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Nachricht vom 27.09.2015    

Krankenhäuser protestieren gegen Reform

Gemeinsame Erklärung von drei Kliniken gegen Pläne der Bundesregierung. Ein breites Protestbündnis hat sich bundesweit gegen die geplante Krankenhausreform gebildet, auch im Westerwald und in Neuwied sind sich die Kliniken einig in ihrer Ablehnung.

Foto: Wolfgang Tischler

Selters/Dierdorf/Neuwied. „Entgegen den Versprechungen wird die Reform nicht zu mehr Qualität, sondern zu mehr Dokumentationsbelastung für das Personal und weniger Mitteln für Investitionen führen“, sagen in einer gemeinsamen Erklärung Claudia Hoffmann, die Kaufmännische Direktorin des Marienhaus-Klinikums Bendorf – Neuwied – Waldbreitbach, Erwin Reuhl, Geschäftsführer des Ev. Krankenhauses Dierdorf/Selters, und Ernst Sonntag, Kaufmännischer Direktor des DRK-Krankenhauses Neuwied.

Ausdrücklich wolle Berlin Qualität und Patientensicherheit fördern, was die Krankenhausleiter/innen einhellig begrüßen. „Durch die Hintertür“ würden aber existenziell benötigte Finanzmittel gestrichen. „Wir haben die begründete Befürchtung, dass dies letztlich die Qualität eher mindern als verbessern wird“, so die gemeinsame Protestnote.

Ein Beispiel dafür sei das Pflegestellen-Förderprogramm, das von der Politik gern erwähnt und in den Vordergrund gestellt werde und auch von den heimischen Krankenhäusern sehr begrüßt wird. Allerdings stünden dieser Initiative im aktuellen Gesetzentwurf umfangreiche Budgetkürzungen gegenüber, darunter die Streichung des Versorgungszuschlags.

Zudem kann dieses Förderprogramm in rheinland-pfälzischen Kliniken nicht zur Anwendung kommen: Durch die Landesbasisfall-Problematik (Angleichung an den Bundesbasisfallwert) sind die Häuser im Land sogar gezwungen, Personal abzubauen.

Künftig fehlende Mittel – je nach Klinikgröße wird mit mindestens siebenstelligen jährlichen Einbußen durch das Reformgesetz gerechnet – verhindern also die Einstellung weiteren Personals, während gleichzeitig die geforderte „Erhöhung der Produktivität“ zu noch mehr Druck auf die Krankenhausmitarbeiter führen werde. „Wie soll eine Verbesserung der Versorgungsqualität mit weniger Geld und immer weniger Personal möglich sein?“, fragen Hoffmann, Reuhl und Sonntag rhetorisch.

Nicht hinnehmbar seien auch die geplanten Abschläge für Mehrleistungen: „Wir haben in der Vergangenheit viel in die Zukunft unserer Krankenhäuser investiert und damit zusätzliche Patienten gewonnen“, so die Klinikleiter. Im Blick auf die demografische Entwicklung und den damit verbundenen Anstieg von schwer kranken Patienten habe man die richtigen Weichen gestellt, um den Menschen der Region nachhaltig eine optimale wohnortnahe Versorgung zu sichern. Zwangsläufig führe dies sowohl quantitativ als auch qualitativ zu höherem Leistungsaufkommen – schließlich seien die Menschen daher nicht gezwungen, bei differenzierten Behandlungskonzepten den Weg in die Ballungsgebiete anzutreten.



Jedoch: Gerade die Westerwälder Klinik befürchtet hinter dem Ganzen eine gewisse Absicht. „Wie der Gesetzesentwurf angelegt ist, dient er offenbar dazu die Landkarte auszudünnen, also kleineren Häusern auf dem Land die finanzielle Basis zu nehmen“, meint Erwin Reuhl.

Die verschärften Qualitätsregeln vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) überwachen zu lassen, halten die Krankenhaus-Direktoren und -Geschäftsführer aus Neuwied und Dierdorf/Selters für absurd, wenn es auch der Tendenz der Reformpläne folge: „Der MDK ist als Institution der gesetzlichen Krankenversicherung nicht neutral. Seine Aktivitäten waren in der Vergangenheit nicht vorrangig auf Qualität, sondern überwiegend auf Kürzungen ausgerichtet.“

Zusammengefasst fehle dem Krankenhausstrukturgesetz jegliche inhaltliche Konsequenz: „Wer mehr Qualität will, der muss auch die Rahmenbedingungen dafür schaffen“, so Hoffmann, Reuhl und Sonntag. „Eine Reform, die eine Verbesserung der Patientenversorgung und finanzielle Hilfen für Krankenhäuser ankündigt, gleichzeitig aber Ressourcen beschränkt oder abbaut, hat zwangsläufig negative Auswirkungen für die Patienten und kann schon deshalb von den Krankenhäusern nicht akzeptiert werden.“

Stellvertretend für ihre mehreren Hundert Mitarbeiter fordern die heimischen Krankenhaus-Chefs dringend Nachbesserungen: „Qualität und Patientensicherheit müssen nachhaltig und zukunftsorientiert gesichert werden. Daher fordern wir von der Politik die Sicherstellung der erforderlichen personellen Besetzung und die Refinanzierung der tarifbezogenen Personalkostensteigerungen. Auch darf der bürokratische Aufwand für Ärzte und Pflegepersonal nicht weiter steigen – er geht zu Lasten der Zeit beim Patienten.“

Auf fragwürdige Qualitätszu- und -abschläge soll laut Sonntag, Hoffmann und Reuhl grundsätzlich verzichtet werden. Weiter weisen sie darauf hin, dass gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine wohnortnahe Patientenversorgung – gerade auf dem Land – gewährleistet bleiben muss. Dazu gehörten auch die ambulante Notfallversorgung, die derzeit nicht auskömmlich erstattet werde, sowie eine verlässliche Investitionsfinanzierung.

An die Bundestagsabgeordneten der Region richten alle drei Krankenhäuser den eindringlichen Appell, das Gesetz mit ihrer Stimme zu stoppen. Die Einwohner bitten sie, im Internet per Mausklick gegen das Gesetz zu protestieren.


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