Polizeipräsident wehrt sich gegen Darstellungen in Tageszeitung - Kein Zusammenhang mit Hells Angels-Drama in Anhausen
Der Koblenzer Polizeipräsident Horst Eckhardt nimmt Stellung zu einem in der Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, am 11.11.2011 erschienenen Artikel: „Maskierte Polizisten stürmen falsche Wohnung“. Wir veröffentlichen den Wortlaut der Polizeimitteilung:
"Ein Fehler in der polizeilichen Arbeit ist leider fast immer ein Fehler, der zu Lasten des Bürgers geht. So auch in dem Fall, bei dem meine Mitarbeiter der Kriminaldirektion Koblenz, unterstützt durch Beamte der Bereitschaftspolizei, am 27.10.2011, in eine, wie sich später herausstellte, falsche Wohnung in Bendorf eindrangen.
Diesen Vorgang, bedauern wir sehr und wollen ihn nicht beschönigen. Dazu stehen wir. Bereits am Einsatztag haben wir alles in die Wege geleitet, um den Schaden wieder gut zu machen, soweit er denn wieder gutzumachen ist.
Die Darstellung im Artikel der Rhein-Zeitung von heute Morgen, 11.11.2011, überrascht mich und meine Mitarbeiter allerdings, insbesondere weil dem Verfasser eine umfangreiche Stellungnahme meiner Behörde zu dem Vorfall vorlag, die ich mit diesem Schreiben veröffentlichen möchte.
Im Übrigen überrascht uns auch der hergestellte Zusammenhang zu einem völlig anders gelagerten Fall im März letzten Jahres in Anhausen, bei dem ein SEK-Beamter sein Leben lassen musste, sehr.
Ich betone, dass ich mit meiner Veröffentlichung nicht den Fehler meiner Beamten beschönigen oder das ungerechtfertigte Eindringen in die Wohnung rechtfertigen möchte. Die falsch widergegebenen Darstellungen und das Verschweigen wichtiger Fakten haben mich allerdings dazu bewogen, entgegen meiner sonstigen Gepflogenheiten, auf diese Veröffentlichung persönlich zu reagieren:
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurden am Donnerstag, 27.10.2011, gegen 7:00 Uhr, auf Grundlage von richterlichen Beschlüssen, fünf Objekte gleichzeitig durchsucht.
Bei einem dieser Durchsuchungsobjekte handelte es sich um eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Bendorf.
Aufgrund der kriminalpolizeilichen Erkenntnisse war es in diesem Fall erforderlich, sehr schnell und schlagartig vorzugehen.
Anmerkung: Dies war aufgrund des drohenden Beweismittelverlustes und der Erkenntnisse über die Gefährlichkeit des erwachsenen 22 Jahre alten Beschuldigten zwingend geboten.
Aus diesem Grunde wurden die Einsatzkräfte der Kriminaldirektion Koblenz von der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der Bereitschaftspolizei (keine „Eliteeinheit“, kein SEK!) unterstützt.
Durch die vor Umsetzen des Durchsuchungsbeschlusses durchgeführten Ermittlungen war es nicht möglich, die Wohnung des Beschuldigten in dem Mehrfamilienhaus zu lokalisieren. Beim Betreten des Hauses mussten die Einsatzkräfte sich auf den Hinweis eines anwesenden Zeugen verlassen, der angab die Wohnung des Beschuldigten zu kennen und diese den Beamten zeigte.
Da es keinerlei Anzeichen gab, dass es sich dabei nicht um die „richtige“ Wohnung handelt - an keiner der Türen im Treppenhaus waren Namensschilder angebracht - und die Einsatzkräfte keinen Grund hatten an den Angaben des Zeugen zu zweifeln, gingen sie davon aus, dass der Beschuldigte sich in dieser Wohnung befindet.
Den Beamten waren die an der Eingangstüre angebrachten Namensschilder und deren Reihenfolge selbstverständlich bekannt. Eine solche Anbringung von Namensschildern an Haustüren kann aber – wie in diesem Falle auch – stets nur ein Anhaltsspunkt für die Einsatzkräfte sein und es nie auszuschließen ist, dass diese Namensschilder bewusst in einer falschen Reihenfolge angebracht werden.
Beim Umsetzen des Beschlusses kam es dann dazu, dass die Beamten tatsächlich in eine „falsche“ Wohnung eindrangen, in der sie, auch zu ihrer eigenen Überraschung, auf fünf Personen trafen.
Da die Wohnung zudem unbeleuchtet war, mussten die Durchsuchungskräfte aus Eigensicherungsgründen zunächst alle Angetroffenen unter Kontrolle bringen. Dazu drückten sie zwei Männer zu Boden und hielten die Hände auf dem Rücken fest.
Bei der anschließenden Überprüfung bemerkten die Einsatzkräfte, dass sie einer Falschinformation aufgesessen waren und es sich nicht um die Wohnung des Beschuldigten handelte. Sie brachen den Einsatz sofort ab.
Durch den Einsatzleiter wurden der betroffenen Familie noch vor Ort die Hintergründe des Fehlers offenbart. Da es sich bei den Betroffenen um türkische Mitbürger handelt und um Verständigungsproblemen vorzubeugen, suchte noch am selben Vormittag ein türkischstämmiger Polizeibeamter der örtlich zuständigen Polizeiinspektion Bendorf die Familie auf.
Neben einer förmlichen Entschuldigung für die bedauerlichen Vorkommnisse, um die der Kollege im Namen der Leitung der Kriminaldirektion bat, wurde der Familie eine umfassende und unbürokratische Schadensregulierung zugesichert.
Zu diesem Zweck wurden der Familie Name und Erreichbarkeit des für die Schadensabwicklung zuständigen Sachbearbeiters der Kriminaldirektion mitgeteilt. Eine Geltendmachung des entstandenen Schadens durch die betroffene Familie ist bis heute nicht erfolgt.
Zudem wurde seitens der Kriminaldirektion Koblenz ein weiterer offener Austausch und weitere Betreuung angeboten. Die Familie lehnte alle Angebote mit dem Hinweis ab, dass Ihnen die Betreuung durch den türkischen Kollegen und die Zusicherung der Schadensregulierung als Wiedergutmachung ausreiche.
Obwohl sich bei dem Einsatz vor Ort alles so darstellte, dass meine Mitarbeiter sich sicher sein konnten, in die richtige Wohnung einzudringen, ist ein solcher Fehler im Nachhinein schwer wieder gutzumachen.
Ich nehme den bedauerlichen Vorfall zum Anlass, meine Mitarbeiter darüber umfassend zu informieren und zu unterrichten, da ein solcher Einsatz sich nicht wiederholen darf. Ich habe bereits einen Termin mit der Familie vereinbart, um mich persönlich zu entschuldigen und werde selbst Sorge tragen, dass alles getan wird, den entstandenen Schaden zu regulieren."