„Alles, außer gewöhnlich“ sein ist die Maxime
Bestsellerautor Dr. Peter Kreuz referierte beim Unternehmertag der WFG am Mittelrhein im Landkreis Mayen-Koblenz. Die Mitarbeiterpotenziale, so wurde dabei rasch klar, sind längst nicht ausgeschöpft. Allerdings müssten Beschäftigte motiviert werden, um mehr als den berühmten Dienst nach Vorschrift zu erbringen. Kreuz' Vorschlag: Mehr Freiheit, mehr Kreativität und Mut, nein zu sagen.
Mendig. Volles Haus beim Unternehmertag der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) am Mittelrhein: Über 250 Unternehmer aus dem Landkreis Mayen-Koblenz waren zur vierten Auflage des Unternehmertages in die Laacher See Halle in Mendig gekommen, dessen Gastreferent Dr. Peter Kreuz Antworten auf die Frage versprach, wie Unternehmenslenker das volle Potenzial ihrer Mitarbeiter entfesseln.
Um Kunden heute zufrieden zu stellen und das viel beschworene Aha-Erlebnis zu erzeugen, gibt es für den Bestsellerautoren, dessen Vortragstitel „Nur Tote bleiben liegen“ auch der seines aktuellen Buches ist, einen Königsweg: „Alles, außer gewöhnlich“ zu sein. Wer sich lediglich in der Alternative, nämlich stets billiger als der Wettbewerb sein zu wollen, ergehe, werde irgendwann vom Markt verschwinden.
„Ganz ok“ ist zu wenig
Innovative Unternehmen, die nicht nur überleben, sondern wachsen, weil sie anders sind, der Kreativität freien Lauf lassen und sich von Dogmen und überkommenen Ritualen verabschieden, hat Kreuz weltweit aufgespürt und transferiert ihre Erfolgskonzepte: Was beispielsweise macht die internationale Top-Marke FC Barcelona im Kern aus? „Es ist die Summe der Talente aller Beschäftigten des Clubs.“ Eine Erkenntnis, die sich nach Kreuz auch auf jedes Unternehmen und auch auf eine Wirtschaftsregion wie den Landkreis Mayen-Koblenz übertragen lasse – allerdings müsse man dann auch Abschied nehmen von klassischen Motivationssystemen, die in der Regel auf Gehorsam, Sorgfalt und Intelligenz der Beschäftigten basieren. Damit jedoch erreiche man Produkte, Services und Dienstleistungen, die nach Kreuz zwar „ganz ok“, aber damit Durchschnitt und austauschbar seien. Allerdings: „Wer austauschbar ist, der wird früher oder später ausgetauscht“, und das in aller Regel vom Verbraucher, der in absolut transparenten Märkten auf der Suche nach dem Aha-Erlebnis rasch andernorts fündig werde.
Demnach braucht es mehr als die beschriebenen Grundkompetenzen, nämlich Eigen-Initiative, Kreativität und Leidenschaft der Beschäftigten, die in der Kombination auf die Siegerstraße führen. Vielfach gebe es aber Prozesse und Strukturen, die jedes Engagement im Keim erstickten. Viele Mitarbeiter, auf welcher Verantwortungsebene auch immer, machten heute Dienst nach Vorschrift, während sie in ihrer Freizeit oft hochmotiviert und engagiert Verantwortung in Vereinen oder bürgerschaftlichen Projekten übernehmen. Um dieses Potenzial in den Berufsalltag zu transferieren, sind nach einer Studie des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) finanzielle Anreize nahezu ungeeignet. Wichtig sei es, Mitarbeiter selbstbestimmt agieren zu lassen, ihr vorhandenes Können zu fördern, Fehler zuzulassen, Querdenkern eine Plattform zu geben, Menschen herauszufordern, etwas zu verbessern, und ihren Aufgaben zudem erkennbaren Sinn zu verleihen. Und der entsteht, „wenn Menschen das, was sie tun, mit dem in Verbindung bringen, was ihnen wichtig ist.“
Lernen, nein zu sagen
Und noch eine Prämisse gab Kreuz, der nicht nur als Berater und Wissenschaftler gearbeitet hat, sondern auch unternehmerisch tätig war und ist, seinen Zuhörern am Mittelrhein mit auf den Weg: „Erarbeiten Sie eine To-Don’t-Liste!“ Denn viel zu oft nehme das Tagesgeschäft die Zeit, um sich Zukunftsstrategien zu widmen. Sich auszuruhen auf Erreichtem, dem erteilte Kreuz eine Absage („Die Lorbeeren von heute sind der Kompost von morgen.“) Während das Tagesgeschäft den Wettbewerb der Gegenwart bestimme, werde der Wettbewerb um die Zukunft mit der entsprechenden Strategie entschieden. Laut Kreuz ist es dabei besonders wichtig, nein zu sagen: zu Produkten, Leistungen, Kooperationen, die für die Unternehmensentwicklung im Kern unbedeutend sind. „Wir sagen jeden Tag nein zu großartigen Produkten. Wir sind stolz auf Geräte, die wir nicht produziert haben“, heiße es beispielsweise regelmäßig aus dem Hause Apple, deren Produktpalette so überschaubar sei, dass man alles bequem auf einem Esstisch platzieren könne.
Blick über den Tellerrand
Die Entscheidung, was man nicht tue, sei ebenso wichtig wie die, was man tatsächlich tue, unterstrich Kreuz seine Handlungsempfehlung für den Weg aus der Beliebigkeit, die er in vier Schritten darlegte: Neben der Fokussierung auf bestimmte Produkte oder Services und das Reduzieren von wenig Erfolgversprechendem gehe es vor allem darum, Bestehendes permanent zu verbessern, Nuance für Nuance. Hierzu gehört insbesondere der Blick über den Tellerrand, um herauszufinden, wie möglicherweise ähnliche Probleme in anderen Branchen gelöst werden. So habe sich beispielsweise eine britische Klinik des Knowhows des Formel-Eins-Teams von Ferrari bedient und dadurch die Arbeitsabläufe im Operationssaal nachweislich verbessert. Schließlich gelte es, das Ganze entsprechend zu inszenieren und Öffentlichkeit zu schaffen. Ohne es explizit zu erläutern, assoziierten die Besucher wohl auch hier die legendären Apple-Produktpräsentationen, die Vergleichbares suchen.
Es sollte eine Plattform zum Dialog der Unternehmen und Unternehmer sein, hatte Landrat Dr. Alexander Saftig zu Beginn des Unternehmertages in Mendig betont. Den Stoff dazu lieferte der in Heidelberg und Frankreich lebende Dr. Peter Kreuz in ausreichender Menge, stand er doch auch im abschließenden Get-together Rede und Antwort. Und WFG-Geschäftsführer Henning Schröder übertrug Kreuz’ Thesen auch auf die Zukunftsfähigkeit der Region. Je mehr Unternehmen „alles, außer gewöhnlich“ seien, desto attraktiver sei und bleibe der Landkreis an Rhein und Mosel für Unternehmen und Fachkräfte.