Windenergie-Erlass nicht ausreichend
Zehn anerkannte Naturschutzverbände im Land sind sich einig: Die geplante LEP IV-Änderung und der Windenergie-Erlass sind noch nicht ausreichend. In einer gemeinsamen Presseerklärung nehmen die Verbände Stellung.
Region. Zehn anerkannte Naturschutzverbände setzen sich schon seit langem für eine Energiewende in Rheinland-Pfalz ein. Sie fordern aber auch eine sinnvolle Steuerung des Windenergieausbaus. Diese würde nicht nur zu einer besseren Vereinbarkeit zwischen Energiewende und Naturschutz führen, sondern auch die Akzeptanz für die Windenergie in der Bevölkerung erhalten bzw. verbessern.
Außerdem würden durch den Ausschluss von naturschutzfachlich sensiblen Flächen die Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen vereinfacht. Ob dies alles gelingt, ist momentan fraglich, denn obwohl sich ein gemeinsamer Arbeitskreis der Ministerien (Wirtschaft und Umwelt) mit den Verbänden gebildet hat, sind die Ergebnisse aus Sicht der Verbände bislang noch viel zu dürftig.
In zahlreichen Gesprächen mit den beiden Ministerien haben die zehn Verbände versucht, über die Formulierung des Windenergie-Erlasses weitere Restriktionen im Sinne des Natur- und Landschaftsschutzes zu erwirken. "Diese Gespräche sind bislang ohne großen Erfolg verlaufen", betont Peter Keller, Vorsitzender der GNOR.
Wenn jetzt das LEP IV erneut in die Anhörung gehen soll, entsprechen die dortigen Änderungen nur in einigen kleinen Teilbereichen den Forderungen der Verbände. "Wir haben zum Beispiel immer betont, dass wir es für unabdingbar halten, den kompletten Pfälzerwald von Windkraft zu verschonen", erklärt Oliver Röller, Geschäftsführer der Pollichia. Dies ist aber in der jetzt geplanten Flächenkulisse im LEP IV nicht der Fall. "Das ist kein wirklicher Kompromiss, mittlerweile stellt sich uns die Frage, ob die Verbände nicht als Alibi herhalten sollen", so Holger Schindler, Vorsitzender des BUND Rheinland-Pfalz.
Auch im Fall der Naturparkkernzonen gehen die Ansichten zwischen den Verbänden und den Ministerien sehr weit auseinander. „Die Ministerien sprechen im Falle von Kreisstraßen, die durch Kernzonen der Naturparke verlaufen, von Vorbelastungen, die den Bau von Windenergieanlagen in den Kernzonen rechtfertigen sollen, obwohl für die großräumige Wirkung von Windenergieanlagen örtliche Straßen keinerlei vorbelastende Wirkung entfalten“, sagt Siegfried Schuch, Vorsitzender des NABU Rheinland-Pfalz.
Bei den Natura 2000-Gebieten soll ein Fachgutachten von Staatlicher Vogelschutzwarte und LUWG klären, welche für Windenergienutzung ungeeignet und damit tabu sind. Dieses Gutachten ist seit Wochen zugesagt, liegt den Verbänden aber bis dato nur in Auszügen vor. "So lange dieses Gutachten nicht vorliegt, müssen die zehn Verbände auf ihrer Forderung, alle Natura 2000-Gebiete frei von Windenergieanlagen zu halten, bestehen", so Röller.
Kleine Erfolge sind indes bei den Naturerlebnisräumen zu verzeichnen. Neben Vorrangflächen für die Windenergienutzung werden auch großräumige Vorranggebiete für den Naturschutz und Vorranggebiete für das Naturerleben, die von Windenergieanlagen freigehalten werden, benötigt.
Gemeinsam haben die Verbände deshalb Kriterien erarbeitet, wie diese Vorranggebiete ausgewählt werden können. Hier sind Mosel-, Lahn- und Nahetal bereits Konsens. "Allerdings wurden diese bislang nur nominell von den Ministerien bestätigt", so Keller, "die wirkliche Abgrenzung erfahren auch wir erst mit der erneuten Offenlage des LEP IV". Dies, da sind sich die zehn Verbände einig, kann aber auch ein geschickter politischer Schachzug sein, um eine Beteiligung des Naturschutzes zu suggerieren.
Insgesamt hat die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms IV versäumt, hier Regelungen zu schaffen. Neben zwei Prozent Vorrangflächen für Windenergie und ein paar wenigen Ausschlusskriterien blieben rund 96 Prozent der Landesfläche übrig, die durch die kommunale Bauleitplanung überplant werden können. "Dies ist keine, an übergeordneten Prinzipien orientierte, Lenkung und führt zu einer landesweit flächigen industriellen Überformung der Landschaft", so Schuch.
Als Vorranggebiete für den Naturschutz und das Naturerleben, mit Ausschlusswirkung für Windenergie, sind nach Ansicht der Verbände erforderlich:
Naturschutzgebiete, Naturdenkmale, Nationalpark, Kern- und Pflegezone der
Biosphärenreservate, Naturparkkernzonen, gesetzlich geschützte Biotope, Naturwaldreservate.
Naturnahe Waldbestände mit zahlreichen Baumindividuen über 120 Jahren, naturnahe, mehr-stufig aufgebaute Laubwälder mit plenterartigen Strukturen
Landesweit bedeutende Zugkorridore von Vögeln und Fledermäusen
Bedeutende Lebens-, Nahrungs- und Fortpflanzungsstätten von streng geschützten, potenziell durch die Errichtung oder den Betrieb von Windenergieanlagen gefährdeten Vogel- und Fledermausarten
NATURA-2000-Gebiete
die für das Naturerleben weitgehend ungestörten Landschaften und wertvollsten Gebiete (z.B. Landesweit bedeutsame Erholungs- und Erlebnisräume des LEP)
Die Flächen sollten unter Beteiligung von Experten aus Wissenschaft, Verbänden, LUWG und der Staatlichen Vogelschutzwarte erarbeitet und in einer Karte dargestellt werden. Diese Karte sollte Bestandteil des LEP oder des geplanten Windenergie-Erlasses werden und verbindlich gelten.
"Solche Windenergie-Erlasse sind durchaus üblich, wie zahlreiche Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen", erklärt Schindler. Deshalb waren die Verbände auch sofort bereit, an solch einem Erlass mitzuarbeiten, als dies durch MULEWF und MWKEL angeboten wurde.
Die zehn Verbände haben nun ihre Forderungen gegenüber den Ministerien bekräftigt und machen eine weitere Beteiligung an den Gesprächen von deren Kompromissbereitschaft abhängig.
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