Gefährlicher Bahnlärm: Mittelrheintal braucht dringend eine Alternativ-Trasse
Von Wolfgang Tischler
Das Untere Mittelrheintal leidet unter massivem Bahnlärm. Über 400 Güterzüge, viele davon Gefahrguttransporte, fahren innerhalb von 24 Stunden durch die Wohngebiete am Rhein. Die geforderte Alternativtrasse des "Westerwald-Taunus-Tunnels" ist in weite Ferne gerückt, stattdessen sollen die Mittelrheinstrecken zu einem Hochleistungskorridor ausgebaut werden.
Neuwied. Schon viele Jahre dauert der Kampf für die dringend notwendige Entlastung der Jahrhunderte alten Kulturlandschaft vom Güterverkehr im Rheintal. Bürger und Bürgerinitiativen gegen Bahnlärm haben die vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie für eine Alternativ-Trasse ausdrücklich begrüßt. Umso ernüchternder sind die jetzt veröffentlichten Ergebnisse für die betroffenen Anlieger, denn favorisiert wird eine Variante, die lediglich das Obere Mittelrheintal entlastet. Daneben ist im Zeitraum 2026 bis 2028 die "Generalsanierung" der rechts- und linksrheinischen Mittelrheinstrecken zu einem Hochleistungskorridor" geplant. Damit soll die Strecke Zeebrügge, Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen nach Genua fit gemacht werden. Bis zu 120.000 Güterzüge pro Jahr sollen dann hier rollen; alle vier Minuten einer.
Aus Sicht des Landkreises Neuwied ist die Alternativ-Trasse des "Westerwald-Taunus-Tunnels", die über Taunus, Westerwald und Troisdorf nach Mainz führt, die einzige Lösung, die zu einer echten Entlastung des Mittelrheintals führt. Die erforderlichen Schritte für die Planung, Genehmigung sowie den Bau dieser Alternativstrecke müssen zeitnah aufgenommen und vorangetrieben werden. Vor diesem Hintergrund fand am 10. Januar in der VHS Neuwied ein Treffen von Politik und Bürgerinitiativen statt. Gemeinsam mit allen wichtigen Akteuren in der Politik, in den Kommunen und den Bürgerinitiativen soll dieser Forderung der nötige Nachdruck verliehen werden.
Landrat Achim Hallerbach zeigte in seiner Begrüßungsrede die Risiken für unsere Region auf, wie Lärm, Wertverlust der Häuser, negative Auswirkungen auf Tourismus und die Wirtschaft und einiges mehr. Ein Punkt hob er besonders hervor: Es ist nicht, trotz wiederholter Nachfragen, bekannt, was alles transportiert wird. Dies stellt die Freiwilligen Feuerwehren bei Unfällen vor riesige Probleme und setzt sie unbekannten und gefährlichen Situationen aus. Hallerbach erinnerte an die schweren Unfälle in Unkel und Lahnstein.
Von den Bürgerinitiativen Bad Honnef, Leutesdorf und Weißenthurm waren Rolf Papen, Gerd Kirchhoff und Erich Schneider anwesend. Papen erläuterte im Detail, was in den nächsten Jahren in Bezug auf die "Hochleistungsstrecken Mittelrheintal" geplant ist. Erschreckend fand er und auch die rund 100 anwesenden Gäste, dass bislang nur das Obere Mittelrheintal Beachtung findet. Ab Neuwied soll alles in puncto Lärmschutz beim Alten bleiben. Für diese Strecke besteht Bestandsschutz, das heißt die neuesten Vorgaben in Bezug auf den Bahnlärm finden keine Anwendung. Auch dann nicht, wenn die Strecke modernisiert und fit für eine höhere Zugfrequenz gemacht wird. Gerd Kirchhoff referierte zum Thema Lärm und Lärmschutz und nannte Zahlen und Fakten.
Fazit des Abends
Es wurden Forderungen an die Bahn und Politik in Berlin formuliert, um die aktuellen und zukünftigen Belastungen auf ein erträgliches Maß zurückzuführen.
- Gründung eines Beirates für das Untere Mittelrheintal, um eine Gleichbehandlung für den gesamten Bereich des Mittelrheins zu erreichen.
- Die Generalsanierung 2026/2028 muss mit den aktuellen Bestimmungen der Lärmvorsorge verbindlich umgesetzt werden.
- Bis die Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt sind, soll eine Geschwindigkeitsbegrenzung in und an den Orten, insbesondere nachts, erlassen und kontrolliert werden.
- Die Überwachungsstationen müssen technisch so aufgerüstet werden, dass die Flachstellen, Polygone und andere Lärm verursachende Komponenten genau erfasst und online übermittelt werden. Primär müssen alle Wagenhalter verpflichtet werden, die Schäden unmittelbar zu beseitigen.
- Die Planung für die rechtsrheinische Alternativstrecke von Troisdorf nach Mainz-Bischofsheim, als Tunnellösung für eine langfristige Entlastung des gesamten Mittelrheintales muss sofort beginnen und dann gegebenenfalls außerhalb des Bundesverkehrswegeplanes durch ein eigenes Gesetz umgesetzt werden.
Geprüft wird von den BIs, ob eine Klage auf Umsetzung der Lärmschutzmaßnahmen auf den aktuellen Stand Erfolg haben könnte. Weiterhin sollen die vor Corona stattgefundenen Demonstrationen gegen den Bahnlärm wieder aufgenommen und einige Gruppen der Bürgerinitiativen reaktiviert werden. "Wir brauchen jetzt Lösungen für unser Tal - konkret und zielorientiert", fasste Hallerbach den Abend zusammen. (woti)
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