Neues Heimat-Jahrbuch 2025 für den Kreis Neuwied ist erschienen
In diesem Jahr jährt sich die Herausgabe der bis 1970 "Heimatkalender" genannten Schriftenreihe zum 100. Mal. Im November 1924 erschien der erste Jahrgang des Heimatkalenders für den Kreis Neuwied, herausgegeben vom "Kreisausschuß Neuwied" zum Preis von 50 Pfennig.
Isenburg. Landrat Achim Hallerbach stellte das somit einer langen Tradition folgende neue Jahrbuch für das Folgejahr 2025 gemeinsam mit den Autoren und dem Redaktionsteam in Isenburg vor. Sein Cover ziert ein aus südwestlicher Richtung eingefangener Blick auf das idyllisch gelegene Ensemble der Isenburg und der katholischen Kirche St. Katharina.
Dass die Ruinen der zweitältesten Burganlage des Landkreises erhalten und für die Nachwelt konserviert werden, ist dem im kommenden Jahr vor 20 Jahren gegründeten Freundeskreis der Isenburg zu verdanken, der seitdem mit viel Engagement und Herzblut die Instandsetzung der einzelnen Bauteile vorantreibt, maßgeblich finanziert durch Beihilfen des Landes und Bundes.
Im Kalendarium werden auch die übrigen Schlösser und Burgen des Landkreises abgebildet, nicht in ihrem aktuellen Erscheinungsbild, sondern als alte Ansichten des 17. bis 19. Jh., vornehmlich in Form von Kupferstichen.
Mit einer Auflagenhöhe von knapp 2.300 Exemplaren zählt das 448 Seiten starke Heimat-Jahrbuch zur bemerkenswertesten Lektüre seiner Art in Rheinland-Pfalz. Als reiches Kompendium heimatkundlicher; aktueller wie historischer Beiträge gibt es in altbewährter Form Einblick in die Kreis- und Stadtgeschichte. Obgleich die Papier- und Energiepreise sich mehr als verdoppelt haben, hat der Kreis das Preisniveau der letzten Jahre gehalten und verkauft das Buch ab sofort für acht Euro bei den Buch- und Zeitschriftenläden; es kann aber auch in den Bürgerbüros der Stadt- und Verbandsgemeindeverwaltungen sowie selbstverständlich direkt im Bürgerbüro des Kreishauses sowie im Roentgen-Museum erworben werden. Größere Mengen können dort unter 02631/803-379 geordert werden. Bei Bestellungen von mehr als zehn Exemplaren gibt es einen Vorzugspreis von 7,50 Euro.
Mit einem großen Dankeschön an die Mitglieder des Redaktionsausschusses - stellvertretend und allen voran Dr. Lahr für die langjährige Federführung in Lektorat und Bebilderung des Jahrbuches - endeten die Worte des Landrats; bevor letzterer die einzelnen Beiträge darlegte.
Inhaltliches:
Per Nachruf wurde zweier Persönlichkeiten gedacht, die sich für den Landkreis Neuwied verdient machten: So Fred Emps, Hobby-Archäologe aus Much, der zusammen mit den Landesarchäologen und Dr. Dr. Lind zum Beispiel die 1.200 Jahre alte Ringwallanlage Altenburg Bodemsnück ergraben hat. Und Prinz Metfried zu Wied, jüngerer Bruder des im nächsten Jahr bereits vor fast 25 Jahren verstorbenen Fürsten Friedrich Wilhelm, der sich Jahrzehntelang um Burg Runkel und dessen Instandsetzung verdient machte und dessen vornehme und bescheidene Art Eindruck hinterließ.
