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Nachricht vom 15.03.2023    

Tod der 12-jährigen Luise: Mutmaßliche Täterinnen nicht mehr bei den Eltern

Die beiden Mädchen, die in der Nähe von Freudenberg an der Grenze von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz die zwölfjährige Luise getötet haben sollen, leben vorerst nicht mehr bei ihren jeweiligen Eltern. Das teilte das Jugendamt der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein mit.

Blumen und Kerzen sind die öffentlichen Zeichen für die Trauer um Luise. (Foto: Jennifer Patt)

Freudenberg. Immer noch herrscht Fassungslosigkeit über den Tod der 12-jährigen Luise aus Freudenberg, für den ein 12- und ein 13-jähriges Mädchen, beide ebenfalls aus Freudenberg und beide aufgrund ihres Alters noch strafunmündig, verantwortlich sein sollen. Immer noch ermittelt die Polizei. Immer noch wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft Koblenz von Mittwochnachmittag (15. März) die Tatwaffe nicht gefunden, obwohl eine große Gruppe von Polizeibeamten sich erneut auf die Suche gemacht hatte. Mit dem noch nicht lokalisierten Corpus Delikti sollen die beiden mutmaßlichen Täterinnen mehrfach auf Luise eingestochen haben, die dann am Sonntag (12. März) in einem Waldstück tot in der Nähe eines Radweges auf rheinland-pfälzischem Gebiet unmittelbar an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen gefunden worden war. Bei der Obduktion waren zahlreiche Messerstiche im Körper des Mädchens, das seit Samstagabend (11. März) als vermisst galt, festgestellt worden. Luise war nach Angaben der Ermittler verblutet. Beide Mädchen sollen in einer Anhörung am Montag (13. März) im Beisein ihrer Eltern und psychologischer Betreuer die Tat eingeräumt, auch die Beweislage einen anfänglichen Tatverdacht bestätigt haben. Das Internet-Portal „t-online“ zitierte am Mittwochnachmittag (15. März) „Focus Online“: „Bei der Gewalttat soll es sich aber vermutlich um einen Racheakt gehandelt haben. Die drei Schülerinnen hätten sich im Vorfeld der Tat gestritten, nachdem sich das Opfer über eine der beiden vermutlichen Täterinnen lustig gemacht haben soll. Weitere Hintergründe sind bislang noch völlig unklar.“

Blumen und Kerzen
Das Waldstück, in dem Luise sterben musste, ist seit Tagen zu einer Pilgerstätte geworden. Etwa drei Kilometer von Freudenbergs Innenstadt entfernt in Hohenhain und etwas abschüssig liegt ein ausgeschilderter Parkplatz, der Zugang zu dem Weg gibt, der nur Radfahrern und Fußgängern vorbehalten ist. Ungefähr 300 Meter in das Waldstück hinein, sind bereits Trauernde unterwegs. An einer kleinen Freifläche sammeln sie sich, um Blumen niederzulegen und Kerzen anzuzünden. Hier befindet sich der Fundort des toten Mädchens. Der Grundtenor in der Bevölkerung lässt die Verzweiflung über die schreckliche Tat deutlich zum Ausdruck kommen. „Wir sind eine kleine Stadt, man kennt sich hier“, drücken die Menschen ihre Betroffenheit mit gesenkten Blicken aus.

Psychosoziale Versorgung oberste Priorität
Unterdessen steht das Jugendamt des Kreises Siegen-Wittgenstein in intensivem Kontakt zu den tatverdächtigen Kindern und deren Familien. Dabei habe die Sicherstellung der psychosozialen Versorgung, so die Internetpräsenz des Kreises Siegen-Wittgenstein, aller beteiligten Familienmitglieder, sowohl der Familien der Tatverdächtigen als auch des Opfers, oberste Priorität. Aus Sicht der Behörde benötigten die betroffenen Familien der minderjährigen Tatverdächtigen intensive Unterstützung. Dafür sei in Abstimmung mit den Familien ein Rahmen entwickelt und gefunden worden. Dieser beinhalte derzeit auch eine Unterbringung außerhalb des häuslichen Umfelds. „Das ist auch damit verbunden, dass die Kinder nicht ihre bisherigen Schulen besuchen. Der Kontakt zur Familie ist aufgrund des jungen Alters der Mädchen für die Entwicklung einer gelingenden Unterstützung sehr bedeutsam und wird insofern unterstützt“ hieß es weiter. Im nächsten Schritt würden die Geschehnisse mit den Beteiligten aufgearbeitet und die konkreten Unterstützungsleistungen an Hand der konkreten Bedarfe erarbeitet. Bei der Aufarbeitung handele es sich voraussichtlich um einen sehr komplexen Prozess, der zeitlich nicht eingegrenzt werden könne, da die nächsten Schritte immer gemessen an den aktuellen persönlichen Bedarfen individuell geplant werden müssten. Sobald die Familie von Luise dies wünsche, stehe das Kreisjugendamt der Familie jederzeit zur Unterstützung zur Verfügung. Die Mitarbeitenden des Jugendamtes hätten der Familie ein entsprechendes Angebot über den Opferschutz der Polizei übermittelt.

