Asül in der Abtei Rommersdorf
Wenn es einer schafft, trotz laufender Spiele der Fußballweltmeisterschaft am Samstagabend (28. Juni) die Abtei Rommersdorf zu füllen, dann Django Asül. Altersmäßig bunt gemischt war das Publikum beim Programm „Paradigma“.
Neuwied. Ein Paradigmenwechsel sei nötig, befand der Kabarettist, der selbst die Staatsbürgerschaft wechselte und die Dinge aus „deutschen Augen“ nun ganz anders betrachtet.
Die Stadt Neuwied hatte er sich mit einem Stadtführer mit Migrationshintergrund betrachtet, daher wusste er nun viel über die Freistadt, zum Beispiel, dass Neuwied die erste Industriestadt war: Möbelindustrie, Uhrenindustrie, selbst die Schienen für die erste Eisenbahnstrecke Nürnberg – Fürth kamen aus Neuwied. Den Kräutergarten der Abtei bezeichnete Asül als Wallfahrtsort für Junkies. Die Abtei meinte er, sei gar nicht ursprünglich als Kirche geplant gewesen, sondern als Kongresszentrum von Kurt Beck.
Regenwettergerecht hatte der Künstler sein Outfit gewählt: Hochwasserhose unten und – passend zu Zeit und Ort - eine Fußballkutte oben. Für die Presse wollte er beim Fotografieren seinen Mund halten, weil sonst Lücken im Text entstehen.
Lässig und entspannt auf der Bühne stehend wurden die deutsche und europäische Politik vom Kabarettisten in blau-weiße Rauten zerlegt und scheinbar wohlwollend aber scharfzüngig und verbal kreativ persifliert. Die Presse übertreibe maßlos, meinte er, denn zum Beispiel die mediale Behauptung, der bayrische Innenminister Hermann sei inhuman, weil er Asylanten vom Rinderplatz verjagt hatte, sei ungerechtfertigt, denn der habe ganz rational reagiert mit der Bemerkung: „Dieser Platz heißt Rindermarkt, nicht Asylantenmarkt.“
Der bayrisch-hintersinnige Faktencheck entlarvte alle politischen Aufreger als kluge Regierungstaktik, obwohl auch schon einmal ein „Hitzestau im Hosenanzug“ die Kanzlerin zu fragwürdigen Bemerkungen verleitete. Dafür ist mancher Politiker „mit allen Abwassern gewaschen“.
Die Affäre um den Limburger Bischof sei reines „Hochwürden-Bashing“, denn der ICE-Bahnhof Montabaur sei mindestens so teuer wie der Bischofssitz, jedoch: Die Kirche hat das Geld! Da das Land Hessen innerhalb von 15 Jahren mit seinen Beiträgen an das Bistum Limburg den Bischofspalast finanziert und das Gehalt des Würdenträgers vom Steuerzahler gezahlt wird, gebühre Tebartz der Titel „Hedgefondmanager des Jahres“.
Auch der Berliner Flughafen kommt alle zehn Tage in die Presse. Der wiederernannte Leiter Wowereit versteht bis heute nicht, wie es zu dem Zahlendreher beim Eröffnungsjahr 2013 kam, denn in seinen Unterlagen stand immer 2310. Die Ernennung von Mehdorn war reine Strategie: Wenn alle Stricke reißen, wird es ein Bahnhof.
Solidarität und Hilfsbereitschaft seien die Themen des dritten Jahrtausends postulierte Asül und gab gleich einige zwerchfellerschütternde Beispiele seiner geplanten und spontanen Hilfsbereitschaft zum Besten.
Django Asül parodierte mit schauspielerischem Talent mehrere Stammtischdialoge aus seiner niederbayrischen Heimat, in denen alle gängigen Klischees bajuwarisch seziert und mit Weißbier ertränkt wurden. Ein Thema war die Wandlung vom Türken zum Deutschen. Diese hatte durchaus Nebenwirkungen. Das Aufstehen am Morgen war dem Neu-Deutschen kaum möglich, denn auf den Schultern lastet als Druck die immense Verantwortung, die alle Deutschen tragen.
Fazit eines guten Freundes beim Philosophieren in der Sauna: „Scheitern ist die Norm. Sorgen muss man sich erst machen, wenn’s klappt!“ Helmi Tischler-Venter
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