In den ersten drei Fachaufsätzen wird Bezug genommen auf die Isenburg, Sitz des gleichnamigen Adelsgeschlechts, das seit dem frühen 12. Jahrhundert hier residierte. Zunächst steht der Freundeskreis der Burg im Fokus, durch dessen beherztes Agieren seit 20 Jahre die Ruine vor dem weiteren Verfall bewahrt wird. Welche Isenburger an den Kreuzzügen teilnahmen und dass der von vielen dieses Geschlechts geführte Name Salentin eine Abwandlung von Saladin ist, erläutert ein gut recherchierter Bericht, ebenso ein solcher zur Heiratspolitik der "Salentinischen" Linie, die dadurch die zahlreichen Erbteilungen kompensierte und zu einem der angesehensten Geschlechter im rheinischen Uradel avancierte.
Dass die Leutesdorfer Pfarrkirche dem Hl. Laurentius geweiht ist und dieser an zahlreichen Weinorten als Schutzpatron der Reben verehrt wird, beschreibt ein Aufsatz; dass die Zehntherren des Kirchspiels Unkel diese Abgabe auch hauptsächlich aus Trauben zogen und maßgeblich die Kölner Domküsterei davon profitierte, ein weiterer.
Zwei Beiträge nehmen Bezug auf konkrete Ereignisse des 17. Jahrhunderts, so die Auswirkungen des verheerenden 30-jährigen Krieges auf die nördliche Kreisregion um Rheinbreitbach sowie die Bestandsaufnahme des kurkölnischen Amtes Altenwied - hier nun der Honschaft Krautscheid - im bekannten Lagerbuch von 1660.
Die Abmarkung von Grenzen war einst oft mit Streitigkeiten verbunden, dies bezeugt auch ein Wingert seltsamen Namens an der Grenze zwischen Rheinbreitbach und Honnef, früher Kurköln und Berg, heute NRW und RLP; die hierzu gesetzten Grenzsteine - namentlich der Abtei Marienstatt - sind in situ Kleindenkmäler, umgesetzt jedoch keine mehr.
Lepra oder "Aussatz" suchte im Mittelalter auch das Rheinland heim, sogenannten "Siechenkreuze" oder der Hinweis auf Siechenhäuser erinnern heute noch daran. Der plötzliche Tod des zunächst in kaiserlichen, später preußischen Diensten kämpfenden "Generals Neuwied" auf Monrepos im Oktober 1765 gibt Rätsel auf.
Zwei Beiträge sind der bedeutenden Kunstschreinerdynastie Roentgen gewidmet; bei einem steht das oft schwierige Verhältnis zu der Brüdergemeine im Fokus, beim anderen der Erfolg aus der Manufaktur hervorgegangener Möbelkünstler, die zum Teil als Hofschreiner später selbst Karriere machten und deren Kreationen im Vorjahr im Roentgen-Museum zu bewundern waren.
Als Weinkompetenz oder Weindotation bezeichnete man im Rheinland die Ausstattung des Pfarrers vor Ort zur Bestreitung seines Lebensunterhalts, so auch in Unkel.
Die Grabrede des Grubenbesitzers Bleibtreu zum tragischen Unglück eines jungen Mitarbeiters 1803 in Rheinbreitbach gibt Einblicke in die gefährliche Arbeit unter Tage und über das "Grubenlatein", die damaligen bergmännischen Fachtermini.
Die Rettung der alten Schule in Oberhonnefeld gibt Anlass, die örtliche Schulgeschichte zu beleuchten. Dass die Linzer Casino-Gesellschaft ähnlich der Neuwieder eine lange Geschichte mit eigenem Gebäude vorhielt, verraten fundierte Archivrecherchen.
Wiederholt steht der Sozialreformer FW Raiffeisen als Bürgermeisters Heddesdorfs im Fokus, diesmal jedoch gepaart mit den vermeintlichen Einflüssen seines gleichzeitig vor Ort wirkenden väterlichen Freundes und Mentors Pfarrer Kauffmann. In vierter Folge lassen die Eintragungen der Kirchenbücher nicht nur zwischen den Zeilen lesen, sondern weisen offen auf Kuriositäten in den Biografien mancher Gemeindemitglieder hin.
