Dezimierte Bären schlagen Essen
Mit einer taktischen Meisterleistung hat der EHC Neuwied auch das zweite Heimspiel gegen die Moskitos aus Essen gewonnen. Die Bären setzten sich trotz zahlreicher namhafter Ausfälle mit 4:1 (3:0, 0:0, 1:0) gegen die Stechmücken durch. 1054 Zuschauer sahen eine packende Begegnung.
Neuwied. „Ich mache schon lange Eishockey, aber ich habe selten eine Mannschaft gesehen, die so unglaublich zusammenpasst, die einen solchen Charakter hat, die 60 Minuten Vollgas gibt", sagte Essens Trainer Frank Gentges über die Bären.
EHC-Trainer Arno Lörsch hatte personell improvisieren müssen: Mit Kapitän Brian Gibbons (Kreuzband) und Michel Maaßen (Sperre) fehlten zwei Schlüsselspieler im Sturm, mit Kai Schmitz (Angina) der beste Verteidiger – und obendrein mussten auch Lucas Becker (Grippe) und Dominik Kley (Knöchelverletzung) passen. Da auch Andreas Wichterich und Daniel Niestroj Trainingsrückstand haben, setzte Lörsch nur vier Verteidiger und neun Stürmer ein – die in dieser Zusammensetzung noch nie gemeinsam auf dem Eis gestanden hatten.
Dennoch erwischte man den Gegner wie im ersten Spiel in Neuwied eiskalt: Josh Myers traf auf Vorarbeit von Artur Tegkaev und Josh Rabbani zum viel umjubelten 1:0 (6.). In einem ausgeglichenen ersten Drittel hatten in der Folge beide Teams die Möglichkeit, ihre Tore zu machen – auch Essen hätte nach 20 Minuten mit 3:1 führen können, scheiterte aber immer wieder an einem bärenstarken EHC-Keeper Kiian Aaltonen – und an der eigenen Disziplin. Den Neuwiedern boten sich im ersten Drittel zwei Überzahlsituationen, die auch prompt genutzt wurden. Felix Köbele traf nach 10 Minuten zum 2:0, Artur Tegkaev nach 19 Minuten zum 3:1. Zwischendurch hatten die Gäste durch Marvin Deske auf 1:2 verkürzt (17.). Bezeichnend für das Spiel der Gäste, die sich im Vorfeld dem Gegner vor allem im spielerischen Bereich überlegen gewähnt hatten: Das Essener Tor fiel nicht am Ende einer schönen Kombination, sondern nach einem wilden Gestocher vor dem Neuwieder Tor, an dessen Ende die Scheibe irgendwie den Weg über die Linie fand.
Essens Kapitän Jan Barta hatte vor dem Spiel – mit Blick auf die 2:3-Niederlage in Neuwied vor drei Wochen – noch angekündigt: „Der Gegner wird kaum besser spielen können, als er es damals gegen uns getan hat. Wir können es aber viel besser.“ Barta sollte sich getäuscht haben – im doppelten Sinne. Denn auch wenn seine Mannschaft sich vor allem im zweiten Drittel Torchancen erarbeitete, die spielerischen Akzente setzte eine wie aufgedreht agierende Bärenmannschaft. Über 60 Minuten warfen alle Neuwieder Spieler jede Menge Wille und Leidenschaft in diese Partie – das sollte sich auszahlen.
Am Ende des Spiels hatte Essen keine der sechs Überzahlsituationen nutzen können, Neuwied hingegen aus fünf Überzahlsituationen zwei Tore gemacht. Der souverän leitende Unparteiische Dirk Stoß übersah nur wenig – etwa, als Essens Thomas Richter dem auf dem Eis liegenden Josh Myers mit dem Schläger auf die Hand schlug (25.). Stoß hatte es nicht gesehen, wohl aber EHC-Stürmer Artur Tegkaev, der mit einigen schnellen Fäusten Richter bestrafte. Der Unparteiische bewies Fingerspitzengefühl und schickte beide Akteure jeweils für vier Strafminuten auf die Bank. Hart war seine Entscheidung im letzten Drittel gegen Moskitos-Verteidiger Michael Hrstka: Nachdem Max Wasser in einem Zweikampf zu Boden gegangen war, schlug Hrstka abseits des Geschehens Andre Bruch einmal mit der Faust ins Gesicht. Der Essener kassierte eine Spieldauerstrafe wegen übertriebener Härte – vielleicht hätten wie bei Tegakev und Richter auch hier kleine Strafen ausgereicht.
Entscheidend für den Spielverlauf war aber auch dies nicht – zumindest konnte Neuwied diese Überzahl nicht nutzen und kassierte in den fünf Minuten selbst eine kleine Strafe. Das beruhigende und endgültig entscheidende 4:1 von Christian Neumann in der 54. Minute fiel bei Fünf-gegen-Fünf auf dem Eis – und es machte aus der Bärenhöhle endgültig ein Tollhaus.
„Gratulation an Arno Lörsch und Neuwied, der Sieg geht in Ordnung“, sagte Moskitos-Trainer Gentges. „Wir sollten nicht zu sehr auf dem Schussverhältnis rumreiten. Wir machen zwar Statistiken, aber wie sagt man so schön: Statistiken sind für Verlierer. Wir haben das Spiel zurecht verloren. Wir haben gut und intensiv gespielt. Aber es ist einfach schwer gegen diese Neuwieder Mannschaft, die einen unglaublichen Charakter hat.“
„Ich glaube, wir können der Mannschat ein mega Kompliment machen“, sagte EHC-Trainer Arno Lörsch. „Ich will nicht auf unseren Ausfällen rumreiten, aber sowas muss eine Mannschaft erstmal wegstecken. Das hat sie heute Abend in einer großartigen Manier gemacht. Wir hatten eine gute Chancenverwertung. Die Mannschaft hat bis zur letzten Minute unheimlich viel Leidenschaft gezeigt. Und dann kommt natürlich auch noch der sechste Mann auf der Tribüne dazu. Heute Abend hat einfach alles gepasst.“ Zum Neuwieder Spiel des Spiels wurde ein überragender Kiian Aaltonen gewählt, der – obwohl ebenfalls angeschlagen – den Moskitos ein ums andere Mal den Stachel gezogen hatte.
EHC Neuwied: Aaltonen, Rodens – Wichterich, Ochmann, Neubert, Hergt, C. Neumann – Rabbani, Bruch, Tegkaev, Myers, Köbele, Wasser, Aminikia, Niestroj, Bill, F. Neumann.
Zuschauer: 1054.
Tore: 1:0 Josh Myers (6.), 2:0 Felix Köbele (10.), 2:1 Marvin Deske (17.), 3:1 Artur Tegkaev (19.), 4:1 Christian Neumann (54.). Strafen: Neuwied 22 plus 10 Alexander Bill, Essen 18 plus Spieldauerstrafe Michael Hrstka.
Ausblick: Sonntag, 30. November 18.30 Uhr, EV Duisburg – EHC Neuwied
Lokales: Neuwied & Umgebung
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