Pressemitteilung vom 04.12.2024
Klimawandel und Bauplanung: Hochwasserschutz als Priorität bei neuen Wohnquartieren in Neuwied
Die Planung neuer Wohnquartiere in Neuwied wird von der SPD begrüßt, allerdings darf die Hochwassergefahr nicht aus den Augen verloren werden. Bei einer Informations- und Austauschrunde mit Experten wurden die Herausforderungen diskutiert und mögliche Lösungsansätze erörtert.
Neuwied. Über 30 Jahre ist es her, dass das letzte große Rheinhochwasser mit einem Pegel von 10,28 Meter die Stadt Neuwied bedrohte. Damals blieben weniger als einen Meter Platz bis zur Oberkante des Neuwieder Deichs. "Das kann jederzeit wieder passieren", warnt Wilfried Hausmann, ehemaliger städtischer Amtsleiter für Feuer-, Hochwasser- und Katastrophenschutz, der heute bei den SWN die Überflutungsvorsorge betreibt. Dieter Hünerfeld, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, betont dabei die Bedeutung des Hochwasserschutzes für die gesamte Stadt Neuwied und fordert eine genaue Prüfung der Auswirkungen auf den Hochwasserschutz bei der Planung der geplanten Wohnquartiere im Yachthafen und auf dem ASAS-Gelände. Sein Stellvertreter Florian Haubrich fügt hinzu: "Wir wollen frühzeitig nachhaken, dass am Ende kein böses Erwachen kommt".
Die Klimaerwärmung sorgt laut Hausmann für mehr Verdunstung und damit entweder für Starkregen oder lang anhaltenden Regen, der die Flusspegel ansteigen lässt. Letzterer, wie jüngst an der Saar, sorgt für steigende Flusspegel. Für Neuwied am Rhein, gleich hinter dem Zulauf der Mosel, ist das ein besonderes Thema. Früher oder später kommt hier die Entwässerung einer Fläche von 139.000 Quadratkilometer vorbei. Während der Deich in Engers kürzlich für 10 Millionen Euro neu und höher gebaut wurde, um den veränderten klimatischen Bedingungen Rechnung zu tragen, ist der Neuwieder Deich nach heutigen Erkenntnissen recht niedrig. "Kommt es zu einem HQ Extrem, gelangt das Hochwasser bis nach Heddesdorf", unterstreicht Hausmann. Panik machen möchte er nicht, aber ein einhundertjähriges Ereignis bedeute eben auch, dass die Wahrscheinlichkeit es zu erleben, bei immerhin 55 Prozent liegt. Vor diesem Hintergrund geht er davon aus, dass hochwasserangepasstes Bauen beim städtebaulichen Entwicklungskonzept Rasselstein Areal ein Thema ist.
"Hat der Graf bei der Stadtgründung das Hochwasser unterschätzt?", wollte eine Besucherin wissen. Hausmann berichtete, dass der Rhein im Jahr 1653 noch 61 Kilometer länger war. Im 18. Jahrhundert erfolgte eine Begradigung, bei der Retentionsräume und damit Überschwemmungsflächen verschwanden. "Heute ist man klüger", sagte Hausmann mit Verweis auf Flächen und Flussauen, die man den Flüssen zurückgibt. Immerhin: Vor einem plötzlichen Rheinhochwasser braucht sich keiner zu sorgen. Der Rhein sei ein sehr träger Fluss, der viel Wasser aufnehmen kann und dessen Pegel drei Tage vorab ziemlich genau zu bestimmen ist. Anders sehe es bei Starkregen mit Sturzfluten aus. Beim jüngsten Ereignis in Spanien fielen in acht Stunden 491 Liter Regen. Zum Vergleich: Die durchschnittliche jährliche Regenmenge in Berlin beträgt 576 Liter.
Hausmann wünscht sich, dass die Stadt Neuwied solchen Gefahren unter dem Schlagwort "Schwammstadt" mehr Aufmerksamkeit widmet. Der neue Marktplatz sei so ziemlich das Gegenteil davon. Das geplante Gründach der Tourist-Info immerhin ein (symbolischer) Anfang. Dem Vorschlag einer Besucherin nach mehr Zisternen, um die Kanäle zu entlasten, erteilte er in der Innenstadt aufgrund des Grundwasserspiegels zwar eine Absage. Gerade in Neubaugebieten wären Zisternen aber eine Alternative zu den Pumpbauwerken, die auf Kosten aller Gebührenzahler errichtet werden. Abschließend versprach Florian Haubrich, dass die SPD am Thema dran bleiben werde und den Deich mehr in den Fokus rücken möchte. Der konkrete Vorschlag des Ortsvereins: Die Verlegung des Deichinformationszentrums in das geplante Museum für Klimawandel (Deichkrone). (PM/red)
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