Lewentz: Zunahme von Gewalt gegen Polizisten ist ein Skandal
Die Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte hat bundesweit zugenommen, auch in Rheinland-Pfalz und im nördlichen Landesteil. Jüngstes Beispiel ist die Messerattacke gegen Polizisten in Montabaur. Eine Gesellschaft, die Sicherheit und Schutz will sowie die permanente Präsenz der Polizei, muss sich angesichts der steigenden Gewaltzahlen gegen die Bediensteten der Polizei fragen lassen, was sie will.
Region. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz, hat die steigende Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten in Deutschland scharf kritisiert. „Unsere Polizistinnen und Polizisten setzen sich täglich für unseren demokratischen Rechtsstaat ein. Es kann nicht angehen, dass die Beamtinnen und Beamten immer wieder angegriffen werden“, sagte Lewentz am Dienstag, 4. August mit Blick auf das aktuelle Bundeslagebild „Gewalt gegen Polizei-Vollzugsbeamtinnen/-Beamte“ für das Jahr 2014.
„Es ist erschreckend, dass mit einer Zunahme von 6,3 Prozent knapp 62.800 Polizisten im vergangenen Jahr Opfer von Straftaten geworden sind“, betonte Lewentz. Selbst 123 Beamtinnen und Beamte seien Opfer von versuchten Tötungsdelikten geworden.
„Wir müssen alles tun, um Gewalt gegen unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte zu reduzieren“, unterstrich der Innenminister. Als Beispiel nannte er die konzeptionelle Beachtung des Themas in der Ausbildung aber auch die Einführung von Bodycams. In Rheinland-Pfalz laufe dazu seit einigen Wochen in Mainz und Koblenz ein Pilotprojekt.
„Ich sehe in der Bodycam ein taktisches Instrument, um der steigenden Gewalt gerade bei tagtäglichen Einsetzen zu begegnen“, sagte Lewentz. Erfahrungen auch der Polizei in Hessen hätten gezeigt, dass der offene Kameraeinsatz eine deeskalierende Wirkung erzeuge. „Das entschiedene Nein gegen Gewalt gegen Polizisten ist aber auch eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Schließlich ist unsere Polizei die Visitenkarte des Staates und steht für den Schutz aller Menschen, die hier leben,“ heißt es in der Pressemitteilung.
Laut Statistik sind die meisten Beamten Opfer von Gewalttaten in Nordrhein-Westfalen und Bayern geworden. In Rheinland-Pfalz wurden knapp 2.870 Polizistinnen und Polizisten Opfer von Verbrechen im letzten Jahr.
Besonders häufig handelt es sich um Fälle des Widerstandes gegen Polizisten mit 20.607 (plus 1,8 Prozent) Fällen. Bundesweit wurden 3.880 Beamten Opfer von gefährlicher und schwerer Körperverletzung und 13.592 von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung. Soweit der Pressebericht aus dem Innenministerium.
Schaut man in den detaillierten Bericht des Bundeskriminalamtes zum Thema Gewalt gegen Polizeibedienstete, so kann selbst neutralen Lesern nicht verborgen bleiben, dass etwas nicht mehr stimmt. Gelistet und erfasst sind getötete und verletzte Polizisten, die ihren Dienst versahen. Was aber ist mit den vielen alltäglichen Rüpeleien, Beleidigungen, Spucken, Treten und anderen aggressiven Verhaltensmustern gegen Polizisten, die tagtäglich an der Tagesordnung sind, das steht in keiner Statistik. Die Beamten nehmen es meist hin, da es ja kaum Repressalien gegen die Täter von Seiten der Justiz gibt. Wer mehr als 20 Jahre Polizisten im Einsatz als Journalist begleitet hat, ist da häufig genug entsetzt.
Was will diese heutige Gesellschaft eigentlich von ihrer Polizei? "Polizei muss immer verfügbar sein, wenn Menschen in Not sind oder Hilfe brauchen, 24 Stunden am Tag". Das ist meist die erste Antwort. "Wenn ich einen Unfall habe, will ich die Polizei schnell", auch eine von vielen Meinungen. "Die sollen nachts Streife fahren dann passiert auch weniger", ebenfalls häufig zu hören.
Welchen Stellenwert hat der Beruf heute in der Gesellschaft noch? Wie werden Polizisten bezahlt für einen Dreischicht-Dienst? Auch das sollten sich die Innenminister mal fragen, wenn sie sich entsetzt zeigen. Das Gewalt gegen Polizisten, wie jüngst in Montabaur oder bei den "Koegida"-Demos in Köln oder bei den anderen Demos in Deutschland nicht hinnehmbar sind, sollte eigentlich jedem Bürger dieses Landes klar sein. Ebenso klar sollte sein, dass es ungerechtfertigte Übergriffe von Beamten auch nicht geben darf. Eine durchaus ernst zunehmende Aufgabe für die Politik in Bund und Land steht angesichts der steigenden Gewaltzahlen durchaus bevor. (hws)
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