Interview mit Oberbürgermeister Nikolaus Roth zum RLP-Tag
Zu den Kosten und dem personellen Aufwand des Rheinland-Pfalz-Tages für die Stadt Neuwied sowie dem Kapital, das die Stadt und die Region daraus schlagen können, hat Oberbürgermeister Nikolaus Roth dem NR-Kurier exklusiv ein Interview gegeben. Der finanzielle Aufwand für die Stadt liegt bei rund 800.000 Euro, ein Teil davon wird durch Spenden von Sponsoren abgedeckt.
Herr Oberbürgermeister, wie sieht ungefähr die Kostenkalkulation für das Event aus? Wie viel übernimmt die Stadt, was kommt durch Einnahmen rein, was zahlen andere Beteiligte?
OB Roth: Eine Veranstaltung wie der Rheinland-Pfalz-Tag erfordert selbstverständlich auch einen höheren finanziellen Aufwand. Alleine die Ausgaben für Infrastruktur und Sicherheit sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Zur Verdeutlichung seien die wesentlichen Kostenblöcke einmal dargestellt. Alleine für die Sicherheit und den Einsatz der entsprechenden Dienste werden 90.000 Euro benötigt. Die Ausgaben für die Ver- und Entsorgung - einschließlich der Toilettencontainer - erfordert einen Aufwand von circa 70.000 Euro und die gesamte Infrastruktur für die Versorgung mit Strom und Frischwasser macht einen Aufwand von circa 110.000 Euro erforderlich. Hierfür steht die Stadt ein und kalkuliert mit Kosten von circa 330.000 Euro. Hinzu kommen sowohl Sachleistungen als auch finanzielle Zuwendungen in Form von Spenden und Sponsoring, die im Wesentlichen die weiteren Leistungen und das Programm während des Rheinland-Pfalz-Tages tragen. Hierbei handelt es sich um ein Volumen von über 200.000 Euro. Die Einnahmen der Stadt aus der Bewirtschaftung der Parkflächen sowie aus Steuerrückflüssen können derzeit nur grob geschätzt werden und dürften im unteren fünfstelligen Bereich liegen.
Welche Stärken stellt die Stadt an den drei Tagen besonders in den Vordergrund? Was "verkauft" sie?
OB Roth: Zunächst wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern die Schönheit unserer Stadt auch dadurch nochmals erfahrbar machen, indem wir sie den Gästen zeigen und, wie dies durchgehend in der Vergangenheit auch immer wieder geschehen ist, diese Attraktivität von ihnen auch bestätigt wird. Die Stadt Neuwied und die gesamte Region haben sehr viel an Baudenkmälern und Kleinodien, an atemberaubender Landschaft und wunderschönen Einrichtungen zu bieten. Noch vielmehr aber wollen wir die Geschichte unserer Stadt erzählen, die eine Geschichte der Vielfalt und Pluralität, des Bunten und Verschiedenem ist. Eine Geschichte, in der auf Basis der der Stadt bei ihrer Gründung geöffneten Freiheiten, insbesondere der Religionsfreiheit, über Jahrhunderte hinweg, allerdings unterbrochen durch die nationalsozialistische Barbarei und den Holocaust, ein Miteinander gelebt wurde, dass von Toleranz, Offenheit und gegenseitigem Respekt geprägt war und ist. Die Stadt Neuwied zeichnet sich aus durch eine besondere Willkommenskultur und eine außergewöhnlich hohe Integrationskraft.
Wie viele städtische Helfer sind in der Vorbereitung und der Organisation der Veranstaltung eingebunden? Wer hilft sonst noch mit, die Kreisverwaltung?
OB Roth: Seit mehr als 18 Monaten laufen nunmehr die Vorbereitungen für den diesjährigen Rheinland-Pfalz-Tag und von Anbeginn an waren nahezu 60 hauptamtliche Kräfte der Verwaltung in vier Arbeitskreisen mit insgesamt 17 Arbeitsgruppen in den verschiedensten Bereichen tätig. Hinzu traten auch von Beginn an bereits ehrenamtliche Helfer, wie zum Beispiel die Mitglieder der KG Heimbach und der KG Weis, die selbstständig die Organisation des Festzuges des Rheinland-Pfalz-Tages übernommen haben. Mittlerweile konnten mehr als 200 weitere ehrenamtliche Kräfte gewonnen werden, die als Volontärs die Gäste unserer Stadt begrüßen wollen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen werden. Von Seiten der Kreisverwaltung müssen wir uns besonders bei Herrn Jünger, dem Beauftragten für den vorbeugenden Brandschutz, für seine kollegiale und intensive Mitwirkung im Rahmen der Sicherheitskonzeption bedanken.
