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Nachricht vom 31.08.2013    

Vereinsfahne des MGV Cäcilia Irlich zurück in der Heimat

Roter Samt, bunte Seide und Brokatfransen zieren die prunkvolle Fahne mit der aufgestickten Heiligen Cäcilia. 95 Jahre lang war sie verschwunden und vermisst. Am vergangenen Donnerstagabend wurde das gute Stück feierlich wieder in Besitz genommen. „Herr, Deine Güte reicht so weit“ sang voller Dankbarkeit der Männerchor Cäcilia Irlich unter der Leitung seines Dirigenten Andreas Wies vor der Irlicher Pfarrkirche.

Die Fahne des Männergesangvereins Irlich aus dem Jahre 1912. Fotos: Helmi Tischler-Venter

Neuwied-Irlich. Vorsitzender Jürgen Nilges skizzierte kurz die Geschichte der Heimgekehrten: 1912 finanzierten Sänger und Mitglieder des Chores die schöne 120x120 cm große Vereinsfahne. 10 Reichsmark pro Person waren damals ein teuerer Einsatz. Ihren Platz fand Cäcilia in der Kirche. Nach Ende des ersten Weltkriegs bezogen die Amerikaner Quartier im Vereinslokal Härtling. Als 1918 die Amerikaner weg waren, war auch die Fahne weg. Ein Soldat musste sie als Kriegsbeute mitgenommen haben. Sie blieb verschwunden. Dem fahnenlosen Verein stiftete die Vereinswirtin Härtling zum 75jährigen Bestehen des Chores und zum 50jährigen Bestehen des Hauses als Vereinslokal eine neue gestickte Fahne. Sie ist bis heute die Vereinsfahne des Männerchors.

Zuvor hatten die Irlicher bereits viel Pech mit ihren Fahnen gehabt. Nach seiner Vereinsgründung im Jahr 1857 leistete sich der Männerchor eine Fahne aus Leinen mit einem gemalten König David darauf. Das 250x230 große Stück wurde wegen seiner unhandlichen Größe jedoch nach wenigen Jahren versteigert. Auf die zweite Leinenfahne ließ man 1863 die Heilige Cäcilia malen. Sie fand ihren Platz in der Kirche. 1886 wurde deshalb eine Replik dieser Fahne in der Größe 200x190 erstellt. Die zweite Fahne verbrannte 1909 durch Blitzeinschlag in der Kirche. Die vierte Version war dann die gestohlene Prunkfahne.

Diese trat erst wieder in Erinnerung durch einen Telefonanruf, den Jürgen Nilges am 7. 6. 2013 erhielt. Ein Herr Wais aus Bayern teilte mit, dass im Internet bei Ebay in den USA eine Vereinsfahne des „Männergesangverein Cäcilia Irlich“ von 1912 versteigert würde. Wais, Vorstandsmitglied eines Soldatenvereins, dessen Fahne als Kriegsbeute in die USA ausgewandert war, recherchiere regelmäßig in amerikanischen Internetauktionen nach der eigenen Fahne, weil in den Staaten offenbar alte deutsche Fahnen beliebte Sammlerobjekte seien. Er habe so bereits drei anderen deutschen Vereinen zu ihrer verlorenen Fahne verholfen. Wais mailte die entsprechende Internetseite, ihr waren ein Bild der Fahne und das Gebot, das gerade bei knapp 1.400 Dollar lag, beigefügt. Nilges konnte die abgebildete Fahne zweifelsfrei als die vermisste Nummer vier identifizieren.



Chorleiter Andreas Wies wollte das wichtige Stück Zeitgeschichte gern zurückholen und ermittelte den Besitzer der Fahne. Es handelte sich um einen kalifornischen Weinhändler und Flaggensammler, der angab, dass er das Objekt selbst vor einem Jahr ersteigert habe. Nun brauche er Geld für seinen Weinbaubetrieb und wolle einige Sammlerstücke verkaufen. Für 1.800 Dollar würde er die Auktion stoppen und die Fahne portofrei und versichert nach Deutschland schicken. Mit Zollgebühren und Steuern kamen somit über 2.000 Dollar kosten zusammen.

Da der Gesangverein nicht so vermögend ist, ging Wies auf die Suche nach Geldgebern. Seine Bitte an Chormitglied Landrat Kaul um Rat und Hilfe, brachte Erfolg. Kaul riet, die Banken um Unterstützung zu fragen. Tatsächlich erklärten sich VR-Bank und Sparkasse Neuwied spontan bereit, mit je 1.000 Euro zum Fahnenerwerb beizutragen. Damit war die Rückführung gesichert. Es folgten unzählige Formalitäten, bevor Vorsitzender Nilges am 25. Juni 2013 die Fahne unter dem Geläut der Mittagsglocke nach Irlich bringen konnte.

Boris Quade als Vertreter der Sparkasse und Christoph Heeg von der VR-Bank Neuwied-Linz übergaben bei dem kleinen Festakt am Donnerstag symbolisch jeder einen Scheck über 1.000 Euro. Landrat Kaul und Oberbürgermeister Roth dankten den Sponsoren für ihre unbürokratische Hilfe. Hilfe wird auch weiterhin nötig sein, denn die Rückseite der Cäcilia-Fahne zeigt große Löcher und Stockflecken im Seidengewand auf, offenbar durch zu feuchte Lagerung. Nun wird ein kostengünstiger Restaurator gesucht. Auch ein geeigneter Aufbewahrungsplatz muss noch gefunden werden. Schließlich soll die lange Vermisste nicht gleich wieder in einem unzugänglichen Schrein verschwinden. Helmi Tischler-Venter


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