Tabus durchbrechen oder Voyeur spielen?
Fachtagung zum Opferschutz in den Medien des Regionalen Runden Tischs Rhein-Westerwald – Falsche Berichterstattung schadet den Opfern
Da werden Nachbarn als Interviewpartner bezahlt, um Originaltöne zu bekommen, da wird ein Opfer von Gewalt mal eben gegen jede Absprache zum Tatort gebracht, um einen authentischen Schauplatz zu haben oder Kinder einem Blitzlichthagel ausgesetzt, damit man bewegende Bilder veröffentlichen kann.
Solch schockierende Geschichten wussten der Psychotherapeut Thomas Weber von TraumaTransformConsult, Ann-Kirstin Kowarsch von der Frauenbegegnungsstätte UTAMARA, die Rechtsanwältin Martina Lörsch und die Journalistin Claudia Fischer vom DART-CENTER für Journalism & Trauma auf der Fachtagung des Runden Tisches Rhein-Westerwald zur Darstellung von Gewaltopfern zu berichten. Eine solche Form der Berichterstattung schade den Opfern, erzeuge falsche Bilder von Tätern und Opfern und widerspräche dem eigentlichen Berufsethos von Journalisten.
Die Fachtagung, die vom Ministerium für Integration, Kinder, Familie, Jugend und Frauen unterstützt wurde zeigte jedoch auch Alternativen auf.
Bei Amokläufen, Unfällen aber auch bei sexueller Gewalt, Überfällen oder Naturkatastrophen erleben Betroffene einen absoluten Kontrollverlust. Mit diesem Trauma finden viele Gewaltopfer - aber auch jene Menschen, die helfen oder über solch dramatische Ereignisse berichten müssen - häufig nur sehr schwer wieder in ein für sie normales Leben zurück.
Eine besonnene und vor allem sensible, rücksichtsvolle Berichterstattung kann bei diesem Weg in den Alltag helfen. Sie kann die Isolation vieler Opfer überwinden helfen, sie kann Opfern das Gefühl der Kontrolle über Situationen zurück geben und kann die individuell erlebte Gewalt in einen größeren gesellschaftlichen Kontext stellen.
Dass eine solche Art der Berichterstattung sich etabliert, daran arbeitet insbesondere das DART-Centre für Journalism & Trauma, aber auch TraumaTransformConsult mit Schulungen und Handreichungen für Journalisten.
Alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen waren sich darin einig, dass ein kontinuierlicher Kontakt zu den Vertreterinnen und Vertretern der lokalen Medien und eine gezielte Medienarbeit die beste Prävention gegen jene voyeuristische Darstellung ist. Nahezu groteske Medienauftriebe überregionaler oder gar internationaler Medien seien jedoch kaum zu vermeiden.
"Eine Boulevardisierung der Medien, Quoten- und Zeitdruck und eine Entregionalisierung von Nachrichten sind nicht zu verleugnen", stellte Fischer nicht ohne Bedauern fest.
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