Temperamentvolle „La Signora“ schockte Waldbreitbach
Schrilles Outfit ist ihr Markenzeichen: Schwarzes Haarnetz bis auf die Stirn gezogen, Schönheitsfleck, schwarze Biedermeierbluse mit Brosche, ziemlich langer schwarzer Rock. Der Zuschauer sorgt sich automatisch, ob die Dame wohl auch so schrill singt wie sie aussieht. Doch der Auftritt von „La Signora“ ist eine Überraschung.
Waldbreitbach. Die erste Überraschung lieferte Hajo Reuschenbach bei seiner Ansage. Der eben von der Freiburger Künstlermesse zurückgekehrte Geschäftsführer des Hotels zur Post konnte einen Applaus von Künstlern an das Waldbreitbacher Publikum überbringen. Auch in der nächsten Saison werde es wieder viel Comedy, Kabarett und A Capella Gesang geben, aber nur an einem Termin pro Monat.
Das angekündigte „Energiebündel“ kam im nonnenhaften Outfit zunächst ganz brav auf die Bühne. Carmela de Feo lamentierte, sie habe vor sechs Jahren schon einmal auf dieser gestanden, sei danach aber nicht mehr eingeladen worden. Dann lebte die kleine Frau deutlich auf: Zunächst nahm sie den Fotografen aufs Korn, dann fand sie andere Opfer im Saal, mit denen und über die sie schlagfertig und witzig lästerte. Sie flirtete, schimpfte, schmeichelte, schrie und zwitscherte. Um dann das Publikum zum Männer-Wichteln aufzufordern, gefolgt von dem Wichteltanz mit Akkordeon.
Singen konnte sie, La Signora, nicht schrill, sondern mit geübter Alt-Stimme, die sanft, laut, krächzend, melodisch und voluminös den Text trug, ganz nach Bedarf. Virtuos begleitete die Sängerin sich selbst auf dem Schifferklavier. Einen Übungssong vor der avisierten Thronbesteigung im Buckingham Palast hatte sie schon parat: „Ich klau dir deinen Stammbaum“.
Gleich darauf verkündete die Künstlerin, sie mache jetzt Escort-Service – aber nur für Hässliche. Das begründete sie schlüssig. Mit dramatischer Mimik reagierte de Feo auf Geräusche aus dem Publikum, immer wieder lief sie von der Bühne, um ihr Publikum genauer kennenzulernen und zu analysieren, wie den Fahrlehrer Karl-Heinz, der mit seiner Conny schon seit 32 Jahren ein Paar bildet und ein Bild malte, das „ein Hilfeschrei ist: Hier sucht ein Mann Liebe!“ Zum Trost erhielt der Einsame einen Schlüsselanhänger für die Hosentasche mit der Aufschrift: La Signora – Kotelett of love.
Eingestreut in ihre Stand up Comedy, sonderte sie immer wieder „alte italienische Sprichwörter“ ab. Wenn sie ihr Akkordeon ergriff und zu einem alten Schlager neue, überraschende Texte sang, wie „Willkommen in der Mittelschicht“ oder „Schwarze Nudeln aus Versehn“, waren die Zuhörer aufgerufen, gut aufzupassen oder auch den Refrain mitzusingen. Dann wieder hopste der „Durchlauferhitzer der Liebe“ leichtfüßig über die Bühne: „Ich tanze eine Bindehautentzündung“, sinnierte intensiv über das kleine Helferbein, das der liebe Gott den Chefs gegeben hat, damit sie sich lange oben halten können. Im Dialog mit Gott selbst, las sie diesem mit Ruhrpott-Akzent ordentlich die Leviten. Er hätte sich mehr Zeit nehmen sollen für seine Schöpfungsarbeit. So auf die Schnelle konnte das nur unvollständig sein, denn Männer gab es nicht im Paradies. Deswegen hatte Gott Burn-out vom ewigen Gezänk der Frauen und schuf schließlich den Mann aus Apfelresten, die er finden konnte.
La Signora konstatierte: „Die Menschheit braucht mich: Sankta Signora. Ich bin die Lichtung am Ende des Fummels – The black swan of love. Betet mich an!“
Als Zugabe sang sie den Tango „Mir doch egal!“ und anschließend mit tragender Stimme „Ich hab den grünen Daumen.“ Als vehement noch mehr Zugaben gefordert wurden, spielte sie großes Drama. Mit verzerrtem Gesicht und schriller Verzweiflung in der Stimme bat La Signora: „Wir müssen aufhören, es ist spät!“ Bleibt zu hoffen, dass es nicht wieder sechs Jahre dauert, bis die vielseitige La Signora wieder in Waldbreitbach gastieren wird. Helmi Tischler-Venter
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