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Nachricht vom 25.10.2011    

Gemeinden wollen von der Energiewende profitieren

70 Vertreter von Kommunen nahmen an den „Energie-Gesprächen“ teil - Kreis verlor 2010 140 Millionen Euro durch fossile Energien


Kreis Neuwied. 70 kommunale Vertreter, viele Ortbürgermeisterinnen und -meister waren nach Oberhonnefeld-Gierend in das Kultur- und Jugendzentrum gekommen, um sich darüber zu informieren und auszutauschen wie die Gemeinden von der Energiewende profitieren können.

Warben im Rahmen der Neuwieder Energie Gespräche für eine regionale Wertschöpfung durch die aktive Mitgestaltung der Energiewende: Moderator Andreas Dünow (1.v.l.), 1. Kreisbeigeordneter und Umweltdezernent des Landkreises Neuwied, Achim Hallerbach (3.v.l.), Professor Karl Keilen, Wirtschaftsministerium (4.v.l.), Landrat Rainer Kaul (4.v.r.), Bürgermeister Bernd Benner (3.v.r.) und Projektleiter des Klimaschutzkonzeptes, Tobias Gruben (2.v.r.). Rechts der Puderbacher Bürgermeister Wolfgang Kunz.

Mit den Zeilen des Westerwaldliedes: "In dem schönen Westerwald, ja da pfeift der Wind so kalt; jedoch der kleinste Sonnenschein dringt tief ins Herz hinein" umschrieb Moderator Andreas Dünow, Quest-Team, poetisch das Thema der Veranstaltung.

Rheinland-Pfalz hat die Absicht, bis 2030 den in Rheinland-Pfalz verbrauchten Strom bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Dabei wird ein möglicher erneuerbarer Energiemix 2030 70 Prozent davon mit Windkraft in Rheinland-Pfalz erzeugen und 30 Prozent die Photovoltaik beitragen.

Bürgermeister Bernd Benner, Vorsitzender der Kreisgruppe des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, machte zu Beginn seinen Kollegen Mut, sich für regenerative Energieprojekte einzusetzen, zum Nutzen künftiger Generationen, und forderte, "auch mal Gegenwind auszuhalten". Ängste können nach seiner Erfahrung abgebaut werden und eine fruchtbare Zusammenarbeit kann entstehen.

Achim Hallerbach, 1. Kreisbeigeordneter des Landkreises Neuwied und Vorsitzender des Energiebeirates des Landkreises Neuwied, beschrieb die angestrebte Gesamtstrategie des Kreises. In einem ganzheitlichen Klimaschutzkonzept, das der Kreis zusammen mit seinen Kommunen und dem Umweltcampus Birkenfeld (IfaS) unter der Leitung von Professor Peter Heck derzeit entwickelt, werden in einem ersten Schritt die Energieeinsparpotenziale in den kommunalen Liegenschaften, bei der Straßenbeleuchtung, in den privaten Haushalten und im Gewerbesektor ermittelt.

In den fünf Teilbereichen Windkraft, Photovoltaik/Solarthermie, Biomasse, Wasserkraft und Geothermie werden die Möglichkeiten untersucht Energie regenerativ vor Ort zu erzeugen. Ziel ist es 2050 den Landkreis Neuwied klimaneutral darzustellen.

Für die Windkraftnutzung entsteht im Moment eine zusätzliche Masterarbeit in Zusammenarbeit mit der Uni Frankfurt. Es sollen konfliktarme und trotzdem leistungsfähige Flächen für diese Nutzung herausgefiltert werden. Der Umweltdezernent will damit eine sogenannte "Verspargelung der Landschaft" verhindern und in einem gemeinsamen Dialog mit den Kommunen konzentrierte Standorte für die Entwicklung von Windkraftparks herausarbeiten.

Hallerbach stellte anhand ausgewählter Beispiele dar, wie in Kürze Potenzialkarten der Windkraftnutzung für die Gemeinden des Kreises aussehen und genutzt werden können und erläuterte die hinterlegten Kriterien. Dabei gelte es, die Schutzräume und -abstände für Menschen und Tiere sowie naturschutzfachliche Aspekte hinreichend zu berücksichtigen.

