Toc Toc – Macken bereiten Vergnügen im Schlosstheater
Von Helmi Tischler-Venter
Mit der Neuinszenierung "Toc Toc" bringt die Landesbühne Rheinland-Pfalz vom 15. September bis 1. Oktober eine moderne Komödie auf die Bühne des Schlosstheaters Neuwied. Das Stück des französischen Schauspielers und Schriftstellers Laurent Baffie handelt von fünf Personen, die sich im Wartezimmer eines Psychiaters versammelt haben, um ihre Zwangsstörungen behandeln zu lassen.
Neuwied. Diese Szene erklärt, dass mit "Toc Toc" das Tippen an den Kopf gemeint ist und eine Macke bezeichnet. Jeder Mensch hat mehr oder weniger deutliche Macken, sei es die Unfähigkeit, auf eine Linie zu treten wie bei Lilli oder der Zwang, Türschlösser, Wasserhähne und Lampen mehrfach zu kontrollieren, wie bei Marie. Angst vor Krankheitserregern ist bei Blanche verbunden mit einem Waschzwang. Vincents Macke: Arithmomanie, der Zwang, alles zählen zu müssen, ist beeindruckend und kein Problem für ihn selbst, sondern für seine Frau. Gesellschaftliche Ablehnung erfährt Fred ständig durch sein Tourette-Syndrom, das ihn Beleidigungen und Schimpfwörter äußern lässt.
Die distanzierte ärztliche Assistentin ist für die Patienten wenig hilfreich. Doch die Konstellation der Patienten, die sehr lange auf einen Termin warten mussten und nun noch lange Wartezeit in der Praxis verbringen müssen, weil der Arzt irgendwo unterwegs ist, bietet Zündstoff für lustige und nachdenkenswerte Interaktionen. Denn die Menschen nutzen die Wartezeit, um sich einander vorzustellen und ihre Ängste mitzuteilen, obwohl sie gleich zu Beginn eine Gruppentherapie strikt abgelehnt hatten. Jeder Einzelne ist liebenswert und durch traumatische Erlebnisse in eine Zwangsneurose getrieben worden.
Regisseur René Heinersdorff, der neue Intendant der Landesbühne Rheinland-Pfalz mit Sitz in Neuwied, hat drei Schauspieler nach Neuwied mitgebracht: Katharina Hadem, die Blanche spielt, die bekannten Schauspieler Alexandra Kamp für die Rolle der Marie und Karsten Speck, der Fred verkörpert. Heinersdorff betonte, dass Speck nach dreißig Jahren wieder bei einer Eröffnungsveranstaltung "als Maskottchen" dabei sei. Dem Neuwieder Publikum bekannt sind Thomas Peters, der Vincent spielt und Thea Seibert von Fock als Lilli. Auch die Assistentin, Cheryl Angelika Baulig spielte bereits in Neuwied. In dieser Besetzung agierte das Ensemble noch nie zusammen. Die Künstler inklusive Regisseur eint das Bestreben, den Zuschauern einen vergnüglichen Abend zu bieten, obwohl es nicht einfach ist, zwanghafte, manische Menschen glaubhaft darzustellen. Alle sechs Schauspieler sind professionell genug, in ihre Seelen-Striptease-Rolle hinein und wieder hinaus zu schlüpfen.
Das einzige landesgeförderte Theater in Rheinland-Pfalz besitzt leider kein eigenes Ensemble. Bei der ersten gemeinsamen Probe wurde noch viel gefeilt an den Texten, Gesten und Betonungen. Ein scherzhaft-freundlicher Umgangston kennzeichnete die Zusammenarbeit. Eine positive Gruppendynamik entwickelte sich sowohl im Ensemble als auch - mit einigen Wirrungen - in der dargestellten Patientengemeinschaft. Letztere hilft sich durch ihre Selbsttherapie wider Willen und ohne Schulmediziner letztlich selbst.
Man sollte das Theaterstück, das sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken animiert, nicht versäumen. Die Premierenvorstellung findet am 15. September statt. (htv)
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