Wunderkinder
Literarisch-theatralischer Salon im Alten Bahnhof
Puderbach. Um das Jahrzehnt nach dem zweiten Weltkrieg weben sich viele Legenden. Das Altenkirchener Ensemble „Theattraktion“ hatte sich auf den Weg gemacht und vieles über die Zeit von 1950 bis 1959 zusammengetragen. Die Besucher des Kulturbahnhofs in Puderbach bekamen überraschende Perspektiven auf Altbekanntes und es gab auch neue Einsichten.
Das gut zweistündige Programm war unterhaltend, amüsant, aber gleichzeitig auch erschütternd und machte so manchen Besucher nachdenklich.
Während der Pianist mit Strohhut am Klavier Schlager der 50er Jahre klimpert, betreten Damen und Herren in Abendkleidung die Bühne. Die Zuschauer bekommen eine Diaschau und Rezitationen über das Ende der größten Katastrophe der Menschheit mit 50 bis 60 Millionen Toten präsentiert: „Sie hatten dem Sterben gedient…“
Weiter ging es mit dem Wunder von Bern, dem Sieg im Endspiel der Fußballweltmeisterschaft. Natürlich fehlte der Wirtschaftsaufschwung mit seinen markanten Werbeaussagen „Wer wird den gleich in die Luft gehen!“ oder „Neckermann macht’s möglich!“ nicht.
Gespenstisch muteten die Ausführungen und Bilder über den kalten Krieg und die Zündung der ersten Wasserstoffbombe an. Anhand der eingespielten Filme wurde vielen Besuchern klar, dass es nicht fünf vor Zwölf, sondern maximal eine Minute vor Zwölf war, als der Dritte Weltkrieg damals abgewendet wurde.
Geradezu pervers die Gedankenspiele, ob die Führung des Landes in tiefen Stollen den Atomkrieg überleben kann, dass man frühestens nach 100 Jahren wieder auf die Erdoberfläche kann und ein Mann zehn Frauen im Stollen braucht, um das Land wieder mit Kinder zu versorgen und den Fortbestand der Menschheit zu sichern.
Die Theatergruppe beleuchtete auch das Leben der Frauen im und nach dem Krieg. In dieser Zeit waren sie für alle Arbeiten gut, später mussten sie für die Gleichberechtigung, 1957 gesetzlich verankert, und Anerkennung im Berufsleben kämpfen.
Das Leben der Männer war charakterisiert durch den Satz: „Wir sind die geschlagene Generation.“ Rainer Feldhoff las aus seinem Buch „Waffelbruch“ und zeigte damit, wie es den Kindern in den 50ern erging. Die Liebe von Horst für seine Susanne zum Leben der Jugend wurde schauspielerisch gut rübergebracht. Ebenso die Schlussszene, als Susanne ungewollt schwanger war und dies daheim beichtete.
Sehenswert war die Darstellung des unvergessenen Heinz Erhardt. Die Zuschauer wurden zu waren Lachsalven hingerissen. Das Theaterstück endete mit einer nostalgischen Klage über verlorene Worte wie: „Knorke, Backfisch, dufte, Bahnsteigkarte und viele mehr…..“
Die Zuschauer waren am Ende nachdenklich, angetan, begeistert und quittierten die tolle Leistung der Schauspieler mit einem lang anhaltenden Applaus. Wolfgang Tischler
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