Werbung

Nachricht vom 10.01.2025    

Nicole nörgelt … über Blaumacher und Kollektivstrafen

Von Nicole

GLOSSE | Nach den letzten Studien ist Deutschland nicht mehr das Land der Dichter, Denker und Ingenieure, sondern das Land der Blaumacher und Rekordhalter bei den Krankmeldungen. In jedem Jahr entfallen durchschnittlich mehr Krankentage auf jeden Arbeitnehmer. Und prompt kommen schon wieder haarsträubende Ideen zur Reduzierung der Krankentage aus der Politik und von den Versicherungen.

(Foto: Pixabay

GLOSSE! Es ist Grippe- und Erkältungszeit und natürlich trifft es auch die arbeitende Bevölkerung. Im Gegensatz zur nicht arbeitenden Bevölkerung müssen diese Leute sich dann aber bei ihrem Arbeitgeber krank melden. Was mich daran stört, ist die kollektive Verurteilung aller Arbeitnehmer, wenn es heißt: "Jeder Arbeitnehmer war im Jahr 2023 durchschnittlich 26,21 Tage krankgeschrieben. Und nach den ersten neun Monaten in 2024 war der Krankenstand auf einem Rekordhoch." Ist ja alles schön und gut, aber auf wie viele Arbeitnehmer trifft das denn nun zu? Auf mich und alle Mitglieder meiner Familie auf jeden Fall mal nicht. Was wieder zeigt, dass Statistiken zwar schön und gut sind, aber nicht in jedem Fall aussagekräftig.

Lohnkürzung für "Blaumacher", aber auch alle anderen
Der wirklich haarsträubende Vorschlag, künftig die Bezahlung für den ersten Krankheitstag auszusetzen, um die – nennen wir sie mal – "Blaumacher" abzustrafen, die ihr Wochenende schonmal mit einer Krankmeldung für Freitag oder Montag verlängern, ist eine absolute Frechheit all denen gegenüber, die eben nicht für jede Kleinigkeit zum Arzt gehen und sich dann direkt für eine ganze Woche krankschreiben lassen. Das erinnert ein bisschen an die Grundschulzeit, wenn es hieß: "Solange das hier nicht aufgeräumt ist, geht keiner in die Pause" oder "Solange wir nicht wissen, wer die Tafel beschmiert hat, schreiben alle eine Strafarbeit". Liebe Leute, wir sind doch nicht mehr im Mittelalter. Viele von uns brauchen einfach diesen einen oder maximal einen zweiten Tag zu Hause, um ihren Schnupfen oder ihre Magenverstimmung auszukurieren. Aber bitte, wenn diese Leute, die ihrer Firma lieber zügig wieder zur Verfügung stehen wollen, jetzt mit Gehaltsabzug bestraft werden sollen, dann wird ihnen nichts Anderes übrig bleiben, als sich künftig krankschreiben zu lassen und dann bleibt es eben nicht bei einem Tag. Das ist ja dann bestimmt eine eklatante Verbesserung der Situation, denn hier glaubt doch niemand ernsthaft, dass die, die keine Lust zum Arbeiten haben, sich dann in Zukunft nicht einfach krankschreiben lassen. Mit telefonischer Krankmeldung ist das doch alles kein Problem mehr – ein Anruf morgens aus dem warmen Bett, der "gelbe Schein" wird online an den Arbeitgeber geschickt und das war es dann.



Frust am Arbeitsplatz
Für die, die einfach immer zuverlässig ihrer Arbeit nachgehen, ist dieser Vorschlag ein Schlag ins Gesicht und wird wohl nur zu Frust führen, der dann darin endet, dass man entweder krank zur Arbeit geht und sich selbst und den Kollegen schadet oder sich künftig einfach krankschreiben lässt, statt sich einen Tag zu Hause auszukurieren. Und wo kommen diese statistisch ermittelten Krankentage pro Jahr denn nun her? Natürlich fließen in diese Statistik alle schwer- und langzeiterkrankten Menschen ein – also Leute, die wegen einer schweren Erkrankung über Wochen und Monate nicht arbeiten können, auch wenn sie gerne würden. Dazu kommt, dass in vielen Berufen – denn es gibt ja nicht ausreichend Fach- und Arbeitskräfte – die steigende Belastung für den Einzelnen und immer weniger Anerkennung zu Unzufriedenheit und Erschöpfung führen.

