Oberbürgermeisterkandidat Sven Lefkowitz im Interview
Von Wolfgang Tischler
Am 23. Februar wird parallel zur Bundestagswahl auch der Oberbürgermeister der Stadt Neuwied für die nächsten acht Jahre gewählt. Wir haben uns mit dem Kandidaten Sven Lefkowitz unterhalten.
Wie stehst Du zu dem Punkt Silvesterfeuerwerk, da gab es in Neuwied ja zwei Großbrände
Es ist wirklich tragisch, was da passiert ist. Mit dem Engerser Lokschuppen und dem Wohnungsbrand in Heddesdorf hat es gleich zwei schlimme Ereignisse gegeben. In Heddesdorf hat ein junger Mann sein Zuhause verloren und steht praktisch vor dem Nichts. Leider hat er nicht den notwendigen Versicherungsschutz. Um diesen Herrn kümmere ich mich persönlich und helfe, wo ich kann.
In Engers und auch darüber hinaus gab es eine Welle der Solidarität. Ich bin da sehr zuversichtlich, dass am Ende auch eine gute Lösung entsteht. Meiner Unterstützung kann man da sicher sein.
Verbote von Feuerwerk helfen nur, wenn sie auch umgesetzt und sanktioniert werden können. Ich denke aber, dass wir wirklich darüber sprechen müssen, wie mehr Sicherheit möglich ist. Hier müssen wir auch in allen Stadtteilen schauen und darüber sprechen, gibt es zentrale Plätze, auf denen man ein Angebot machen kann? Wie kann dieses aussehen? Wie sind die Erfahrungen anderenorts? Was können wir für uns daraus entwickeln?
Du kandidierst als Oberbürgermeister für die Stadt Neuwied. Wie siehst Du Dich in der Politik?
Mir ist wichtig, „nah bei de Leut`“ zu sein, wie Kurt Beck das immer formuliert hat. Was nützt denn die ganze Politik, wenn sie sich nicht um die Sorgen und Nöte der Menschen kümmert? Was nützen Politiker, die die Menschen nicht achten, ihre Probleme nicht sehen? Wir brauchen nicht mehr Politiker mit lautstarken halbgaren Forderungen, sondern wir brauchen gerade in diesen schwierigen Zeiten: Mehr Lösungen. Mehr Respekt und mehr Wertschätzung. Wir brauchen Politik mit Herz und Verstand! Wir brauchen Verbindlichkeit und Vertrauen. Dafür stehe ich. Ich trage Neuwied in meinem Herzen!
Du hast sicherlich schon Ideen …
Ich bin davon überzeugt: "Neuwied kann mehr!" Hier leben großartige Menschen und das ist das wichtigste Potenzial. Potenzial für mehr! Für besser!
Kannst Du mal einige Punkte nennen
In der Stadtverwaltung herrscht in großen Teilen keine gute Stimmung. Wir sehen, dass viele langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigen, neue nur sehr schwer zu finden sind. Damit gehört zu den wichtigsten Aufgaben, dass die Kolleginnen und Kollegen wieder Spaß und Motivation bei ihrer Arbeit haben, dass wir Mitarbeitende gewinnen, nicht verlieren. Als jemand, der aus der Pflege kommt, bin ich mit solchen Herausforderungen im Betrieb bestens vertraut und bin überzeugt davon, dass ich hier eine Veränderung herbeiführen kann. Kreativität kann nur dort entstehen, wo man sie zulässt. Zudem möchte ich eine Stadtverwaltung als Dienstleister für alle, ohne Barrieren. Die Digitalisierung muss vorangetrieben werden, da geht noch viel mehr – aber ohne, dass sich Menschen abgehängt fühlen. Wer mit digitalen Angeboten nicht zurechtkommt, muss immer auch die Alternative haben!
In unserer Stadt fehlt Wohnraum, den sich Menschen mit kleinem oder mittlerem Geldbeutel noch leisten können. Das muss eine Hauptaufgabe werden. Bezahlbare Wohnungen für die Menschen in unserer Stadt. Wir müssen Leerstand bekämpfen, wir müssen mehr sozialen Wohnungsbau betreiben. Wir müssen bei allen zukünftigen Bauprojekten bezahlbaren Wohnraum schaffen. Ich bin überzeugt davon, da geht viel mehr, wenn man will.
