Arbeitsagentur, Jobcenter, VHS, Stadt und Landkreis organisierten die neunte Neuwieder Frauenmesse
Wer Arbeitslosigkeit beenden will, muss meist viele Probleme lösen – Mehr als 200 Besucherinnen
Neuwied. Sie soll vor allem jenen Frauen eine Hilfe sein, die nach längerer Pause wieder einen Einstieg ins Berufsleben suchen: Die Neuwieder Frauenmesse hat auch in ihrem neunten Jahr weder an Attraktivität noch an Aktualität verloren. Mehr als 200 Teilnehmerinnen belegten den Organisatorinnen von Arbeitsagentur, Jobcenter, VHS und den Gleichstellungsstellen von Stadt und Landkreis Neuwied, dass die Mischung aus Workshops und individueller Beratung noch immer gut ankommt.
Margarete Schelkle versucht es angesichts der beachtlichen Warteschlange gar nicht erst mit dem Aufzug. Zwar ist der Aufstieg in den vierten Stock eine Herausforderung für die 50-Jährige, aber das passt ja ganz gut zum Motto der Neuwieder Frauenmesse: „Arbeit und Beruf für Frauen – Wie gehts weiter?“
Für diesen Tag hat die Neuwiederin ihre Pläne gemacht. „Der bleibende Eindruck“ heißt der Workshop, den sie in der ersten Runde besuchen will. Es geht ums Vorstellungsgespräch – eine Situation, die für die gelernte Industriekauffrau in den letzten zehn Jahren fremd geworden ist. Denn so lange ist die einstige Erfolgsfrau nun schon raus aus dem „Geschäft“.
Alles begann, als die Spedition, die sie leitete, Konkurs ging. Oder vielleicht hat sie auch den Stress vorher schon nicht gut vertragen. Ohne es selbst zu merken natürlich. Jedenfalls wurde sie arbeitslos und fiel in ein tiefes Loch, aus dem sie ohne Hilfe nicht wieder herausfand. Doch der Weg an jenen Punkt, an dem sie, die Macherin, um Unterstützung bitten konnte, war lang und steinig. Jetzt, sagt sie, ist sie über den Berg, will noch einmal von vorn anfangen. Auch und vor allem beruflich. Dafür hat sie gekämpft; gegen sich selbst und gegen ihre Rentenkasse, die die Berufsunfähigkeit schließlich wieder zurücknahm.
Von den Angeboten der Frauenmesse erhofft Magarete Schelkle sich Impulse, die ihr dabei helfen können, auch die letzten Schritte noch zu meistern. Im Workshop von Birgit Heckmann-Huffer und Jürgen Illigens vom Integrationsfachdienst lernt sie, dass es keinen Sinn macht, die Last der Vergangenheit mit sich herum zu tragen – nicht im Vorstellungsgespräch und sonst auch nicht. Das weiß sie, sagt Margarete Schelkle später. Aus ihrer Krankheit macht sie kein Geheimnis, aber hinter ihr verstecken will sie sich auf keinen Fall.
Die wenigsten der mehr als 200 Frauen, die an diesem Morgen mit Margarete Schelkle in der VHS Neuwied nach Tipps und Hilfestellungen für den beruflichen Neubeginn suchen, können deren Schicksal wohl nachempfinden. Die meisten von ihnen sind jünger. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen und gesellschaftlichen Schichten. Manche haben eine fundierte Ausbildung und können beachtliche berufliche Erfolge vorweisen, andere haben noch niemals auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst. Trotzdem verbindet die Messeteilnehmerinnen viel. Denn warum auch immer sie heute arbeitslos sind: Es fällt ihnen schwer, diese Arbeitslosigkeit zu beenden und wieder für sich alleine zu sorgen. Ein Zustand, unter dem sie alle leiden.
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Obwohl sich der Arbeitsmarkt in den letzten Jahren stark verändert hat und Frauen auch wegen des demografischen Wandels längst in den Blickpunkt vieler Arbeitgeber gerückt sind, tun sich die so genannten „Wiedereinsteigerinnen“ meist noch immer schwer, den ersten Schritt zurück ins Berufsleben zu schaffen, wissen die Organisatorinnen der Messe.
„Natürlich fehlen diesen Frauen häufig die Kontakte und auch die Qualifikation weist nach Jahren der Familienarbeit oder Arbeitslosigkeit Lücken auf“, wissen die Gleichstellungsbeauftragten von Stadt und Landkreis Neuwied, Sandra Thannhäuser und Doris Eyl-Müller, VHS-Leiterin Henriette Meinhardt-Bocklet und die Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt von Arbeitsagentur und Jobcenter, Gisela Kretzer und Sybille Offermann. Doch das seien Probleme, die sich mit Engagement und Kreativität recht einfach lösen ließen. „Schwieriger ist es für viele, sich das Selbstbewusstsein zu erarbeiten, um diese Aufgaben anzugehen.“
Die Frauenmesse bietet deshalb neben Workshops zu so unterschiedlichen Themen wie Stil- und Existenzgründerinnenberatung oder Tipps zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch eine breite Palette an individueller Beratung, die nur dank vielfältiger Unterstützung möglich ist. So beteiligen sich neben Jobcenter, Arbeitsagentur, Stadt und Kreisverwaltung auch das Existenzgründerzentrum Dierdorf, der Integrationsfachdienst, die Migrationsfachdienste von Caritas und AWO und die Lebensberatungsstellen von Diakonie und Caritas an der Messe.
„Gemeinsam wollen wir sicher stellen, dass die Besucherinnen für möglichst viele ihrer Probleme einen Ansprechpartner finden. Denn der fehlende Job ist sehr häufig nur eine Hürde, die von den Frauen genommen werden muss, damit sie auf Dauer aus der Arbeitslosigkeit heraus finden.“
Im Rahmen des Plan W-Projektes wurde die Neuwieder Frauenmesse auch in diesem Jahr vom Land und der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit gefördert.
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