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Nachricht vom 09.10.2023    

Jubiläumsgast im Hotel zur Post: "Der Sitzungspräsident" Volker Weininger

Von Helmi Tischler-Venter

Geschäftsführer Hajo Reuschenbach war stolz, dass sein Team genau vor 25 Jahren mit den Kleinkunst-Veranstaltungen angefangen hatte und seither der Saal immer voll war. Am Sonntagabend, 8. Oktober sogar bis auf den letzten Platz, daher "haben wir mit dem Aussuchen der Künstler nicht alles falsch gemacht." Sein besonderer Dank galt dem seit einem Vierteljahrhundert treuen Publikum.

Fotos: Wolfgang Tischler

Waldbreitbach. Volker Weininger spielte seine Kunstfigur "Der Sitzungspräsident" mit einem Kölschglas in der Hand. Die schauspielerische Leistung des ehemaligen Lehrers war beeindruckend: Im Lauf der Vorstellung steigerte er seinen kölschen Sprachstil, beschleunigt durch ständigen Biernachschub, von leicht angesäuselt hin zu anhaltendem Lallen. Dabei verlor er trotz thematischer Abweichungen nie seinen roten Faden, die Organisation der Karnevalssitzung, für die er eine Top-Band als Kracher gebucht hatte, auf deren Anruf er nun wartete.

Auf bewährte Karnevalisten-Art feuerte der Kabarettist Witze und Gags in schneller Folge ab, das Publikum blieb im Lach-Dauerstress. Einige probate Alkohol-Rezepte verriet der Vereinsmeier: Für den "Schneebuscher Schädelsprenger" einen Rollmops in ein leeres Weizenglas geben, mit Strohrum aufgießen und mit Doppelwacholder, Absinth, Tabasco und zwei Esslöffeln Terpentin verfeinern, dann 20 Sekunden warten, bis sich der Rollmops aufgelöst hat, obendrauf kommt ein brennender China-Böller. Beim Trinken nicht trödeln!

Whisky-Schorle ist Wasser im Jack Daniels und für Eierlikör wird viel Wodka gebraucht, aber nicht unbedingt ein Ei. Für Hönninger Schorle kommt in einen leeren Eimer ein Piccolöchen, das bis zum Rand mit Eierlikör aufgefüllt wird.

Doch er sei nicht von Alkohol abhängig, wenn er schlafe, sei er abstinent und rühre die Zapfanlage auf dem Nachttisch nicht mehr an.

Er arbeite bei der Gemeinde im Amt für besondere Aufgaben. An Tagen, an denen es einfach keine besonderen Aufgaben gibt, fällt der Hammer dann nachmittags um halb elf. "Gemeindearbeiter und Burn-out ist wie Leverkusen und Meisterschaft."

Sein Problem sei die Überalterung des Karnevalsvereins: Büttenredner seien ganz mau und Tanzgruppen schwierig, denn seit 1955 tritt nur noch die Senioren-Tanzgruppe in unveränderter Formation auf. Weil die Mitglieder wegsterben, gebe der Verein für Grabschmuck mehr Geld aus als für den Rosenmontagszug.

Jugendförderung mit der Nachwuchsband "Satans Blutrausch" aus dem Nachbarort ging im Kettensägenlärm unter. Dass das Telefonat der "absoluten Top-Band" auf sich warten ließ, machte den Organisator nervös. Beruhigungsmittel war weiteres Kölsch.



Der kulturell Interessierte gehöre auch seit 30 Jahren dem Kegelclub an, der sich jeden Dienstag von 14 bis 23 Uhr trifft. Sie sind nur noch zu Dritt, weil Hermann durch das Kegeln mit seiner Glückskugel Sportinvalide wurde. Beim Sommerfest outete sich Kamerad Wolfgang, genannt "Fleischwolf" und berühmt für seine preisgekrönte Knoblauch-Blutwurst als Veganer. Ein Schock, von dem sich das Dorf bis heute nicht erholt hat, denn in feine Frikadellen gehören nur Hackfleisch, Zwiebeln, Knoblauch und viel Sliwowitz.

Die Vereinsausflüge sind immer perfekt organisiert: um 11 Uhr Frühschoppen, anschließend gemütlicher Abend. Auch Skat-Touren, zum Beispiel in eine belgische Hotelanlage "All inclusive". Oder auf das Oktoberfest in München, wo der 79-jährige Hermann erschütternde Erfahrungen mit der Olympia-Achterbahn machte.

Dass die Band sich nicht meldet, liege daran, dass Jugendliche alle nur chillen wollen wie Neffe Marvin. Sein Sohn Gregor will auch nicht dem Karnevalsverein beitreten und nicht im Jahr 2048 das Zepter des Vereinspräsidenten von seinem Vater übernehmen. Das Kind war schon ein spaßbefreiter Einzelgänger, der den ganzen Tag am Lesen war, was den Eltern Sorgen machte. Heute studiert er in Greifswald. Im Osten!

Als der ersehnte Anruf der Band kommt, setzt der devote Sitzungspräsident seine Prunkkappe auf und erfährt, dass die Musiker nicht anreisen können, weil das Auto kein Wischwasser mehr hat. Entsetzen: "Die Arschlöcher kommen nit!" Nachdem er den Flachmann geleert hat, wechselt der Ton zu Trotz: "Wir brauchen die überhaupt nicht, wir haben genug hochkarätige Eigengewächse." Der Spielmannszug spielt halt ein Bata Ilic-Medley, bis der ganze Saal Tinnitus hat und Schunkeln bis zum Schleudertrauma, damit die Stimmung stimmt.

Die Stimmung im Rittersaal des Hotels war grandios, daher durfte Volker Weininger nicht ohne Zugabe von der Bühne gehen. Mit Standing Ovations wurde er verabschiedet.

Nächster Künstler auf der Bühne wird am 12. November Michael Steinke mit seinem Lied- und Comedy-Programm "FUNKY!SEXY!40!plus" sein. (htv)



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