Mit Humor und Musik gegen Älterwerden: Kabarettistin Süss bringt Waldbreitbach zum Lachen
Von Helmi Tischler-Venter
Kabarett-Import aus Würzburg sorgte am Sonntagabend, 25. Februar im Hotel zur Post mit starker Stimme, unterhaltsamer Mimik, Tuba, Kontrabass und mitreißend lustigen schrägen Ideen für großartige Unterhaltung. Sängerin Birgit Süss und Musiker Klaus Ratzek sind Künstler, von deren Können man nicht genug bekommt.
Waldbreitbach. Birgit Süss beschrieb in ihrem Programm "Das Graue vom Himmel" Veränderungen von Körper und Geist, die allesamt mit dem tragischen Prozess des Älterwerdens verknüpft sind. Sympathisch schwäbelnd stellte die Fränkin fest, dass man sonderbar wird, wenn man bei alltäglichen Bewegungen Geräusche macht. Die scheinbare Gelassenheit im Alter sei lediglich der Mangel an Energie, sich aufzuregen.
Mit fortschreitendem Alter probiert man neue Aktivitäten aus, wie Weinverkostung. Bei einer Weinprobe erlernt man das nötige Prozedere, dessen wichtigster Moment das intelligente Schweigen ist, wonach man die Expertise formuliert und in dem furztrockenen Frankenwein Noten von unreifem Kardamom, Alpaka-Herrensocken und Rauhaardackel erschmeckt hat.
Auch Golfspiel hat die Kabarettistin ausprobiert und alle Vorurteile, der Sport mit dem kleinen Ball und den viel zu kleinen Löchern sei langweilig, teuer und für arrogante Schnösel, bestätigt. Ausgerechnet der Achtsamkeitskurs machte sie nervös und wild, aber für Männer ist Yoga durchaus förderlich. Gegen jede emanzipatorische Bemühung stehen so angesagte Hobbys für Frauen, wie das in Medien propagierte Aufräumen, Handlettering, das Besticken von Fotos oder die Magie des Stempeldrucks.
Mit klarer, starker Stimme gab die ausgebildete Sängerin lustige Chansons zum Besten, zum Beispiel "Weißkopfadler flieg und komm mit einer Heizdecke zurück" oder vom Warten auf ein Paket, mit dem man regen E-Mail-Verkehr gepflegt hat. Begleitet wurde sie von Klaus Ratzek am Kontrabass und an der Tuba. Die großen Instrumente spielte er orchestral und einfühlend leise, sodass der Gesang gut zur Geltung kam.
Zwischen den Chansons saß Ratzek fast bewegungslos an der Seite, aber seine Mimik bei den sehr persönlichen oder männerkritischen Textpassagen seiner Frau kommentierte er mit feiner Mimik. Im "schwäbischen Balzlied" bedankte sie sich dafür bei ihm schwungvoll mit einem Schmatz.
Musikalische Geständnisse -"Ich bin nicht mehr Natur" und "Ich bin ein Montags-Modell" - korrelierten mit Erkenntnissen: "Ab einem gewissen Alter ist Sex Denkmalpflege" und Gott beteuert angesichts der irdischen Malaise "Beim nächsten Mal, wenn ich einen Planeten erschaffe, lasse ich wieder meine Frau ran!"
Sex im Alter ist gesund und wäre mit einer Sex-App und Routenplaner noch befriedigender, aber: "Hauptsache, Schatz, ich bin dabei!" Hinterher darf man keinesfalls gemeinsam duschen, denn der altersgerechte Duschhocker hält nur 130 Kilogramm.
Süss ist für das Gendern, weil es Frauen das Überleben sichert. Die Katzenfreundin, die bereits zur Crazy Cat Lady mutiert ist, empfiehlt einen ordentlichen Check beim Tierarzt, weil der alle humanmedizinische Behandlung toppt. Wenn schon nicht Kater Carlo, so ist sie gesanglich Helga Hühnchen, das Kleingruppenhuhn. Nach anhaltendem Applaus schenkten die Künstler dem Waldbreitbacher Publikum ein kleines französisches Chanson als Zugabe.
Hoffentlich wird das fulminante Duo zukünftig wieder für einen Auftritt nach Waldbreitbach kommen. Für den 17. März hat Kai Magnus Sting zugesagt. Das Kleinkunstprogramm für die nächste Saison, die im September mit einer Lesung mit Fatih Çevikkollu startet, steht auch bereits fest. htv
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