Wahlkampf – das sagt Erwin Rüddel (CDU)
Die bevorstehenden Bundestagswahlen gaben Anlass dazu unter den Kandidatinnen und Kandidaten des Wahlkreises Altenkirchen/Neuwied eine Umfrage zu politischen Themen und persönlichen Stärken und Schwächen durchzuführen. Hier folgen nun die Ausführungen von Erwin Rüddel (CDU).
Was sind Ihre Stärken? Was sind Ihre Schwächen?
Willkür, Gleichgültigkeit und Ungerechtigkeit bringen mich auf die Palme – im Privaten wie in der Politik. Dagegen gehe ich mit Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit vor: Wenn mir etwas wichtig ist, lasse ich nicht locker. Ohne diese Einstellung hätte ich auch die 42 Kilometer des Köln- oder Berlin-Marathons nicht bewältigt.
Meine Ungeduld und – weil ich mir immer zu viel vornehme – die Neigung, zu Terminen zu spät zu kommen.
Wie würden Sie sich in drei Sätzen beschreiben?
Ich nehme meine Aufgaben und die Menschen ernst. Die Zeitschrift „Cicero“ hat mich kürzlich als „kernig und bodenständig“ beschrieben. Im Übrigen gibt es ein Leben außerhalb der Politik – hier fühle ich mich in der Familie und im privaten Freundeskreis sehr wohl.
Im Landesentwicklungsprogramm IV ist unter anderem festgelegt, dass der einzuhaltende Schutzraum hin zu einer Windkraftanlage für Menschen sehr viel geringer sein muss als beispielsweise für den Schwarzstorch. Wie stehen Sie dazu?
Mit Verlaub: das Landesentwicklungsprogramm (LEP IV) der grünen Ministerin Lemke taugt nichts. Es fehlen eindeutige Vorgaben für die künftige Nutzung der Windkraft. Was Frau Lemke präsentiert hat, bringt keine Rechtssicherheit. Es läuft vielmehr auf ein Beschäftigungsprogramm für Gutachter und Gerichte hinaus. Die Probleme, die sich bereits im Hunsrück und anderswo zeigen, betreffen auch die künftige Nutzung des Stegskopfs und anderer Standorte im AK-Land. Der Ausbau der Windkraft muss Rücksicht nehmen auf den Menschen und auf den Natur- und Vogelschutz. Die regionale Wertschöpfung ist das eine, der Schutz von Mensch und Natur das andere. Ich plädiere für innovative Ideen und erneuere meinen Vorschlag für genossenschaftliche Lösungen, bei denen die ganze Region teilhaben würde – Gemeinden, Grundstückseigentümer und Anwohner. Den betroffenen Menschen muss die Möglichkeit gegeben werden, an einer Wertschöpfung zu partizipieren. Es geht darum, Ökologie und Ökonomie sowie die unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten soweit als möglich miteinander in Einklang zu bringen und zugleich das Landschaftsbild des Westerwaldes im Wesentlichen zu erhalten. Mit Wildwuchs und mit Strom, den wegen fehlender Netze niemand braucht, ist uns nicht gedient. Ich erwarte deshalb, dass die Landesregierung ihre Hausaufgaben endlich richtig macht und für klare Vorgaben sorgt.
Das Thema Energiewende ist in aller Munde. In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist, dass Deutschland sich einst für den Atomausstieg entschieden hat. Was war für diese Entscheidung ausschlaggebend und wie würden Sie diese aus heutiger Sicht beurteilen?
Die Mehrheit der Bevölkerung war eindeutig für den Atomausstieg. Dem hat die Politik Rechnung getragen. Dass die Energiewende nicht zum Nulltarif zu haben sein würde, war uns allen von vornherein klar. Doch zuerst das Positive: schon heute kommen 23 Prozent der Elektrizität aus erneuerbaren Energien. Das ist fast so viel, wie wir mit Hilfe der Kernenergie auf deren Höchststand produziert haben. Die Weichen für eine „saubere“ Energie der Zukunft sind also gestellt. Allerdings halten der Netzausbau und die Entwicklung geeigneter Speichertechnologien bislang nicht Schritt mit dem Ausbau der „Erneuerbaren“. Das führt dazu, dass dauernd neue Anlagen auf Kosten der Stromkunden angeschlossen werden, wobei der erzeugte Strom mangels geeigneter Netze und Speicher immer öfter zu Schleuderpreisen ins Ausland abgegeben werden muss. Deshalb wollten wir schon längst eine wirksame Strompreisbremse und eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Denn Familien und Unternehmen müssen sich darauf verlassen können, dass die Strompreise ein bestimmtes Limit nicht überschreiten. Leider haben die rot-grün regierten Bundesländer bislang über den Bundesrat alle unsere Bemühungen torpediert, den Anstieg der Strompreise auf diese Weise abzubremsen. Ich kann nur hoffen, dass SPD und Grüne nach der Bundestagwahl endlich zur Besinnung kommen.
