"Back to Tarif!": Warnstreik bei Afflerbach in Puderbach
Von Angela Göbler
Die Forderung ist klar: Die Belegschaft der Afflerbach Bödenpresserei GmbH und Co. KG will zurück in den Tarifvertrag. Nachdem das metallverarbeitende Unternehmen 2020 die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie aufgekündigt hat, gingen am Mittwoch (20. März) rund 80 Beschäftigte aus dem Firmensitz in Puderbach zum Warnstreik auf die Straße.
Puderbach. "Back to Tarif" und "Tarifvertrag für Afflerbach", so die Forderung, die Mitarbeiter bei ihrem Warnstreik skandierten. Am Mittwoch gegen 13 Uhr legten sie die Arbeit nieder und machten sich vom Werksgelände aus mit Plakaten und Trillerpfeifen auf den kurzen Marsch zur Puderbacher Ortsmitte. Hier versammelten sie sich zur Kundgebung auf dem Otto-Afflerbach-Platz, der bezeichnenderweise nach dem Unternehmensgründer benannt ist.
Zum Hintergrund: Die Afflerbach Bödenpresserei war bis zum Jahr 2020 ein tarifgebundenes Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie. "Um Kosten einzusparen", so schreibt die IG Metall in einer Pressemitteilung, "hat Afflerbach die Tarifverträge gekündigt und ist im Arbeitgeberverband vem.di arbeitgeber e.V. in den Bereich ohne Tarifvertrag gewechselt."
Finanzielle Folgen für die Mitarbeiter
Die finanziellen Folgen für die Mitarbeiter sind empfindlich: Die Beschäftigten mussten seitdem auf Lohnerhöhungen verzichten und profitierten auch nicht von den Tariferhöhungen von 8,5 Prozent. Auch andere Bestandteile der bisher erzielten Tarifabschlüsse erreichten die Afflerbach-Belegschaft nicht oder nur stark eingeschränkt. Ein Beispiel: Von dem im Tarif vereinbarten Inflationsausgleich in Höhe von 3.000 Euro haben die Mitarbeiter nur einen Bruchteil erhalten, 2.160 Euro dieser Prämie sind noch offen.
Mit der untertariflichen Bezahlung soll nun Schluss sein: Seit Ende 2023 laufen Verhandlungen der Gewerkschaft mit dem Unternehmen, gegenseitige Angebote wurden gemacht, aber bisher konnte noch keine Einigung erzielt werden. Nachdem nun in der vergangenen Woche erneute Gespräche gescheitert sind, war der Warnstreik nicht mehr abzuwenden. "Wir wollen schrittweise zurück in den Tarif", umreißt Markus Eulenbach als Bevollmächtigter der IG Metall Neuwied das Ziel der in der Gewerkschaft organisierten Afflerbach-Beschäftigten.
Schrittweise zurück zum Tarif
Dabei ist den Gewerkschaftsvertretern auch klar: "Die Finanzlage des Arbeitgebers ist angespannt, ein plötzlicher Sprung auf die Tarifverhältnisse würde das Unternehmen finanziell überfordern", so dämpft Eulenbach die Erwartungen. "Aber wir wollen uns auf den Weg machen und es muss eine Richtung erkennbar sein."
Das Unternehmen befindet sich derzeit nach Gewerkschaftsangaben in einem Sanierungsprozess, Corona und Jahre mit negativem Betriebsergebnis haben Kerben geschlagen. Nachdem die Zahlen wieder besser werden, fühlen sich die Mitarbeiter aber nicht auf dem Weg mitgenommen, denn unter ihnen wächst derweil der Unmut: Das Unternehmen feiert in diesem Jahr sein 90-jähriges Bestehen, aber in den Augen der Belegschaft bewegt es sich immer weiter weg von einem attraktiven Arbeitgeber.
"Uns fehlt die Wertschätzung", ärgern sich die Mitarbeiter, die sich von finanziellen Möglichkeiten abgeschnitten fühlen. Für den Betriebsratsvorsitzenden Fernando Stein haben die Kollegen nun genug Abstriche hingenommen: "Wir wollen faire Löhne für faire Arbeit, damit Afflerbach ein attraktiver Arbeitgeber bleibt."
Denn in den Augen der Belegschaft entwickelt sich mittlerweile ein echtes "Generationenproblem" in dem Traditionsunternehmen: Eine wachsende Anzahl der rund 230 Beschäftigen haben bereits bei Neueinstellung Arbeitsverträge erhalten, die den Hinweis auf die Tarifverträge gar nicht mehr enthalten. Eine "Zwei-Klassen-Gesellschaft" innerhalb der Firma droht.
Gespräche gehen weiter
Der Warnstreik am Mittwoch sollte nun seitens Gewerkschaft ein Signal an den Arbeitgeber sein: "Das ist noch eskalierbar", stellt Markus Eulenbach klar. Die Gespräche gehen derweil weiter: Gewerkschaft und Mitarbeiter wollen den Afflerbach-Gesellschaftern Gespräche anbieten, in denen konkrete Ideen für eine Verbesserung im Betrieb, für Kostenersparnisse und bessere Organisation angesprochen werden sollen.
Am Freitag, 12. April, soll dann die nächste Verhandlungsrunde stattfinden, über deren Ergebnisse die Beschäftigten in einer Mitarbeiterversammlung am Samstag, 13. April, entscheiden werden. Ob dann ein abstimmbares Angebot auf dem Tisch liegen oder ob der Arbeitskampf eskalieren und in die nächste Runde gehen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Nach dem Warnstreik sind die Beschäftigten nach der kurzen Arbeitsniederlegung wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt. (Angela Göbler)
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