Wiedwehre in Irlich werden durchgängig
Für viele Fische, die den Weg vom Rhein in den Oberlauf der Wied suchen, endet die Wanderung bereits nach gut einem Kilometer. Ein 2,20 Meter hohes Wehr lässt die meisten Fische hier an ihrem angeborenen Verhalten flussaufwärts zu schwimmen scheitern.
Neuwied-Irlich. Durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie soll ein europäischer Gewässerschutz auf einem einheitlichen und hohen Niveau gewährleitstet werden. Zentrales Ziel ist der „Gute Zustand“ unserer Oberflächengewässer und des Grundwassers. Hierfür gibt die Richtlinie vor, nach einheitlichen Kriterien innerhalb der Europäischen Union einen guten ökologischen Zustand der Gewässer binnen vorgegebener Fristen zu erreichen. Die bei der Errichtung der Wehranlage Ende der 1920er Jahre eingebaute Fischtreppe ändert daran nichts, denn sie ist aufgrund großer Turbulenzen nur eingeschränkt nutzbar.
Deshalb haben die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, Regionalstelle Montabaur, und die Kreisverwaltung Neuwied einen Auftrag zur Umgestaltung der Wehranlage erteilt. Eine Fachfirma wird die voneinander getrennten Flussabschnitte für die gesamte Fließgewässerfauna wieder vernetzen. Gleichzeitig soll ein im Zusammenhang mit der Verlegung der Wied beim Deichbau entstandenes kleineres Wehr umgebaut werden.
Die Baukosten für die Umgestaltung der beiden Wiedwehre belaufen sich nach einer öffentlichen Ausschreibung auf etwa 393.000 Euro. Das Land Rheinland-Pfalz übernimmt im Rahmen der Aktion Blau Plus hierzu einen Anteil von etwa 350.000 Euro. Daneben stehen für die Umsetzung des Projektes noch Ausgleichsmittel aus dem Bau der ICE- Strecke Köln/ Rhein-Main zur Verfügung.
Mit der Herstellung der Baustellenzufahrt haben jetzt die Arbeiten zur Umgestaltung der beiden untersten Wehranlagen in der Wied im Neuwieder Stadtteil Irlich begonnen. „Bevor hier die Arbeiten aber richtig beginnen, muss das gesamte Baufeld auf mögliche Bombenblindgänger untersucht werden, die bei Luftangriffen im 2. Weltkrieg auf die Irlicher Eisenbahnbrücke ihr Ziel verfehlt haben. Danach kann mit dem Abbruch des betonierten Mittelpfeilers und der alten Fischtreppe begonnen und die Stahlwalze ausgebaut werden, die bisher eine Regulierung des Wasserspiegels ermöglichte. Dies ist nicht mehr nötig, da die Firma Rasselstein auf ihr altes Staurecht verzichtet hat“, so SGD Nord Präsident Dr. Ulrich Kleemann, der sich selbst vor Ort ein Bild von den aktuellen Arbeiten machte.
Mit den Abbrucharbeiten alleine kann die Durchwanderbarkeit noch nicht sichergestellt werden. Der verbleibende Gefällesprung von 1,40 Meter Höhe muss noch überwindbar werden. Deshalb wird, um einen möglichst naturnahen Zustand zu erreichen, die Wied über die gesamte Breite als so genannte Sohlengleite ausgebildet. Große Blocksteine mit bis zu 1,70 Meter Durchmesser, die in einer Packlage aus kleineren Blocksteinen eingebunden werden, sollen das „Gerüst“ der Sohlengleite bilden.
In der Mitte entsteht eine muldenförmig ausgebildete Rinne aus kaskadenartig hintereinander liegenden Becken, auf die sich bei niedrigen Wasserständen der größte Teil des Abflusses konzentriert. Diese so genannte Niedrigwasserrinne stellt das Grundelement des Fischaufstiegs dar und ermöglicht zukünftig wieder den natürlichen Austausch der in der Wied lebenden Fischarten bis hin zu den als Wirbellosenfauna bezeichneten Organismen. Nach der Umgestaltung der Wehranlage werden sich in den neuen Becken und Gumpen wieder die an das Leben im Wasser besser angepassten Arten tummeln.
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