Genossenschaften als Erfolgsmodell für den Handel
Die 9. Auflage der Weyerbuscher Gespräche der Westerwald Bank: Zu Gast war Josef Sanktjohanser, bis zum Sommer Vorstand der Rewe Group und zudem Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE). Er analysierte die Zukunftsaussichten des Genossenschaftsmodells für den Handel.
Weyerbusch/Westerwald. Volles Haus bei den Weyerbuscher Gesprächen der Westerwald Bank im Raiffeisen-Begegnungs-Zentrum: Im Kern ging es diesmal um die Frage, ob die Genossenschaftsidee ein Erfolgsmodell für die Zukunft ist. Einer, der sich selbst als „Überzeugungstäter in Sachen Genossenschaften“ bezeichnet, beantwortete diese Frage nicht nur mit einem klaren „Ja“, sondern stellte die Vorteile der genossenschaftlichen Unternehmensstruktur am Beispiel eines international agierenden Handelsunternehmens dar: Josef Sanktjohanser, bis zum Sommer 2012 Vorstand der Rewe Group und zudem Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE). Das Genossenschafts-Gen wurde Sanktjohanser nahezu in die Wiege gelegt, entstammt er doch einer traditionsreichen Wissener Handelsfamilie, die seit Jahrzehnten erfolgreich die Geschicke ihres Unternehmens im Verbund der genossenschaftlichen Rewe Group führt.
1927 als Revisionsverband West gegründet, zeigt die heutige Rewe, dass die genossenschaftliche Unternehmensstruktur dauerhaft trägt. Unternehmertum, Eigenverantwortung, Kundennähe und Kompetenz bilden den Kern der kaufmännischen Genossenschaft. Die über 3.300 Rewe-Märkte in Deutschland werden von selbstständigen Kaufleuten und im Filialsystem geführt. Ziel ist es, frische und qualitativ hochwertige Ware anzubieten, wobei zunehmend auch regionale Erzeugnisse nachgefragt und angeboten würden, so Sanktjohanser, der auch Vorstandsmitglied der in diesem Jahr gegründeten Deutschen Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft ist. Mit der Präsenz in mittlerweile 14 Ländern Europas und über 320.000 Beschäftigten erwirtschaftete das Unternehmen 2011 einen Umsatz von über 48 Milliarden Euro.
Wer als selbständiger Kaufmann Partner des Handels- und Touristikriesen wird, der verpflichtet sich auf genossenschaftliche Prinzipien und Grundwerte: Selbstverwaltung, Unabhängigkeit und demokratische Willensbildung und Solidarität innerhalb der Mitglieder gehören dazu. Zudem ist die Genossenschaft qua Satzung der Förderung ihrer Mitglieder verpflichtet. „Das heißt, dass das Management dem einzelnen Kaufmann einen Vorsprung im Markt zu verschaffen hat“, sagte Sanktjohanser, zum Beispiel durch gute Einkaufspreise oder die konzernweite Infrastruktur, auf die die Mitglieder zugreifen können. Die genossenschaftliche Ausrichtung des Unternehmens diene einer mittelstandsfördernden Strategie, rund 1500 selbständige Unternehmer tragen das Unternehmen als Mitglieder in Deutschland und verantworten letztlich die Strategie der Gruppe.
Und auch das mache die Genossenschaft aus: Trotz internationaler Präsenz seien die Mitglieder mit ihren eigenen Unternehmen regional verwurzelt. Als Ausdruck des nachhaltigen unternehmerischen Handelns versteht Sanktjohanser die Summe von fünf Milliarden Euro Eigenkapital, die es ermögliche, dauerhaft solide zu wirtschaften. Gewinnoptimierung und Qualität stehen für die Genossenschaft vor der bloßen Gewinnmaximierung um jeden Preis.
Die Renaissance der Genossenschaften hatte Westerwald Bank Vorstand Paul-Josef Schmitt bereits zu Beginn der 9. Veranstaltung im Reigen der Weyerbuscher Gespräche skizziert. So seien nach Angaben des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisen-Verbandes (DGRV), der in Weyerbusch durch Dr. Paul-Gerhard Armbruster vertreten wurde, allein in den vergangenen drei Jahren über 600 Genossenschaften gegründet worden - und das in ganz unterschiedlichen Bereichen wie erneuerbaren Energien, Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum, Einkaufsgenossenschaften für Selbständige und Freiberufler, selbstbestimmtes Wohnen im Alter, kommunaler Daseinsvorsorge oder ländliche Nahversorgung. Mehr als 100 Millionen Arbeitsplätze würden weltweit von Genossenschaften bereitgestellt.
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