Im Rahmen der Kampagne Anschluss Zukunft verfolgen viele Politiker eine bessere infrastrukturelle Anbindung der Region. Auch der Ausbau der Siegstrecke und der diverser Bundesstraßen fallen unter dieses Thema. Wird die hiesige Region überhaupt irgendwann mit anderen Gebieten im Hinblick auf ihre Infrastruktur mithalten können und was ist Ihrer Ansicht nach in diesem Zusammenhang der dringlichste Faktor, um die Region infrastrukturell attraktiver zu gestalten?
Im Prinzip kann es unsere Heimat mit jeder Region in Deutschland aufnehmen. Aber eine leistungsfähige Infrastruktur und bessere Verkehrsanbindungen in unserer Region sind unverzichtbar. Nicht nur in dieser Hinsicht hat allerdings der Norden unseres Landes Grund, sich von Rot-Grün in Mainz im Stich gelassen zu fühlen. Ich unterstütze daher nachdrücklich die Forderungen der Kampagne „Anschluss Zukunft“ und werde mich auch weiterhin mit Nachdruck für eine Verbesserung der Situation vor Ort einsetzen.
Dazu muss man wissen: die Länder erhalten vom Bund erhebliche Finanzmittel für den Straßenbau. Dieses Geld könnte auch im Kreis Altenkirchen ausgegeben werden. Alle Bemühungen um mehr Geld aus Berlin müssen aber scheitern, wenn Mainz nicht einmal Planungen vorweisen kann. Das Geld wird dann eben anderswo ausgegeben und die Menschen bei uns schauen in die Röhre.
Demografischer Wandel – ein Thema, das kein Ende zu nehmen scheint. Welches sind ihrer Ansicht nach die drei wichtigsten Maßnahmen, um diesem Phänomen entgegenzuwirken und Fachkräfte und Standortattraktivität sichern zu können?
Die erste Maßnahme hängt unmittelbar mit Ihrer vorigen Frage zusammen: Denn es kommt entscheidend darauf an, dass unsere ländlichen Regionen künftig nicht „abgehängt“ werden. Mit der Anbindung an den Großraum Köln/Bonn/Siegburg steht und fällt die Attraktivität unserer Dörfer und Städte als Lebensmittelpunkt für die Familien und als Standort für die Wirtschaft.
Zweitens müssen wir für sichere heimische Arbeitsplätze, für gute Schulen und Bildungseinrichtungen und für ein attraktives kulturelles Angebot sorgen.
Drittens brauchen wir auch in Zukunft eine gute und wohnortnahe gesundheitliche Versorgung. Das gilt umso mehr angesichts der Alterung der Gesellschaft. Der Hausarzt vor Ort, der Facharzt in der Nähe, eine gut sortierte Apotheke – das muss weiterhin gewährleistet sein. Zur Lebensqualität gehört auch das kleine, bedarfsgerechte Krankenhaus nicht weit vom eigenen Zuhause, das in akuten Fällen rund um die Uhr bereitsteht.
Nur wenn alle Beteiligten – Land, Bund und Kommunen – den Willen zur Zusammenarbeit haben, wird es gelingen, den demografischen Wandel zu bewältigen.
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Die flächendeckende medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu gewährleisten gestaltet sich zunehmend schwerer. Sehen Sie eine Notwendigkeit darin, sich künftig für die Erhaltung einzusetzen und wenn ja, wie gedenken Sie die Sache anzugehen?