Keine Belohnung mehr für Leistung und Zuverlässigkeit
Da werden in der Krankenpflege und in der Industrie Weihnachtsgratifikationen gestrichen, weil angeblich kein Geld da ist, gleichzeitig wird aber an jeder Ecke Geld für unnützen Kram rausgeworfen. Liebe Politiker, ein solches Verhalten trägt nicht dazu bei, die Arbeitsmoral und Motivation zu steigern. Denn für viele Arbeitnehmer ist bei steigenden Belastungen und immer höheren Abgaben das Weihnachtsgeld schon lange kein Luxus mehr, sondern wird fürs nackte Überleben gebraucht, um die defekte Waschmaschine oder die fällige Autoreparatur zu bezahlen. Vielleicht denken die hohen Herrschaften künftig einmal ein bisschen nach, bevor sie mit irgendwelchen tollen Vorschlägen um die Ecke kommen, die wieder einmal nur denen schaden, die versuchen, den Laden hier am Laufen zu halten und ihre Leistung zu bringen. Die "Blaumacher" und "Arbeitsverweigerer" gehen wegen einer solchen Sanktion bestimmt keinen einzigen Tag mehr arbeiten.

In diesem Sinne, liebe Leser, wehren Sie sich gegen willkürliche Kollektivstrafen und fordern Sie ein, was Ihnen zusteht – nämlich Anerkennung für gezeigte Leistung. Wenn wir nicht wieder dahin kommen, dass Leistung auch belohnt wird, wird es in Zukunft nicht mehr viele Leistungsträger geben.

Ihre Nicole



Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Neuwied mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.



Mehr dazu:   Nicole nörgelt  
Lokales: Puderbach & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion

Anmeldung zum NR-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Neuwied.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Region


Zwei Vereine aus dem Landkreis Neuwied gewinnen bei "SWR4 Vereint"

Zwei engagierte Vereine aus dem Landkreis Neuwied haben im Rahmen des Wettbewerbs "SWR4 Vereint" jeweils ...

"Mach-MI(N)T-Tag" in Koblenz: Berufliche Chancen in der Metall- und Elektroindustrie entdecken

Der "Mach-MI(N)T-Tag" am Mittwoch, 30. April, bietet jungen Menschen spannende Einblicke in die MINT-Berufe ...

Verbraucherzentrale RLP warnt: Vorsicht bei ETA-Anträgen für Großbritannien

Seit April 2025 benötigen Reisende eine elektronische Genehmigung, die sogenannte ETA, um nach Großbritannien ...

Neuwied engagiert sich gegen Rassismus: Ein vielfältiges Programm für Integration

In Neuwied setzen sich zahlreiche Akteure aktiv gegen Rassismus ein. Im Rahmen der Internationalen Wochen ...

Harveys zweite Chance: Ein Leben mit Herausforderungen

Harvey, ein Widderkaninchen, hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Nachdem er nach vier Jahren aus ...

Aufatmen in der Innenstadt: Insolvente Baufirma wird übernommen

Aufatmen in der Innenstadt: Die Sanierung der Schloßstraße geht nahtlos weiter - trotz der Insolvenz ...

Weitere Artikel


Gesundheit im Blick: Die Bedeutung der Krebsfrüherkennung

Der Jahreswechsel bietet eine ideale Gelegenheit, die eigene Gesundheit in den Fokus zu rücken. Neben ...

SPD Wahlkreis Neuwied/Altenkirchen: Jan Hellinghausen wurde zum Direktkandidaten gewählt

Die SPD im Wahlkreis 196 Neuwied/Altenkirchen hat einen neuen Direktkandidaten für die Bundestagswahl ...

Sprache beherrschen, mit Werten identifizieren: 26 neue Mitbürger aus dem Kreis Neuwied

Während der Jahreswechsel für die meisten Menschen nur rein kalendarisch eine Rolle gespielt haben dürfte, ...

Hochwasser stoppt Fährverkehr zwischen Remagen und Linz

Der Fährbetrieb zwischen Remagen-Kripp und Linz wird aufgrund steigender Pegelstände des Rheins eingestellt. ...

Schwerer Unfall auf der A 48: Alkoholisierter Fahrer verursacht Kollision

Ein schwerer Verkehrsunfall ereignete sich am Donnerstag (9. Januar) auf der A 48 in Richtung Koblenz. ...

Jan Einig lädt zur Sprechstunde in Rodenbach

Neuwieds Oberbürgermeister Jan Einig setzt auf direkten Austausch mit den Bürgern. Am 29. Januar öffnet ...

Werbung