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Nachricht vom 24.04.2025    

Literatursommer startete mit Maxim Leo, der verspricht: "Wir werden jung sein"

Von Helmi Tischler-Venter

Die literarisch, musikalisch und lukullisch harmonisch aufeinander abgestimmte Eröffnungsveranstaltung des Westerwälder Literatursommers im Hachenburger Cinexx am Tag des Buches, dem 23. April, begeisterte die zahlreich anwesenden Literaturfreunde. Moderator Thomas Böhm stellte den Autor des Abends, Maxim Leo, als „literarischen Tausendsassa“ vor.

Maxim Leo las bei der ersten Veranstaltung des Literatursommers. Fotos: Helmi Tischler-Venter

Hachenburg. Der sympathische Schriftsteller, 1970 in Ostberlin geboren, hatte keinerlei Kenntnisse vom Westerwald, dafür als gelernter Chemielaborant Ortskenntnis von der Berliner Charité und Grundwissen vom Thema seines neuesten Buches: In einem kurzen Zeitungsartikel stand, dass die Medikamentenforschung zum jünger werden intensiv laufe. Bei seinen umfangreichen Recherchen erfuhr er, dass diese Forschung schon sehr lange läuft und sich in der Wissenschaft nicht die Frage stellt, ob, sondern nur wann es das Mittel zur Verjüngung geben wird. In seinem Kopfkino liefen Ideen los zu dem Problem, was eine Verjüngungspille mit der Gesellschaft anstellen wird.

In dem Roman "Wir werden jung sein" entwickelt ein Professor ein Herzmedikament, durch dessen Nebenwirkung die Probanden plötzlich jünger werden. Der wissenschaftliche Prozess wird im Buch unterhaltsam beschrieben. Ein Protagonist ist der pubertierende 16-jährige Jakob, der gerade seine erste große Liebe gefunden hat und, nachdem er plötzlich eine achtjährige Verjüngung erlebt hat, altersbedingt im Bett versagt.

Dagegen offenbart der Familientyrann und Immobilienmogul Wenger an seinem 80. Geburtstag, dass er demnächst sterben wird und gibt sein Unternehmen an seine Kinder weiter. Die Pille lässt den Alten 18 Jahre jünger werden, sodass er wieder Tennis spielen und sein Leben in seinem Landhaus mit einem alten Deutz-Traktor und Arbeit an einer Feldsteinmauer genießen kann. Das unerwartete Bonusleben verändert nicht nur Wengers Blick auf die Welt, sondern auch sein Gefühlsleben. "Er spürte zum ersten Mal Sinnlosigkeit, er hatte die Orientierung verloren."

Im Dialog mit Thomas Böhm erklärte Leo die Umkehrung der Zellentwicklung, die jetzt schon nicht mehr auf Stammzellen angewiesen ist. Auch eine Partei, die Unsterblichkeit fordert, gebe es bereits. Allerdings sei auf politischer Ebene keine Kenntnis oder Vorbereitung festzustellen, doch werde das Medikament, wenn es einmal produktionsfähig vorliegt, den Weg in die Welt schaffen, unabhängig von politischen Vorgaben.

Maxim Leo meinte, er selbst würde das Medikament aus Neugier nehmen. "Ich möchte immer wissen, wie es weitergeht, aber ich weiß nicht, ob das wirklich gut wäre." Mit den moralischen Fragen beschäftigt sich im Roman die Figur Miriam Holstein, Professorin für Medizinethik. Sie weist auf die implizierte zunehmende Ungerechtigkeit aufgrund finanzieller Unterschiede hin. Es gehe nicht mehr um Alterskrankheit, sondern jeder Mensch mit genügend Kapital kann bestimmen, wie alt er werden wird: Wir werden ewig leben!



Als der Autor am Ende der Veranstaltung Fragen aus dem Publikum beantwortete, entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, die die Relevanz und Brisanz des Themas offenbarte.

Landrat Achim Schwickert begrüßte die Aktiven und Gäste auch im Namen seiner Landratskollegen Dr. Enders (Altenkirchen) und Hallerbach (Neuwied) für die Regionalinitiative "Wir Westerwälder", unter deren Dach die Westerwälder Literaturtage laufen. Er meinte am Ende seiner Rede, er empfinde es am schönsten, wenn man ein bisschen älter sei und gesund.

Die künstlerische Leiterin des Kultursommers Rheinland-Pfalz, Teneka Beckers, die in Vertretung des Staatssekretärs Prof. Dr. Jürgen Hardeck nach Hachenburg gekommen war, freute sich, dass der Kultursommer des Landes Rheinland-Pfalz, der immer den Westerwälder Literatursommer begleitet, in den letzten Jahren neuerlich an Fahrt gewonnen hat. Das mit einem Fragezeichen versehene Motto "Forever young?" betreffe auch den Wechsel im Kulturbereich: Die Babyboomer treten ab und es stelle sich die Frage, wie man die nächste Generation erreiche. Beckers wies auf die Motto-Broschüre mit 30 zusätzlichen Lesetipps hin, die demnächst in den Buchhandlungen ausliegt.

Programmleiterin Katharina Roßbach sah wie ihre Vorredner den Reiz des Literaturfestivals in den vielfältigen Veranstaltungen an besonderen Orten im Westerwald. Die 28 Lese-Veranstaltungen bis in den Oktober hinein seien lebensverlängernd. Nach einer Studie an der Yale Universität sei die Lebenserwartung bei Menschen, die täglich 3,5 Stunden lesen, um 17 Prozent höher und steige auf 23 Prozent bei noch mehr Lesezeit. Ergebnis: Viellesende Menschen lebten im Schnitt drei Jahre länger als Nichtleser.

Über die noch kommenden 27 Veranstaltungen informiert die Homepage.

Kongeniale Musikbegleitung bot das Gitarren-Trio "The Morbidels" mit dem Titelsong "Forever Young", "Sandman" und "The letter". htv


Mehr dazu:   Veranstaltungsrückblicke  
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