Viel Zeit für Gespräche
An der Schule der getöteten Luise nehmen sich, so beruft sich die GMX-Startseite auf die Deutsche Presseagentur (dpa), Schüler und Lehrer weiterhin viel Zeit für Gespräche. „Normaler Unterricht findet noch nicht wieder statt, sagte Christoph Söbbeler, Sprecher der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg, „die Schule ist im Moment der Ort, an dem für die Schülerinnen und Schüler Austausch und Trauer möglich sind." Nachdem bekannt wurde, dass Luise wohl von zwei 12- und 13-jährigen Mädchen aus ihrem Bekanntenkreis erstochen wurde, sei der Gesprächsbedarf noch einmal groß. Die Kinder und Jugendlichen seien den ganzen Schultag mit ihren Klassenlehrern zusammen. „Es gibt Halt, in gewohnter Umgebung mit vertrauten Menschen zusammen zu sein - gerade jetzt, wo andere Gewissheiten zusammengebrochen sind", fügte er an. Psychologen und Fachleute der Bezirksregierung seien weiterhin an der Schule - auch um die Lehrer zu unterstützen. Lehrer bekämen etwa Vorschläge, wie sie ein gutes Gespräch mit ihren Klassen anstoßen und auf die Emotionen der Schüler reagieren könnten. Weitere Details nannte er nicht. „Es ist wichtig für alle, dass die Schule jetzt ein geschützter Raum ist." Bei der Frage, wann die Klassen wieder zum normalen Unterricht zurückkehrten, lasse man der Schule große Freiheiten. „Es ist kein Zwang da, ins Stundenplan-Korsett zurückzukehren." Jede Klasse könne erstmal für sich entscheiden, ob normaler Unterricht wieder hilfreich sei oder nicht.

Schmerz der Eltern kaum nachzuempfinden
Siegen-Wittgensteins Landrat Andreas Müller sprach den Eltern der getöteten 12-jährigen Luise auf der Homepage des Kreises sein tief empfundenes Mitgefühl aus: „Die grausame Tat hat uns alle schockiert, und ich kann den Eltern nur meine herzliche Anteilnahme versichern. Ganz Siegen-Wittgenstein trauert mit Ihnen. Es gibt keine Worte, die beschreiben können, wie groß der Verlust ist, den sie erlitten haben. Der Schmerz der Eltern ist kaum nachzuempfinden. Ich hoffe, dass Sie inmitten dieser Dunkelheit Trost und Unterstützung finden, sei es durch Freunde, Angehörige oder professionellen Beistand.“ Als Leiter der Kreispolizeibehörde war Müller seit dem Verschwinden des Mädchens intensiv in die Suche eingebunden, als Freudenberger Mitbürger erschütterte ihn das Verbrechen noch zusätzlich: „Die Grausamkeit der Tat macht uns alle fassungslos. Solche Verbrechen würde man im Zweifelsfall immer eher woanders verorten, aber nicht bei uns. Umso größer ist der Schock, dass ein Kind offenbar durch die Hände anderer Kinder sterben musste.“ Müller weist schon seit längerem auf die zunehmende Verrohung der Gesellschaft hin. „Dass bei uns in Nordrhein-Westfalen offenbar nun auch zunehmend Kinder und Jugendliche zu Tätern werden, lässt mich zutiefst erschaudern. Dem entgegenzuwirken ist eine große gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir alle gemeinsam anpacken müssen“, machte er deutlich und dankte auch ganz ausdrücklich allen Einsatzkräften, hinter denen jetzt schwere Stunden lägen, ebenso wie den Mitarbeitenden des Kreisjugendamtes, die von den Untersuchungsbehörden bereits kurz nach Ermittlung der vermutlichen minderjährigen Täterinnen einbezogen worden seien. Auch für diese habe es sich um eine ganz außergewöhnliche Situation, die viel Empathie und umsichtiges Agieren erfordert, gehandelt, betonte Kreis-Jugenddezernent Thomas Wüst.



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Keine Herabsetzung der Altersgrenze
In der inzwischen entflammten Debatte um Strafmündigkeit lehnt der Deutsche Kinderschutzbund eine Herabsetzung der Altersgrenze ab. Die bestehende habe einen guten Grund, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin Martina Huxoll-von Ahn dem Radiosender RPR1. „Ab 14 gehen wir davon aus, dass eben Jugendliche sehr viel besser übersehen und begreifen können, was das für Taten sind und was das für Folgen hat“, so Huxoll-von Ahn, „unter 14 müsse man da ein Fragezeichen machen“. Die Angst vor früheren Strafen halte nicht von Taten ab. Außerdem gebe es andere Möglichkeiten der Konsequenzen, das Jugendamt habe eine ganze Palette von Möglichkeiten. „Das ist natürlich eine ganz schreckliche Tat, (…) aber es ist ein Einzelfall“, so Huxoll-von Ahn weiter, „12-Jährige in den Knast zu stecken wäre ja keine Lösung.“

