63 Strafgesetzbuch (StGB) würden nicht vorliegen, da bei dem Angeklagten aufgrund seiner Erkrankungen (vaskuläre Demenz und Schlaganfälle) eine sehr geringe Rückfall- und Gefährdungswahrscheinlichkeit anzunehmen sei. Aus diesen Gründen habe ein Freispruch erfolgen müssen. (Wolfgang Rabsch)
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