Schritt für Schritt zurück in den Beruf
Agentur für Arbeit hilft Frauen bei der Orientierung auf dem Arbeitsmarkt. Eine Ausbildung ist auch nach längerer Pause eine gute Grundlage für den Wiedereinstieg.
Neuwied. Experten nennen sie die „stille Reserve“: gut ausgebildete Frauen, die dem Arbeitsmarkt zurzeit nicht zur Verfügung stehen - obwohl sie eigentlich gern wieder einen Job hätten. Doch der Weg zurück in den Beruf ist trotz zunehmendem Fachkräftemangel nicht immer einfach. Die Agentur für Arbeit unterstützt diese Frauen, indem sie Möglichkeiten auslotet, Hilfsangebote aufzeigt, Qualifizierungslücken schließt - und Mut macht, auch Schwierigkeiten zu überwinden.
Nicole Henrichs (Name geändert) ist 41 und Hausfrau. Früher gehörte sie zu den Besten: Ihr Schulabschluss hatte eine eins vor dem Komma, die Prüfung zur Industriekauffrau legte sie mit Auszeichnung ab, bevor sie ein paar Jahre später als Assistentin der Geschäftsleitung zur wichtigsten Mitarbeiterin ihres Chefs aufstieg. Kurz nach ihrer Hochzeit nahm sie eine Auszeit, wollte sich erst mal um die Familie kümmern. Da war sie 30. Heute sind ihre Kinder acht und zehn Jahre alt. Eine Mutter, die den ganzen Tag zu Hause ist, brauchen sie eigentlich nicht mehr. Doch als Nicole Henrichs vor drei Jahren zum ersten Mal versuchte, wieder ins Berufsleben einzusteigen, war sie schnell ernüchtert. Ihr Beruf hat sich gewaltig verändert, vor allem mit den technischen Neuerungen des Computerzeitalters kann sie nur wenig anfangen. Und wenn doch mal jemand bereit war, ihr eine Chance zu geben scheiterte die Sache daran, dass sich die geforderten Arbeitszeiten nicht mit dem Familienleben vereinbaren ließen. Irgendwann stellte sie ihre Bemühungen schließlich resigniert ein.
Claudia Stümper-Oehl kennt diese Geschichten. Bei der Agentur für Arbeit Neuwied ist sie Ansprechpartnerin für Frauen wie Nicole Henrichs. Und trotz aller unleugbaren Schwierigkeiten, die die Rückkehr in den Beruf vor allem nach längerer Abwesenheit bereiten kann, macht sie den Frauen Mut. „Egal, wie lange man aus dem Job raus ist: Ausbildung und Berufserfahrung sind eine solide Grundlage, auf der man aufbauen kann.“ Auch, wenn das nicht immer ohne Anstrengung und Kompromissbereitschaft möglich sei. „Wissenslücken lassen sich durch gezielte Qualifikation schließen und auch für die meisten anderen Schwierigkeiten gibt es annehmbare Lösungen.“
Die kann und will die Agenturmitarbeiterin ihren Schützlingen zwar nicht auf dem Silbertablett servieren. „Aber bei den schwierigen ersten Schritten nehme ich sie gern an der Hand.“ Ohnehin sei die größte Hürde vieler Frauen das eigene Selbstbewusstsein. „Die Frauen glauben häufig, dass sie nach Jahren als Hausfrau und Mutter nur einen geringen Wert für Arbeitgeber haben. Dabei haben sie doch gerade während der Familienzeit Managementqualitäten und Organisationstalent aufgebaut. Und jetzt trauen sie sich sogar zu, diese mit einem weiteren Job zu kombinieren. Das sind doch optimale Voraussetzungen für alle Chefs, die sich stresserprobte, kreative und verantwortungsbewusste Mitarbeiterinnen wünschen.“
Angebote für Frauen, die den Weg zurück in den Beruf suchen, gibt es viele. Das weiß auch Claudia Stümper-Oehl. Schließlich verfügt die Arbeitsagentur selbst über eine breite Palette an Angeboten. Doch ihre eigene Arbeit setzt früher an, erklärt sie. „Bei mir geht es nicht darum, konkrete Qualifizierungen anzustoßen oder gar Stellen zu vermitteln. Das kommt später, in den Beratungsgesprächen mit unseren Vermittlungsfachkräften. Wer meine Unterstützung benötigt, muss sich nirgendwo anmelden oder registrieren lassen. Und ich erwarte auch nicht, dass meine Kundinnen schon Bewerbungen geschrieben oder sich konkrete Gedanken über ihre Zukunft gemacht haben.“ Sie wolle ja gerade für diejenigen da sein, die sich mit all diesen Dingen überfordert fühlen. „Nur eins sollte für die Frauen feststehen: dass sie in die Arbeitswelt zurückkehren wollen. Alles andere bringen wir gemeinsam auf den Weg.“
So wie bei Nicole Henrichs. Nach einer Reihe von Fortbildungen wird sie demnächst in einem kleinen Handwerksbetrieb in der Region anfangen. Teilzeit, im Büro. Dort ist sie eine von drei Mitarbeiterinnen. Späterer Aufstieg nicht ausgeschlossen.
Kontakt und Beratungsangebote: Jeden Mittwochvormittag ab September gibt es im BiZ (Berufsinformationszentrum der Agentur für Arbeit Neuwied, Julius-Remy-Str. 4) von 8.30 bis 12 Uhr ein offenes Beratungsangebot für Frauen, die in den Beruf zurückkehren wollen. Darüber hinaus sind individuelle telefonische oder persönliche Beratungen möglich. Nähere Informationen gibt es bei Claudia Stümper-Oehl (02631 – 891 341) oder Gisela Kretzer, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt (02631 – 891 560).
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