Energiewende im Kreis Neuwied
Expertenveranstaltung am Freitagabend in Dierdorf: Mit Windkraft lässt sich viel mehr verdienen als nur die Geländepacht
Dierdorf. Am Freitag (28.10.) fand in der Alten Schule am Damm ein Energiekongress zum Thema: „Wie schaffen wir die Energiewende im Landkreis Neuwied und 100 Prozent Erneuerbare-Energie-Region zu werden?“ statt.
Es wurde der Kindergarten „Holzbachfrösche“ besichtigt und die Besucher erfuhren, dass der Kindergarten doppelt soviel Energie produziert, wie er benötigt.
Als ein gutes Beispiel wurde die Entscheidung, die die Stadt Dierdorf unter Bürgermeister Vis Anfang 2010 traf, von allen Anwesenden Experten gelobt. „Ich stehe ohne Wenn und Aber zur Energiewende. Die Wende muss aber mit den Bürgern gemeinsam gemacht werden und ich werde sie bei meinen Entscheidungen mitnehmen“, betonte Thomas Vis in seiner Rede und war sich darin mit dem anwesenden Bundestagsabgeordneten Erwin Rüddel einig.
Der setzte in seiner Begrüßungsrede Prämissen, die es in der Energiewende auch im Kreis Neuwied umzusetzen gilt: „Unabhängig bleiben vom Ausland, den Klimawandel nicht aus den Augen verlieren, Energie muss bezahlbar bleiben und die neuen Wege müssen von der Bevölkerung und Industrie akzeptiert werden.“
Achim Hallerbach brachte den Zuhörern das im August 2009 begonnene Klimaschutzkonzept des Kreises näher. Derzeit laufen im Kreis die Untersuchungen und es wird eine Potenzialanalyse erstellt.
Es erfolgt die Einberufung eines Akteursnetzwerkes, in dem Energieversorger, Gasversorger, Kreditinstitute, Unternehmer und Bürger vertreten sein werden. Dieses Gremium wird einen Maßnahmenkatalog erarbeiten. Unterstützung wird von einem im nächsten Jahr einzustellenden Klimaschutzmanager kommen.
„Unser Ziel ist es 2020 die Hälfte der Energie aus erneuerbaren Energien zu schöpfen“, lautet das ehrgeizige Ziel des Kreisbeigeordneten Hallerbach. Denn noch liegt der Landkreis Neuwied am unteren Ende der Skala bei den erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz.
Bei der Windenergie wird Achim Hallerbach bis Ende November diesen Jahres eine Potenzialkarte präsentieren und mit den Verbandsgemeinden gemeinsam Konzentrationsflächen ausweisen, denn „für mich kommt keine Verspargelung der Landschaft in Frage“. Auf kreiseigenen Flächen will Hallerbach Kommunen und Privatpersonen Beteiligungen bei der Windkraft anbieten.
Professor Dr. Peter Heck vom Umweltcampus Birkenfeld referierte über die Potentiale, Wertschöpfungseffekte und Handlungsmöglichkeiten für Kommunen bei den erneuerbaren Energien.
Mit wenigen Zahlen führte er den Gästen die Notwendigkeit und die Chancen der Energiewende vor Augen: „In den letzten sechs Jahren sind die Heizkosten im Durchschnitt um sechs Prozent gestiegen, das heißt im Klartext, wir verlieren stetig Kaufkraft.“ Im gleichen Atemzug belegte er, dass „die Kostensteigerung bei Öl wesentlich schneller voranschreitet, als bisher immer vorhergesagt“.
Bei der Biomasse hatte der Professor viele Beispiele, die zeigen, dass unser Land ein riesiges Potenzial ungenutzter Biomasse hat. Auch bei den Speichermöglichkeiten des Stroms fand Professor Heck klare Worte: „Es gibt viele Möglichkeiten der Stromspeicherung und die Techniken sind vorhanden, sie werden nur nicht genutzt.“
Den Politikern gab der Fachmann Heck mit auf den Weg: „Sie müssen die Energiewende managen und nicht verwalten. Lassen sie sich doch nicht mit 60.000 Euro Pacht für drei Windräder pro Jahr abspeisen, wenn sie beim Eigenbetrieb 600.000 Euro erzielen könnten.“ An die Bürger gewandt: „Sie müssen sich daran gewöhnen, dass die Landschaft sich verändern wird. Die Politiker haben nur bislang versäumt sie ordentlich zu informieren und mitzunehmen.“
Der Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises, Bertram Fleck, zeigte eindrucksvoll auf, wie sein Landkreis auf dem Weg ist, in Kürze vom Energieimporteur zum Energieexporteur zu werden.
Peter Bleser, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Berlin, zeigte die Anstrengungen der Bundesregierung in Sachen Energiewende auf. „Nur die Nationen werden vorankommen, die es schaffen, die Herausforderungen der Energiewende zu meistern“, war die Botschaft des Mannes aus Berlin.
Stadtbürgermeister Thomas Vis war mit der Veranstaltung sehr zufrieden, zumal die Experten ihm bestätigten, dass der mit dem Kindergarten „Holzbachfrösche“ eingeschlagene Weg genau der Richtige ist. Wolfgang Tischler
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