Im digitalen Zeitalter: Gibt es moderne Formen des Aberglaubens?
RATGEBER | Vierblättriger Klee, Schornsteinfeger und auch Scherben bringen Glück. Letztere allerdings nur dann, wenn es sich dabei nicht um einen zerbrochenen Spiegel handelt, denn ein solcher Vorfall könnte möglicherweise ein "schlechtes Omen" sein, ähnlich der Begegnung mit einer von links nach rechts laufenden Katze. Das zumindest sind einige der bekanntesten Beispiele für Aberglauben, genauer gesagt einer speziellen Form des Aberglaubens – der Beobachtung (und entsprechender Deutung) von Zeichen (Observation). Weiterhin gibt es weitere Formen des Aberglaubens, die zum Teil so alt wie die Menschheit sein dürften. Doch welche Rolle spielt Aberglauben heute im digitalen Zeitalter und gibt es auch moderne Formen des Aberglaubens?
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Aberglaube und Glaube stehen nicht zwangsläufig Widerspruch
Mit dem Aberglauben verhält es sich in gewisser Hinsicht genau wie mit dem religiösen, spirituellen oder auch dem Glauben an die moderne Wissenschaft: Entweder man glaubt daran, oder eben nicht. Der Glaube oder auch der Nichtglaube an etwas hat allerdings einen entscheidenden Einfluss auf das menschliche Leben und kann auch bestimmen, wie wir uns verhalten oder welche Entscheidungen wir in bestimmten Situationen treffen. Letztlich hat das viel mit unseren Erfahrungen und unseren allgemeinen Lebensgrundsätzen zu tun. Im Gegensatz zum religiösen Glaube ist Aberglaube aber nicht an eine bestimmte Kirche oder sonstigen Institution gebunden, sondern ist vielschichtig und komplex.
Während Aberglaube auch lange Zeit strikt vom religiösen Glauben abgegrenzt wurde und der Begriff von der mittelalterlichen christlichen Glaubenslehre abwertend gemeint war, ist es heute nicht unbedingt ein Widerspruch, wenn ein religiöser Mensch das Hotelzimmer mit der Nr. 13 gegen ein anderes austauschen möchte. Wie dieses simple Beispiel, sind viele Dinge, die man dem Aberglauben zuschreibt und als "Hokus-Pokus" bezeichnet, noch immer fest in unsrer Gesellschaft verankert: So gratuliert man beispielsweise auf gar keinen Fall vor dem Geburtstag, da sonst ein zuhörender böser Geist alles daran setzen könnte, diesen Tag zu ruinieren oder ein anderes schlimmes Ereignis heraufzubeschwören. Ebenfalls schlecht: morgens mit dem linken Bein zuerst aufstehen. Auch das Unterlassen, dem Gegenüber beim Anstoßen nicht in die Augen zu sehen, wird von vielen nicht nur als unhöflich, sondern auch als Anlass für eine länger andauernde Pechsträhne gewertet.
Die magische Kraft der Zahlen
Numerologie ist ein weites Feld und vielen Ziffern, Zahlen und Kombinationen werden spezielle Eigenschaften zugeschrieben. Die meisten Menschen haben eine Glückszahl, auch Menschen, die eigentlich nicht viel mit Hokus-Pokus anfangen können. Viele Menschen glauben zudem an Engelszahlen und deren Bedeutung für den Menschen im alltäglichen Leben. Dabei werden je nach individueller Anschauung oder Auslegung bestimmten, mehrheitlich aus drei oder vier Ziffern bestehenden Zahlensequenzen, verschiedene Bedeutungen wie beispielsweise Botschaften von Schutzengeln zugeschrieben.
So kann es also sein, dass wenn man öfter zur selben Zeit auf die Uhr schaut und einem dabei eine 22:22 oder 11:11 ins Auge "springt", gerade von einem Engel oder einer anderen spirituellen Kraft, unter Umständen auch dem Universum auf etwas hingewiesen wird. Den Sequenzen werden unterschiedliche Bedeutungen zugeschrieben, so steht etwa die 111 oder 1111 für Neubeginn und positive Gedanken oder die 444 bzw. 4444 für Schutz und Unterstützung in schwierigen Zeiten. Weiterführende Informationen zu Engelszahlen finden sich unter folgendem Link: 555 Bedeutung.
Ob, und wenn in welchem Maße man nun daran glaubt, dass Scherben einem Glück und schwarze Katzen Pech bringen: Wenn man in einer entsprechenden Situation augenblicklich eine entsprechende Assoziation im Kopf hat, braucht man sich nicht die Frage stellen, ob Aberglaube im digitalen Zeitalter noch eine Rolle spielt. Darüber hinaus hat das Internet auch tatsächlich einige neue, moderne Formen des Aberglaubens hervorgebracht. In sozialen Medien oder per E-Mail werden beispielsweise "Kettenbriefe" verschickt, die einem Glück versprechen oder auch Pech – sofern man den "Brief" nicht weiterleitet. Ferner werden Online auch zahlreiche, oft ominöse Dienstleistungen angeboten, die (selten ohne Bezahlung) Menschen ihre Zukunft vorhersagen, zur Liebe des Lebens oder auch zu viel Geld verhelfen oder es zumindest vorgeben. Dass sich entsprechende Anbieter wachsender Beliebtheit erfreuen, lässt darauf schließen, dass zumindest viele Menschen ein entsprechendes Bedürfnis haben.
Fazit
Aberglaube, bzw. bestimmte Glaubenssätze haben nach wie vor für viele Menschen eine große Bedeutung und bieten ihnen Orientierung und oft auch Halt in schweren Zeiten. Dass das Internet und die ständige Verfügbarkeit auch dazu geführt hat, dass sich bestimmte Formen auch in der digitalen Welt abspielen ist nur eine logische Folge. Man kann davon ausgehen, dass Aberglaube bei aller Aufklärung und Vernunft des modernen Menschen noch lange erhalten bleibt, letztlich auch, weil bestimmte Dinge oder Rituale, wie beispielsweise Glücksbringer, Daumen-Drücken, Horoskope oder Sternzeichen, deren Bedeutung oder Wirkung sich zwar nicht wissenschaftlich überprüfen lassen, einfach zum Leben dazu gehören. (prm)
Autor: Bettina Salarno