Bereits jetzt zeichneten sich erhebliche Einschränkungen für die Entwicklung wirtschaftlicher Anlagenstandorte ab. "Im Rahmen der Bundesförderung erstellen wir eine sehr gute Planungsgrundlage für die weitere Entwicklung und Erarbeitung von Windkraftpotenzialflächen für die Kommunen vor Ort. Diese qualifizierten Informationen stellen wir im November zur Verfügung", so Achim Hallerbach.

Das Klimaschutzkonzept dient als Grundlage, um ein regionales Energienetz aufzubauen. Beteiligt sind daher auch die Stadt Neuwied sowie die einzelnen Verbandsgemeinden des Kreises Neuwied - mit Ausnahme der Verbandsgemeinde Linz.



Die im Kreis aktiven Energieversorger unterstützen ebenfalls die Bemühungen der Energieeffizienz und den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Einen Überblick über die energiewirtschaftlichen Geldflüsse in einer Region stellte Tobias Gruben vor, wissenschaftlicher Projektleiter des Klimaschutzkonzeptes des Umweltcampus Birkenfeld. Sein Plädoyer: die Kommunen können durch die Erzeugung von regenerativer Energie vor Ort mehr Geld in der Region halten und dadurch die Wertschöpfung steigern.

Allein für den Landkreis Neuwied gingen im Jahr 2000 71 Millionen Euro für fossile Energie aus dem Landkreis Neuwied heraus. Im Jahr 2010 waren es umrechnet schon 140 Millionen Euro, Tendenz steigend. "Dieses Geld steht der Region nicht mehr zur Verfügung," so Gruben.

Es macht seiner Meinung nach Sinn, ein Teil dieses Geldflusses in der Region zu halten und in Arbeitsplätze und Technik zu investieren.

Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz machten sich schon auf den Weg. Aber ohne eine breite Akzeptanz vor Ort sollten Projekte nicht gestartet werden. Dieses Plädoyer vertrat Professor Karl Keilen vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung und ermunterte die kommunalen Vertreter die Chance der Energiewende für die Region zu nutzen.

Um Windkraftstandorte zu finden, empfahl Professor Keilen Windkraftstandorte nicht nach üblichem Pauschalausschlussverfahren, sondern nach dem Präferenzmatrixverfahren analog der Nutzwertanalyse herauszufiltern. "Windkraftanlagen sind aus den Kinderschuhen herausgewachsen. Es handelt sich heute um effektive Kraftwerke. Eine 6-Mega-Watt-Anlage erzeugt in 20 Jahren 400 Millionen Kilowattstunden Strom und ersetzt damit 450.000 Tonnen Braunkohle", so der Experte.

Die Kommunen seien verantwortlich für die Daseinsvorsorge, für Klimaschutz und Energieversorgung. Die Kommunen hätten dabei auch eine Vorbildfunktion. Als Träger der Flächennutzungsplanung seien sie die Hauptverantwortlichen für den Umbau der Energieversorgung.

Das Land Rheinland-Pfalz werde ein jährliches Monitoring einführen, damit für die Bürger erkennbar werde, wie ihre Kommune im Vergleich dasteht.
Keilen plädierte dafür, Projekte in enger Abstimmung mit dem Land aufzubauen. "Es liegen mittlerweile genügend Erfahrungen vor, damit die Kommunen das Heft in der Hand behalten können", erklärte er.

Aus unterschiedlichen Modellen an Beteiligungsformen bis hin zu Bürgerstrom für die Gemeinden an Windkraftstandorten reicht das Portfolio. Das Land unterstützt Solidarpakte, in denen auch Kommunen in die Wertschöpfung mit einbezogen werden, bei denen die Windkraftnutzung nicht zu realisieren ist. "Die Welt schaut auf Deutschland. Die internationale Gemeinschaft traut es den Deutschen mit ihrer Technikführerschaft bei den erneuerbaren Energien am ehesten zu, das Paradigma der Energiewende zu meistern", unterstrich Professor Keilen abschließend.

Landrat Rainer Kaul gab sich im Schlusswort zuversichtlich, dass es im Landkreis Neuwied gelingen kann, die dafür notwendige Akzeptanz aufzubauen.



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