Mannweiler erklärte defensive Taktik
Nach der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Koblenz und Vertretern des Polizeipräsidiums Koblenz am Dienstag (14. März), bei der viele Fragen unbeantwortet geblieben waren, untermauerte Leitender Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler in einer Mitteilung am Mittwoch (15. März) noch einmal den Grund für die defensive Taktik in puncto Benennung von Ermittlungsergebnissen. „Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat am 14. März 2023 gemeinsam mit dem Polizeipräsidium Koblenz und unter Beteiligung der Polizeibehörde in Siegen-Wittgenstein die ihr rechtlich möglichen Informationen abschließend kommuniziert. Weitergehende Angaben, namentlich zum genauen Tathergang, zur Identität der tatverdächtigen Kinder, zu deren derzeitigem Aufenthaltsort und etwaigen weiteren Maßnahmen oder einem etwaigen Motiv, können auch auf Nachfrage derzeit nicht veröffentlicht werden. Dem stehen der Persönlichkeitsschutz der Familie des getöteten Kindes und die Persönlichkeitsrechte der kindlichen Tatverdächtigen, sowie deren Familien, entgegen. Insoweit tritt das Informationsinteresse der Medien und die Informationspflicht der Staatsanwaltschaft zurück“, verdeutlichte er. Der Vorgang liege inzwischen der für den Wohnsitz der tatverdächtigen Kinder zuständigen Staatsanwaltschaft Siegen vor, die im Vorfeld bereits die Übernahme des Vorgangs signalisiert habe.

Ereignisse, die einen sprachlos zurücklassen
Nach Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, der das Geschehen als einen „verstörenden Höhepunkt in Sachen Gewalt bei Minderjährigen“ bezeichnet hatte, äußerte sich auch NRW-Innenminister Herbert Reul: „Die Tat erschüttert mich sehr. Jedes Tötungsdelikt ist schrecklich, immer trauern Angehörige. Doch wenn so ein junges Mädchen brutal aus dem Leben gerissen wird, ist es besonders grausam. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich. Ich habe selbst drei Töchter, mittlerweile auch Enkelkinder. Der Gedanke, wie schlimm dieses Verbrechen für die Eltern von Luise sein muss, ist unerträglich.“ Den Koblenzer Polizei-Vizepräsidenten Jürgen Süs zitierte „t-online“: „Nach über 40 Dienstjahren gibt es immer noch Ereignisse, die einen sprachlos zurücklassen."

Delikte gegen das Leben: 19 tatverdächtige Kinder 2021
Dass Kinder unter 14 Jahren schwere Gewalttaten begehen, kommt laut „Bild-Zeitung“ sehr selten vor. „In Deutschland stieg die Zahl im Bereich Gewaltkriminalität wie Körperverletzung, sexueller Missbrauch, Totschlag oder Mord im Jahr 2021 auf 7477 nach 7103 ein Jahr zuvor an. Aber im Vergleich zu 2019 gab es 2021 einen Rückgang von rund zehn Prozent. Bei den Delikten gegen das Leben sind die absoluten Zahlen noch niedriger: 2021 gab es in diesem Bereich bundesweit 19 tatverdächtige Kinder, darunter vier Mädchen. Die Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr stark, in den vergangenen 20 Jahren lagen sie jährlich zwischen vier und 21 Tatverdächtigen. Zur Einordnung: Laut Statistischem Bundesamt lebten in diesem Jahr rund 8,5 Millionen Kinder unter 14 Jahren in Deutschland“, berichtete das Blatt und erklärte, ab wann jemand strafmündig wird - Unter 14 Jahren: Menschen unter 14 Jahren gelten „ohne Wenn und Aber“ vor Gericht als Kind und sind deshalb strafunmündig. Sie können nicht strafrechtlich belangt werden, allerdings können Maßnahmen, wie beispielsweise das Entziehen des Sorgerechts oder die Unterbringung in einem Heim, angeordnet werden; ab 14 Jahren: Ab einem Alter von 14 ist man „bedingt strafmündig“. Das bedeutet: Ab dann sind Personen weder pauschal schuldfähig, noch schuldunfähig. Das Gericht entscheidet je nach Einzelfall. Es gilt hier eher darum, erzieherisch einzuwirken, als zu bestrafen; ab 18 Jahren: Menschen ab 18 gelten vor Gericht als voll strafmündig. Bis zum Alter von 21 gilt allerdings noch eine Karenzzeit. Bedeutet: Ist der Täter zum Tatzeitpunkt eher jugendlich als erwachsen, oder die Tat ist als Jugendverfehlung zu bewerten, kann noch das Jugendrecht herangezogen werden; ab 21 Jahren: Täter gelten vor Gericht uneingeschränkt als erwachsen und werden nach dem Erwachsenenstrafrecht bestraft. (vh)



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