Bei den Themen Schule und Kindertagesstätten habe ich in der Vergangenheit immer wieder gefordert, das zu einem echten Aufgabenschwerpunkt zu machen. Es kann und darf nicht sein, dass Menschen nicht ins Erwerbsleben können, weil die Kinderbetreuung nicht gesichert ist. Hier lässt sich mehr erreichen, man muss es aber auch wollen.
Ein weiterer Punkt ist das Thema Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit. Hier hat die Bevölkerung das Gefühl, dass das in Neuwied nicht in Ordnung ist. Diesem Thema müssen wir uns offensiv stellen, ein Bündel von Maßnahmen mit den Bürgerinnen und Bürgern entwickeln. Ich habe den Eindruck, die Menschen in unserer Stadt warten nur darauf.
Es gibt noch viele weitere Themen zu nennen: Klimaschutz durch regenerative Energien, den Schutz vor Starkregen, das Ziel, wieder Schifffahrt in Neuwied zu haben, die Belebung der Innenstadt durch mehr Menschen, Tempo 30 und Fahrradstraßen, eine Wirtschaftsförderung die mehr ist, als die Erschließung riesiger Gewerbeflächen auf gut Glück, ohne dafür Sicherheiten zu haben.
Was hast Du als Fachmann in puncto Gesundheit künftig im Programm?
Ich werde mich mit ganzer Kraft für eine gute Gesundheitsversorgung und Pflegelandschaft einsetzen. Gerade die aktuelle Diskussion um das DRK-Krankenhaus zeigt, wie wichtig hier eine seriöse Beschäftigung ist. Deshalb habe ich auch Staatsminister Clemens Hoch nach Neuwied eingeladen. Ich bin ich fest davon überzeugt, dass wir gemeinsam in unserer Heimatstadt auch hier einiges erreichen können. Es geht um medizinische und pflegerische Grundversorgung gleichermaßen. Das wird immer wichtiger gerade durch die älter werdende Gesellschaft.
Was dürfen die Stadtteile von Dir erwarten?
Aus den Stadtteilen höre ich ganz oft, dass man sich vernachlässigt fühlt, dass die Stadtteile vergessen werden. Menschen, die sich und ihre Anliegen nicht wahrgenommen fühlen, werden sich nicht oder irgendwann nicht mehr mit ihrer Stadt identifizieren, sich nicht mehr engagieren. Gerade die Ehrenamtlichen in Vereinen und Organisationen sind unverzichtbar. Sie brauchen Unterstützung und nicht immer mehr Hürden. Die Stadtteile brauchen mehr Aufmerksamkeit, sie brauchen Einkaufsmöglichkeiten und Orte der Begegnung. Wir brauchen in allen Stadtteilen Begegnungsstätten für alte und junge Menschen, für Vereine und Veranstaltungen. Die Stadtteile brauchen intakte Straßen und barrierefreie Wege. Sie brauchen Wohnraum und Versorgungsstrukturen für ältere Menschen.
Sven erzähle unseren Lesern abschließend etwas zu Deinem Lebenslauf
Ich bin im Alter von noch nicht zwei Jahren mit meiner alleinerziehenden Mutter und meinen beiden Geschwistern nach Neuwied gekommen. Nicht einfach in dieser Zeit (1970) damals, und sicherlich auch prägend. In Oberbieber aufgewachsen, bin ich noch zu meiner Schulzeit am Werner-Heisenberg-Gymnasium in meine eigene Wohnung in Heddesdorf gezogen, wo ich mittlerweile Ortsvorsteher sein darf. Neben der Schule hatte ich notwendigerweise einige Jobs und war schließlich der erste in der Familie, der Abitur gemacht hat.
Bereits als junger Mann entschloss ich mich, mich politisch zu engagieren. Dann ging es recht schnell und ich wurde bereits 1994 Mitglied des Stadtrates. Nach meinen Aus- und Weiterbildungen durfte ich auch beruflich große inhaltliche und wirtschaftliche Verantwortung übernehmen. Ich war verantwortlich für über 100 Mitarbeitende und noch mehr pflegebedürftige Menschen in den Einrichtungen. Ich durfte zwei Jahre Mitglied im rheinland-pfälzischen Landtag sein. Aktuell baue ich die Ombudsstelle Pflege des Landes Rheinland-Pfalz auf und sammele dabei wertvolle Erfahrungen in der Landesverwaltung.
Mit Herzblut bin ich in ganz vielen Vereinen und Verbänden aktiv, vor und hinter den Kulissen stets tätig für die Gemeinschaft. Ich bin Vater einer wundervollen elfjährigen Tochter.
Das Gespräch mit Sven Lefkowitz führte Wolfgang Tischler.
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