Worin sehen Sie den größten langfristigen positiven Effekt?
OB Roth: Wie schon der Rheinland-Pfalz-Tag 1993 in Neuwied bewiesen hat, hat er für die Ausrichterstätte immer auch einen nachhaltigen Erfolg. Viele Menschen besuchen teils zum ersten Mal unsere Stadt und erleben die besondere Atmosphäre, die Neuwied auszeichnet. Natürlich verbinden wir mit der Veranstaltung die Erwartung, dass die Menschen wiederkehren werden, als Besucherinnen und Besucher oder auch als zukünftige Mitbürgerinnen und Mitbürger, um hier Heimat und auch Arbeitsstätte zu finden.
Haben Sie im Vorfeld Reaktionen der heimischen Wirtschaft mitbekommen?
OB Roth: Der Rheinland-Pfalz-Tag hat selbstverständlich zu Beginn bereits erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen insbesondere für das Beherbergungsgewerbe gezeigt. Die Gastronomie wird während der Durchführung der Veranstaltung ebenfalls sehr stark hiervon profitieren. Als Besucherin und Besucher des Rheinland-Pfalz-Tages werden die Gäste sicherlich nicht zuvörderst auch die Einzelhandelsangebote der Stadt in Anspruch nehmen, können sich aber bereits über die Sortimentsvielfalt und die Qualität des Neuwieder Einzelhandels informieren. Hier hoffen wir natürlich für die Zukunft neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen. Aus dem Bereich von Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen gibt es auch von Beginn an sehr viel Unterstützung, nicht zuletzt bei der kostenfreien Bereitstellung der notwendigen Parkplätze für das Park & Ride System, aber auch in vielfältig anderer Form. Gerade für diese Bereiche aber soll der Rheinland-Pfalz-Tag auch eine Standortwerbung sein, um vor allem auch jüngere Menschen und Familien nach hier einzuladen, Arbeitsplatz und Wohnsitz zu finden.
Waren alle Fraktionen im Stadtrat für die Durchführung des Rheinland-Pfalz-Tages in Neuwied?
OB Roth: Uneingeschränkt und einstimmig haben die Fraktionen des Stadtrates den Antrag auf Bewerbung für die Durchführung des Rheinland-Pfalz-Tages beschlossen. Dies geschah vor dem Hintergrund der mit der Durchführung des Rheinland-Pfalz-Tages verbundenen Erwartungen, so wie sie zuvor beschrieben worden sind.
Wie weit ist die Vernetzung der Kommunen am "romantischen" Mittelrhein im Wettbewerb um Urlaubsgäste und Gewerbeansiedlungen vorangeschritten?
OB Roth: Im touristischen Bereich gibt es eine enge Vernetzung in vielfältiger Form und eine bestehende Gesamtstruktur beginnend von der Rheinland-Pfalz-Touristik über die Regional-Agenturen bis in die örtlichen Tourismusbüros. Die touristische Arbeit beruht auf der Rahmenstrategie des Landes Rheinland-Pfalz unter dem Titel "Tourismuskonzept 2015". Dieses wird aufgrund des überragenden Erfolges im Wesentlichen sicherlich fortgeschrieben. Bezüglich der Gewerbeansiedlungen stehen die Kommunen in der Region selbstverständlich miteinander im Wettbewerb. Jede Kommune ist danach bestrebt, zukunftsträchtige Industrie- und Gewerbe- oder Dienstleistungsunternehmen in seinen Gemarkungen anzusiedeln. Hier konnte insbesondere Neuwied in den letzten Jahren sehr viele Ansiedlungserfolge verzeichnen, die auch die Richtigkeit der Grundkonzeption bestätigen, nämlich dass Neuwied auch weiterhin auf produzierendes Gewerbe und Industrie den Schwerpunkt setzt. Daneben hat sich in unserer Stadt der Gesundheitsbereich zu einem weiteren tragenden Wirtschaftssektor herausgebildet.
Die Fragen stellte Holger Kern.
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