Neben Mehl- und Ölmühlen erzeugten Knochenmühlen zwar nichts Essbares, aber wertvollen Dünger zur Förderung des Pflanzenwuchses. Die Historie einer solchen bei Niederraden setzte 1845 ein, war nur kurz, aber besonders. Die zeitgleich in der Region grassierenden Masern waren vornehmlich für Kinder bedrohlich, 1842 wurden 32 Todesfälle in drei evangelischen Gemeinden gezählt, eine Zahl, die sich jedoch mit der Zeit merklich minderte.
Wieso eine kleine Missionsstation auf einer Insel im afrikanischen Victoriasee den Namen Neuwied bekam, resultiert aus dem Vorsitz des Fürsten Wilhelm zu Wied im Dt. Antisklaverei-Komitee.
Reime und Sprüche - seit dem 19. Jahrhundert fein verpackt und analog in Poesiealben verewigt - werden heute von der Jugend digital per TikTok, Instagram und Facebook bedient.
Das gleiche Schicksal könnte der Weihnachtspost drohen, eine Karte von 1904 an das fürstliche Haus Wied offenbart familiäre und freundschaftliche Bezüge zum niederländischen Königshaus.
Ein kleiner Exkurs zum Bau des Neuwieder Elisabeth-Krankenhauses vor über 125 Jahren ließ damals deren heutige Expansion im Gesundheitswesen der Stadt noch nicht erahnen.
Die von Nachfahren der Familie Seul seit 2020 revitalisierten alten Senfrezepturen gehen zurück auf ein Merkbuch der gleichnamigen Irlicher Senffabrik, die 1902 gegründet wurde und 1944 im Bombenhagel unterging.
Zum Nachdenken regt der Wandel in der Erinnerungskultur für vergangene Kriege an, der sich in Rheinbreitbach exemplarisch anhand dreier Monumente weg vom Heldengedenken bis zum mahnenden "Nie Wieder" aufzeigen lässt.
Drei Etappen des Straßenausbaus der L 252 zwischen Unkel und Kretzhaus beziehungsweise 1930 und 1994 lassen erkennen, welche Hürden überwunden und Bauten fallen mussten, um zielführend zu agieren.
Der Brochenbacher Talweg mit der gleichnamigen Mühle hingegen konnte - da kaum frequentiert - seinen ursprünglichen Charakter bewahren und bietet einen besonderen Naturgenuss.
Dem erst 1963 abgeschlossenen Wiederaufbau der Engers-Urmitzer Eisenbahnbrücke nach der Sprengung von 1945 ist ein interessanter Beitrag mit zahlreichen historischen Fotos gewidmet.
Gleiches gilt für einen Aufsatz über das große Hochwasser von 1955, das zur Bewährungsprobe für den erst 25 Jahre zuvor fertiggestellten Deich wurde und dessen Abfolge dezidiert beschrieben wird, gefolgt von ganz aktuellen Eindrücken zweier Hochwasserwellen im Winter 2023/24.
Unter Notizen zum Rhein werden die Abfolge rheinromantischer Darstellungen des 17. bis 19. Jahrhunderts in Wort und Bild mit einer hydrografischen Analyse desselben von der Schweiz bis zur Mündung in die Nordsee verbunden.
Die Erdzeitenuhr in Niederbieber lässt erkennen, wie verschwindend kurz der Abschnitt ist, seitdem menschliches Leben auf dem Erdball existiert (eine Minute von 1.440 Minuten eines Tages).
Mehr als 90 Jahre bereichert die Edmundshütte die Höhen über dem Weinort Leutesdorf als Einkehrort mit Fernblick. Mit zwei Mundarterinnerungen in Neuwidder und Biewerer Platt sowie Besprechungen der seit dem Vorjahr erschienenen heimatkundlichen Literatur endet das Jahrbuch. red
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