Traumstart in Holland: Neuwied fegt Tilburg vom Eis
„Das war pure Energie.“ Selten gibt es in einem Eishockeyspiel schon nach 13 Minuten einen Schlüsselmoment. Viel zu viel kann in der restlichen Spielzeit noch passieren. Und doch war dieser Führungstreffer des EHC Neuwied in Tilburg nach 13 Minuten ein ganz besonderer Moment.
Neuwied. „Die ganze Bank war wie elektrisiert“, beschreibt EHC-Trainer Craig Streu die Sekunden nach dem 1:0 durch Maurice Keil. Am Ende feierten die Bären einen überraschenden, aber auch verdienten 4:1 (2:0, 2:0, 0:1)-Erfolg beim niederländischen Serienmeister. Ein Traumstart in die neue Saison in der Oberliga Nord.
Kaum ein Trainer der Liga hatte vor der Saison bei der Frage nach den Titelfavoriten diesen Namen ausgelassen: Tilburg Trappers. Zum ersten Mal nimmt mit den Niederländern ein ausländisches Team am Spielbetrieb der dritthöchsten deutschen Spielklasse teil. Und die Gastgeber – ein Team gespickt mit holländischen Nationalspielern – legten von Beginn an ein beeindruckendes Tempo vor. Phasenweise konnte sich der EHC gar nicht aus dem eigenen Drittel befreien. „Es war der erwartete Sturmlauf“, beschreibt Streu vor allem diese ersten zehn Minuten der Partie.
Doch die Trappers scheiterten immer wieder am Mann des Spiels: Björn Linda. Der EHC-Goalie trieb Tilburg zur Verzweiflung. „Er hat ein paar super Saves gemacht“, sagt der Trainer. Die holländischen Fans werden später nicht von einer Niederlage gegen Neuwied, sondern von einer Niederlage gegen Linda sprechen. „Er hat uns in den ersten Minuten den Arsch gerettet“, sagt auch Teammanager Carsten Billigmann. Gleich drei Mal musste Neuwied in dieser Drangphase der Gastgeber in Unterzahl agieren. „Aber unser Penaltykilling war heute unglaublich“, sagte Streu. „Wir haben so viele Schüsse geblockt. Diese drei überstandenen Unterzahlspiele haben eine riesige Moral auf die Spielerbank gebracht.“
Spätestens nach 13 Minuten wähnte sich Tilburg endgültig im falschen Film. Und auch die Bärenfans warfen einen erstaunten Blick auf das Eis: Ausgerechnet Maurice Keil machte da auf Zuarbeit von Thomas Ziolkowski und Josh Myers das 1:0. Drei Akteure vom Kooperationspartner Jungadler Mannheim standen im Kader des EHC: Dimitry Butasch, Dennis Wengrzik und eben jener Keil, der jedoch kein einziges Vorbereitungsspiel mit den Bären absolviert hatte. Und jetzt traf ausgerechnet er zur so wichtigen Führung. „Das Ding reinzumachen war wirklich unglaublich“, sagte Keil. „Mein erstes Oberligator. Ein unglaubliches Gefühl. Die Stimmung im Team war schon auf der Fahrt richtig geil. Die Motivation war riesig. Ich bin unglaublich froh, dass es diese Kooperation zwischen Mannheim und Neuwied gibt.“
Cheftrainer Craig Streu hatte alle verfügbaren Akteure aufgeboten und eingesetzt, agierte zumeist mit vier Sturmreihen. Keil schenkte er früh das Vertrauen an der Seite der beiden Kontingentstürmer Josh Myers und Brian Gibbons. Der Plan ging auf. Die Ausgewogenheit im Kader zeigte sich auch an der Tatsache, dass die vier Neuwieder Tore von vier verschiedenen Torschützen erzielt wurden. Das wichtige 2:0 noch im ersten Drittel etwa besorgte Felix Köbele: Neuwieds Stephan Fröhlich kam von der Strafbank, leitete den Angriff ein, passte zu Max Wasser, und dessen Vorlage versenkte Köbele im Netz (17.).
Im zweiten Abschnitt waren auch die Spielanteile ausgewogener verteilt. Hatte Tilburg im ersten Drittel die Oberhand, so war die Partie jetzt ausgeglichen. Jedoch nicht vor dem gegnerischen Tor: Während Tilburg den Namen Linda mittlerweile schon tanzen konnte, blieben die Bären in der Chancenverwertung „brutal effektiv“ (Billigmann). Brian Gibbons (21.) und Dominik Ochmann (36.) trafen zum vorentscheidenden 4:0. Der EHC profitierte jedoch auch davon, dass den Trappers Stammgoalie Ian Meierdres fehlte und die Back-ups ihn nicht adäquat ersetzen konnten.
Während die Partie nun phasenweise etwas ruppiger wurde – die holländischen Teams sind für eine harte Gangart bekannt – verwaltete Neuwied den Vorsprung geschickt. Auf Scharmützel ließ man sich gar nicht erst ein, drehte sich vielmehr weg vom Gegenspieler und fuhr zum Wechsel. „Die Disziplin war hervorragend“, lobte Streu seine Mannen. „In Tilburg zu spielen wird für jedes Team eine richtig schwere Aufgabe sein.“ Die Gastgeber durften nur noch einmal jubeln, als Ivy van de Heuvel in der 52. Minute den Ehrentreffer für Tilburg erzielte – und damit Björn Linda um den verdienten Shutout brachte.
Den rund 100 mitgereisten Fans auf der Tribüne war das egal: Die Bärenfans hüpften und sangen ihre Freude über den gelungenen Saisonstart längst hinaus ins weite Trappers-Rund. „Die Fans waren der Wahnsinn“, freute sich auch Torschütze Keil.
EHC Neuwied: Linda, Aaltonen (nicht eingesetzt) - D. Schlicht, Ziolkowski, Pantic, Erk, Ochmann, Wengrzik - Myers, Gibbons, Wasser, Fröhlich, Rabbani, Müller, Köbele, Tegkaev, Schug, Butasch, S. Schlicht, Keil.
Zuschauer: 1500.
Tore: 0:1 Maurice Keil (13., Thomas Ziolkowski, Josh Myers), 0:2 Felix Köbele (17., Stephan Fröhlich, Max Wasser), 0:3 Brian Gibbons (21., Fröhlich, Ziolkowski), 0:4 Dominik Ochmann (36., Artur Tegkaev), 1:4 Ivy van de Heuvel (52., Peter van Biezen, Bjorn Willemse).
Strafen: Tilburg 18, Neuwied 18.
Nächste Aufgabe: EHC Neuwied – FASS Berlin, Freitag, 2. Oktober, 20 Uhr, Icehouse Neuwied.
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