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Nachricht vom 28.08.2013    

Wieviel Kultur braucht der Westerwald?

Kulturveranstaltungen gibt es sehr viele, aber gibt es Veranstaltungen mit einem Strahlcharakter über die Region hinaus? Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor und die vielen Kulturschaffenden der Region leisten gute Arbeit. Aber hochkarätige Literatur- und Kulturfestivals könnten nur im Verbund der drei Landkreise geleistet werden, so Uli Schmidt von der Kleinkunstbühne "Mons Tabor".

Die Gruppe "Maybebop" bei Folk & Fools in Montabaur. Foto: pr

Region. Der Westerwald ist nicht mehr nur die Region von Ton und Basalt. Er ist auch ein großer Kulturraum in dem in den vergangenen 25 Jahren unter dem Motto „Kultur für alle“ viel passiert ist. Es hat sich ein vielfältiges und lebendiges Angebot entwickelt.
Doch nach Jahren des ungezügelten Wachsens stellt sich nicht nur der Kleinkunstbühne Mons Tabor e.V nun die Frage: Wie viel Kultur brauchen wir eigentlich im Westerwald? Welche Angebote fehlen und welche sind eher entbehrlich?

Im Westerwald leben viele Künstler, Mäzene, ehrenamtliche und kommunale Kulturmacher, die sich mit Gefühl für die Bedingungen vor Ort und viel Liebe für Land und Leute engagieren. Deren Wirken hat mit dazu beigetragen, dass in der Region kaum ein Anlass ohne ein vermeintliches kulturelles Highlight aufgewertet wird. Egal ob ein Café oder ein Möbelhaus eröffnet wird, ein Baumarkt oder ein Autohaus ein neues Produkt vorstellt, eine Kirchengemeinde Geburtstag oder eine Gesundheitspraxis Sommerfest feiert, ob eine Gleichstellungsstelle oder eine Selbsthilfegruppe auf sich aufmerksam machen will: ohne Kultur geht nix! Immer sind Musiker, Theaterleute, Kabarettisten oder Artisten nicht weit.

Hinzu kommt eine erfreuliche, wenn auch für einige Kulturschaffende eher bedrohliche Entwicklung mit vielen hochwertigen neuen Kulturanbietern: Zu nennen sind da beispielsweise das Kunstzentrum „b-05“ bei Montabaur oder das „Kulturwerk“ in Wissen.

Nach Ansicht des langjährigen Vorsitzenden der Kleinkunstbühne Mons Tabor, Uli Schmidt (Horbach), hat das seit Gründung der Bühne 1988 stark gestiegene Angebot in der Region jedoch noch nicht dazu geführt, dass das Interesse der Wäller an anspruchsvollen Kultur- und Kunstangeboten entsprechend zugenommen hat. „Wenn die vielen engagierten Kulturanbieter dauerhaft überleben wollen, müssen wir mehr als bisher etwa 15 Prozent der Bevölkerung für die Veranstaltungen, Ausstellungen und sonstige Events mit gehobenem Niveau begeistern“, so Schmidt.

Dabei stellt sich das Problem für die rund um den Mons Tabor bis in den oberen Westerwaldkreis aktive Kleinkunstbühne aktuell nicht: für ihre seit vielen Jahren bekannten Formate wie das Kleinkunstfestival „Folk & Fools“, die Weltmusikreihe „Musik in alten Dorfkirchen“ und die „Westerwälder Kabarettnacht“ bleibt selten eine Eintrittskarte liegen. Doch insgesamt werden solche freien Initiativen wegen des wachsenden Überangebotes an „Breitenkultur“ nach Ansicht der Bühnenmacher einen dauerhaften Überlebenskampf führen müssen.



Ein Mangel sieht Uli Schmidt, der auch dem Westerwälder Kreistag angehört und Mitglied der Kulturpolitischen Gesellschaft Deutschlands ist, darin, dass es kaum überregional bekannte Kulturaktionen und -events im Westerwald gibt, die Leute in die attraktive Mittelgebirgsregion ziehen und damit auch den Tourismus stärken können - wie etwa das frühere Hachenburger Burggartenfest.

In diese Richtung denkt auch der aus dem Westerwald stammende Schriftsteller Prof. Dr. Hans-Josef Ortheil in seinen Aussagen über das kulturelle und touristische Potential unserer Region. Er ermutigt zu einem unverwechselbaren Angebot für den Verbund Westerwald mit den drei Kreisen Altenkirchen, Neuwied und Westerwaldkreis. Der Professor wirbt unter anderem für die Schaffung eines überregional bedeutenden Musik- oder Literaturfestivals.

Durch bekanntere und größere Veranstaltungen können die wirtschaftlichen Potenziale der heimischen Kultur stärker ausgeschöpft werden. Dazu darf das Angebot nicht immer mehr in die Breite wachsen, sondern es muss künftig einige überregional wettbewerbsfähige Höhepunkte geben. Nach Ansicht des Geschäftsführers des Kultursommers Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Jürgen Hardeck, hat beispielsweise die bekannte Weltmusikreihe „Musik in alten Dorfkirchen“ durchaus das Potential zur kulturellen Dachmarke der gesamten Kulturregion Westerwald zu werden. Leider kommt das Ehrenamt aber dabei zeitlich an seine Grenzen.

Um das wirtschaftliche Potential der Kultur noch besser nutzen zu können, muss es aber außer dem Land Rheinland-Pfalz als Partner noch mehr Sponsoren und Mäzene in der Westerwälder Wirtschaft geben. Nur so werden Großprojekte bei klammen kommunalen Kassen zu realisieren sein. Hochwertige Kulturangebote sind aber auch deshalb wichtig, weil sie als weicher Standortfaktor in Zeiten fehlender Fachkräfte immer wichtiger werden.

„Kultur sollte wie bei den heimischen Sparkassen ein fester Bestandteil jeder Unternehmenspolitik werden“, fordert Uli Schmidt. Kultur im Westerwald sei also nicht nur für das Wohlgefühl der Menschen, sondern auch für die Wirtschaft unverzichtbar. Kultur mache die Region stark! „Etwas weniger besser gemacht kann für die Region dabei wirkungsvoller sein“, so Schmidt.



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