Pressemitteilung vom 08.12.2023
Brief von 1863 aus Rheinbreitbach verrät viel über Handels- und Verkehrswege
Es war ein unscheinbares Papier, das im Winter letzten Jahres bei einem Online-Auktionshaus unter dem Titel "Brief aus Rheinbreitbach von 1863 nach Neuwied" angeboten wurde. Der Inhalt war kaum lesbar. Und doch weckte er das Interesse eines Historikers in der Region.
Rheinbreitbach. Nach dem Kauf des Briefes entpuppte sich das Schriftstück als eine kleine Sensation. Obwohl nur wenige Zeilen geschrieben wurden, lassen sich anhand der Zeilen, geschrieben vom Bäcker Küpper aus Rheinbreitbach, die Handels- und Verkehrswege in dieser Zeit gut nachvollziehen. Küpper schreibt am 10. Dezember 1863, dass er sich gezwungen sähe, eine kleine Bestellung an Tabakwaren in Neuwied bei seinem Händler zu tätigen. Bedauerlicherweise müsse die Ware (unter anderem Rolltabak, Kanaster (Kräutertabak)) nun per Post von Neuwied aus linksrheinisch per Bahn über die Poststation in Rolandseck an ihn abgewickelt werden. Der normale Weg über den Schiffer Lehmann würde nicht gehen, da dieser erst in der kommenden Wochen wieder fahren würde. Das Geld würde er bei der nächsten Bestellung mitsenden.
Wer sich diesen Brief genauer anschaut, muss sich wohl wundern, warum nicht standardmäßig die Waren des Bäckers Küpper über die Bahnpost in Rolandseck abgewickelt wurden. Hierzu muss man wissen, dass die Bahnpost zu dieser Zeit in Rolandseck erst wenige Jahre alt war. Denn die Bahnstrecke wurde von Bonn ausgehend über Remagen weiter nach Koblenz erst Ende der 1850er-Jahre gebaut. Rechtsrheinisch gab es noch keine Eisenbahnstrecke.
Aus diesem Grund musste der Postbote von Rheinbreitbach mehrmals in der Woche mit einem Nachen den Rhein überqueren, um die Post für Rheinbreitbach im Bahnhof Rolandseck abzuholen. Mit Briefen war dies kein Problem. Größere Waren wie Fässer, Körbe oder Pakete mit dem Nachen überzusetzen waren hingegen schon herausfordernder.
Schiffverkehr für rechtsrheinischen Ortschaften bedeutsam
Hinzu kam die Tatsache, dass Neuwied ebenfalls rechtsrheinisch lag und somit keinen Anschluss an die linksrheinische Eisenbahn hatte. Eine Brücke nach Weißenthurm gab es zu dieser Zeit nicht. Aus diesem Grund gab es noch Schiffer, die ganz traditionell den Rhein hinauf und hinunter fuhren, um den Warenverkehr zwischen den (rechtsrheinischen) Städten zu organisieren. In Rheinbreitbach dürfte der Anlegehafen an der Stelle des heutigen Salmenfang oder in Unkel gewesen sein. Somit waren die Schiffer gerade für die Kaufleute und Unternehmer in den rechtsrheinischen Ortschaften sehr wichtig. Denn erst in den 1870er-Jahren sollte die rechtsrheinische Strecke fertiggestellt werden und den Warenverkehr per Zug ermöglichen.
Dass nicht nur Tabakwaren aus Neuwied bestellt wurden, zeigt auch der Nachsatz des Bäckers Küpper in dem Brief. Er erwähnt an seinen Händler, dass er in der letzten Lieferung Erbsen einen silbernen Ring gefunden hätte, der dem Emblem nach dem Händler gehören würde. Mit der nächsten Bestellung würde er ihn mit nach Neuwied übersenden.
Dieser Fall eines Onlinefundes zeigt deutlich, wie sich ein unscheinbares Papier zu einer höchst interessanten Quelle für die Lokalgeschichte entwickeln kann. (PM)
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