Seyran Ateş erhält den Ehrenpreis der Loewenherz-Stiftung
Die einzige kommunale Frauenstiftung im Land Rheinland-Pfalz verleiht den Ehrenpreis alle zwei Jahre an Frauen, die sich "irgendwie und irgendwo um die Sache der Frauen besonders verdient gemacht haben", wie es das Testament der Stiftungsgeberin Johanna Loewenherz und die Satzung der Stiftung vorsehen.
Neuwied. Die Anwältin, Publizistin und Frauenrechtlerin Seyran Ateş erhielt von Landrat Rainer Kaul den Ehrenpreis der Johanna-Loewenherz-Stiftung. "Sie wurde dem Kreisausschuss, dem geschäftsführenden Gremium des Kreistages, von den Gleichstellungsbeauftragten aus Stadt und Landkreis Neuwied vorgeschlagen, der diesen Vorschlag einhellig unterstützte," erläuterte Landrat Kaul den mehr als 100 Gästen im vollbesetzten Prachtsaal des Roentgenmuseums, die zudem ein vorzügliches musikalisches Rahmenprogramm mit der Akkordeonistin Veronika Todorova genießen konnten.
In ihrer Laudatio würdigte Evelyn Finger, Leiterin des Ressorts "Glauben und Zweifeln" bei der Zeitschrift DIE ZEIT das mutige Engagement der Berlinerin zugunsten einer Freiheit, unabhängig von der Religionszugehörigkeit, der ethnischen Zugehörigkeit und dem Geschlecht. Freiheit für alle Menschen sei zwar in diesem Land gesetzlich verbrieft, aber nicht allen Frauen gleichermaßen zugänglich. Frau Ateş kritisiere die wirkliche Welt, weil sie die Möglichkeit einer besseren Welt sähe und kämpft für die Realisierung ihrer Vision dieser besseren Welt.
Dass diese Haltung Mut verlange, läge auf der Hand, denn schon einmal wurde Seyran Ateş im Alter von 21 Jahren als Studentin angeschossen und lebensgefährlich verletzt, als sie in einem Beratungszentrum für muslimische Frauen arbeitete. Trotz dieser Erfahrung vertritt sie heute als Juristin überwiegend muslimische Frauen, die psychische oder körperliche Gewalt erfahren und wieder erhält sie Morddrohungen. "Seyran Ateş glaubt an einen liberalen Islam und ist nicht bereit, ihre türkischen, kurdischen und muslimischen Wurzeln an Fanatiker zu verlieren", betont Evelyn Finger in der Laudatio.
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In ihrer Dankesrede verdeutlichte die Preisträgerin ihre Positionen: Ihre Position zum weltweiten Patriachat ebenso wie ihre Auffassung zur bundesdeutschen Verfassung: "Glücklicherweise lebe ich in einem Land, das mich schützt. Ich lebe in dem Luxus, für meinen freien Geist nicht vom Staat verfolgt zu werden. Im Gegenteil gewährt mir dieser Staat Personenschutz". Mit dem Verweis auf häusliche Gewalt, die Unterrepräsentanz von Frauen in Vorständen und der Politik, richtete die Preisträgerin auch auf vermeintlich moderne demokratische Staaten einen kritischen Blick.
"Ich bin sicher, dass Johanna Loewenherz als Jüdin vortrefflich mit Seyran Ateş, Muslimin, aber auch den anwesenden ehemaligen Ehrenpreisträgerinnen Schwester Basina Kloos, ehemalige Generaloberin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen und der jüdischen Geschichtsprofessorin Prof. Dr. Annette Kuhn sowie der Christin Dr. Sylvia Brathuhn angeregt diskutiert und genetzwerkt hätte. Dabei wäre die Summe der Gemeinsamkeiten der Damen größer als die Summe der Differenzen gewesen", ist Gleichstellungsbeauftragte Doris Eyl-Müller überzeugt.
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