Das steht im Zentrum meiner Arbeit im Gesundheitsausschuss des Bundestags. Und da kann sich die Bilanz der letzten vier Jahre wirklich sehen lassen: ich nenne das Versorgungsstrukturgesetz („Landärztegesetz“) mit der besseren Vernetzung ambulanter und stationärer Versorgung, ich nenne die zusätzlichen Mittel für den Apotheken-Notdienst auf dem Land und für die Familienhebammen, ich nenne die Verbesserungen für Demenzkranke und ihre Angehörigen und ich verweise last not least auf die kräftige Finanzspritze für die Krankenhäuser, durch die ab sofort allein hier im Wahlkreis zusätzliche Mittel in Höhe von über fünf Millionen Euro fließen. Sie kommen direkt den Pflegekräften, der Verbesserung der Krankenhaushygiene und damit allen Patientinnen und Patienten zugute. Und genau diese Politik möchte ich gern in den kommenden vier Jahren in Berlin fortführen. Leider ist auch auf diesem Feld die Bilanz der rot-grünen Landesregierung negativ; Mainz tut so gut wie nichts gegen den drohenden Landärztemangel, investiert viel zu wenig in unsere Krankenhäuser und hinkt zum Beispiel auch bei der ambulanten Palliativversorgung fast allen Bundesländern hinterher.
Angenommen es wäre – ganz gleich wie hoch der Betrag – das Geld da, ein einziges bestimmtes Projekt im Kreis AK/WW/NR zu fördern. Worin würden Sie investieren und warum?
Ganz bestimmt nicht in Projekte wie am Nürburgring. Das kommt nämlich dabei heraus, wenn Politiker „Arbeitsplätze schaffen“ wollen – übrigens ein Lieblingsthema der politischen Linken. Ich würde versuchen, innovative Unternehmen mit hoch qualifizierten und zukunftsträchtigen Arbeitsplätzen anzulocken und bei uns anzusiedeln. Das schafft Wohlstand, das bringt Exporterfolge und das generiert überhaupt erst die Steuereinnahmen und Sozialabgaben, ohne die es staatliches Handeln und die soziale Absicherung der Menschen gar nicht geben könnte. Manch einer vergisst nämlich, dass die Leistungen, die in der Wirtschaft erbracht werden, die Lebensgrundlage für uns alle bilden – und auch für jegliches staatliche Handeln. Das sind eigentlich ganz einfache Zusammenhänge; aber manche Politiker scheinen diese völlig verdrängt zu haben und denken stattdessen ausschließlich darüber nach, wie sie noch mehr Geld anderer Leute verteilen können.
Bildung ist ebenfalls ein wichtiges Thema: wie stehen Sie zu der angedachten Abschaffung des Sitzenbleibens und dem bereits durchgesetzten "Abitur für jedermann" beispielsweise an integrierten Gesamtschulen? Es ist Fakt, dass junge, gebildete Leute seit nunmehr fünf Jahren auf einen Medizin- oder Psychologiestudienplatz warten und sich ihre Wartezeit zunehmend verlängert, da immer mehr junge Menschen unter vereinfachten Bedingungen mit Topnoten ihr Abitur bestehen, während das vor einigen Jahren noch ein harter Kampf war. Wie rechtfertigen Sie das? Wirft hier nicht gerade die angestrebte Gleichstellung Ungerechtigkeiten auf?
Ich bin für ein vielfältiges und durchlässiges Bildungsangebot. Von der rot-grünen Einheitsschule halte ich nichts. In vielerlei Hinsicht ist das dreigliedrige Schulsystem immer noch das Beste, um auf die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse von Heranwachsenden einzugehen. CDU und CSU unterstützen die von der Kultusministerkonferenz beschlossenen länderübergreifenden Bildungsstandards. Es geht dabei vor allem um die notwendige Qualitätssicherung. Zudem sollten Familien mit Kindern aufgrund eines Umzugs innerhalb Deutschlands keine Nachteile mehr erleiden.
Im Übrigen kann ich einer ständigen Aufweichung der Bildungsstandards nichts abgewinnen. Es muss ganz klar sein, dass jemand mit Realschulabschluss bestens auf eine berufliche Ausbildung vorbereitet ist. Die inflationäre Vergabe „guter Noten“ hilft letztlich niemandem. Wichtig ist ein auf jeden Einzelnen passendes Angebot und nicht ein einziges Angebot für alle.
Warum sollten die Bürger gerade Sie wählen?
Weil ich immer präsent und immer ansprechbar bin – und das nicht nur kurz vor einer Wahl. Ich bin mit den Bedürfnissen und Sorgen der Menschen in unserer Heimat vertraut und kämpfe seit Jahrzehnten in verschiedenen Funktionen für eine gute Zukunft unserer Dörfer und Städte. Nicht zuletzt aber auch deshalb, weil Deutschland derzeit sehr gut dasteht – ich sage nur: Rekordbeschäftigung und niedrigste Arbeitslosigkeit seit Jahrzehnten. Damit das so bleibt – und damit wir in der Euro-Krise Kurs halten – will ich in Berlin auch künftig die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützen.