Die "Freien Wähler" RLP zum Wahlkampfauftakt
Zuversichtlich gehen die Freien Wähler in die Landtagswahl 2016. Bei ihrer Landeskonferenz in Neustadt an der Weinstraße traten prominente Redner auf die ihre Sichtweisen kundtaten. Landesvorsitzender Stephan Wefelscheid aus Koblenz gab die politischen Ziele der freien Wähler bekannt. Es wird vier Bezirkslisten geben.
Neustadt a.d. Weinstraße. Prominente Mitglieder der "FREIEN WÄHLER" (FW) Rheinland-Pfalz und Bayern trafen sich auf dem Hetzelplatz in Neustadt an der Weinstraße, um zum Auftakt des Wahlkampfes für die Landtagswahl 2016 ihren politischen Standpunkt darzulegen.
Bundesvorsitzender Hubert Aiwanger, der die Freien Wähler auch im bayerischen Landtag
vertritt, kritisierte die Flüchtlingspolitik des Bundes und der Länder. Er forderte diese auf, die Belastungsgrenze der Bevölkerung zu beachten: „Wir können nicht alle Menschen der Welt bei uns auf Dauer unterbringen“, warnte er und stellte fest, dass der Slogan „Wir schaffen das!“ zu kurz gegriffen sei.
Das Flüchtlingsproblem sei eine große politische Aufgabe, bei der man genau hinsehen
und humanitäre Alternativen in den Herkunftsregionen suchen müsse. Die zuständigen Behörden verfügten nicht über genug Personal, und rund 100.000 Flüchtlinge seien derzeit in Deutschland überhaupt nicht erfasst, beschrieb Aiwanger die Situation. „Frau Merkel hat hier politisch großen Schaden angerichtet und ist dabei, das Thema weiter an die Wand zu fahren“, konstatierte er und brachte seine Partei als „seriöse Alternative“ ins Spiel, die sich gerne bei der Lösung der Probleme und bei der Integration einbringen würde.
Mit Blick auf die Finanz- und die Griechenland-Krise forderte Aiwanger: „Rettet zunächst mal die Kommunen, bevor Ihr die großen Banken rettet!“ Bund und Länder müssten den Landräten, Bürgermeistern und den Kommunalpolitikern in den Räten mehr Geld zur freien Verfügung und damit Entscheidungskompetenz überlassen: „Lasst die Kommunen freier wirtschaften, dann wird unter dem Strich mehr herauskommen“, zeigte sich der Bayer überzeugt. Die Mindestlohn-Bürokratie, die von Schwarz und Rot verschuldet sei, bewertete der FW-Bundesvorsitzende als „Waffe gegen den Mittelstand“.
„Rheinland-Pfalz braucht mindestens vier Parteien im Landtag. Die FREIEN WÄHLER gehören in
Rheinland-Pfalz in den Landtag, denn sie tragen die kommunale Basispolitik der Bürger in die Landespolitik“, stellte Ulrike Müller, die Europaabgeordnete der "FREIEN WÄHLER" fest. „Der Landtag in Rheinland-Pfalz ist erreichbar, und die Freien Wähler haben hervorragende Chancen, bald darin vertreten zu sein“, so ihre Einschätzung. Das Europäische Parlament habe das Thema Flüchtlinge/Migration seit mehr als einem Jahr auf dem Schirm; man habe dort Resolutionen und Entschließungen verabschiedet, wie Flüchtlingsströme kanalisiert werden könnten. „Aber passiert ist nix, weil sich die 28 Mitgliedsstaaten nicht einigen können“, bilanzierte Müller. Die Ursachen der Flüchtlingsströme seien schon lange bekannt, aber die Politik habe nicht gehandelt. „Und jetzt stehen die Kommunen da und müssen mit vielen Ehrenamtlichen diese ganzen Probleme bewältigen, um den Menschen vor Ort zu helfen.“ Dies werde bundesweit im nächsten Jahr rund zehn Milliarden Euro kosten. Müller forderte einen europaweit geltenden Verteilschlüssel für Flüchtlinge und für alle Mitgliedsländer gleiches Asylrecht.
In der Energiepolitik habe Europa ebenfalls große Probleme zu lösen: „Es nützt uns gar nichts, wenn Deutschland aus der Atomkraft aussteigt und die Nachbarländer neue Atomkraftwerke bauen. Wir werden belächelt, wenn wir solche Entscheidungen treffen und dann auch noch umzusetzen versuchen“, machte die Europaabgeordnete deutlich. Zudem brauche man innerhalb Europas ein gerechteres Steuersystem, Luxemburg dürfe nicht länger zur legalen Steuerflucht einladen. Zum 1600 Seiten starken Freihandelsabkommen mit Kanada merkte Müller an: „Nach dem jetzigen Stand kann ich diesem Abkommen nicht zustimmen, weil es die gleichen Schiedsgerichte und andere Regelungen beinhaltet, die wir schon bei TTIP ablehnen.“
Als Spitzenkandidat der "FREIEN WÄHLER" präsentierte sich Georg Krist, der als hauptamtlicher Beigeordneter der Stadt Neustadt und Dezernent für öffentliche Sicherheit und Ordnung viel kommunalpolitische Erfahrung gesammelt hat. Sein Eindruck: „Die Landespolitik und die Bundespolitik leiden darunter, dass dort sehr viele Politiker am Werk sind, die – in Anführungszeichen – noch keinen Besen in der Hand hatten.“ Man müsse berufliche Erfahrungen mitbringen, um bei der Arbeit im Parlament auch in politischen Gebieten mitreden zu können. Dies habe schon der kürzlich verstorbene Altkanzler Helmut Schmidt gefordert. Durch seine früheren Aufgaben bei der Bereitschaftspolizei sowie als Richter am Verwaltungsgericht könne er sehr gut beurteilen, wie sich Landesgesetze auswirken.
Die politischen Ziele der FW in Rheinland-Pfalz fasste Landesvorsitzender Stephan
Wefelscheid aus Koblenz zusammen: Um die Innere Sicherheit zu gewährleisten, brauche Rheinland-Pfalz 10.000 Polizisten, aber deren Zahl sei auf aktuell 8985 abgeschmolzen worden. Die Polizei im Land schiebe derzeit einen Berg von 1,7 Millionen Überstunden vor sich her, das entspreche der jährlichen Arbeitszeit von 1000 Polizeibeamten. „Das ganze System läuft auf Verschleiß“, stellte Wefelscheid fest. Zudem fehlten der Justiz rund 40 Richter und 25 Staatsanwälte, ergänzte er aus seiner Sicht als Rechtsanwalt.
Die Schulden des Landes sind auf 37,5 Milliarden Euro angestiegen, schneller als in allen anderen Bundesländern. Über 30 Prozent der Schulden liefen seit 2004 auf. „Wir brauchen einen Regierungswechsel. Und alles gehört auf den Prüfstand“, forderte der Landesvorsitzende, der im Haushalt genügend Positionen sieht, die man streichen könnte, beispielsweise die Ideologie-behaftete Energieagentur. Die Freien Wähler wollen finanzielle Spielräume schaffen, damit die Kommunen wieder handeln könnten, erklärte Wefelscheid, der sich seit sechs Jahren im Koblenzer Stadtrat engagiert. Er sieht die
kommunale Selbstverwaltung in Gefahr, weil Kreise, Städte und Gemeinden kein Geld mehr haben und deren Gremien auf den Pflichtaufgaben-Kanon degradiert seien. Die FW treten
dafür ein, dass den Kommunen wenigstens genug Geld bleibt, um ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen und wieder handlungsfähig zu werden.
Bei der Verkehrs-Infrastruktur habe das Land über Jahre hinweg von der Substanz gelebt. Viele Straßen gleichen Stoßdämpfer-Teststrecken, etliche Brücken sind marode. Die Kommunen würden vom Land mit diesen Problemen allein gelassen, klagte Wefelscheid, der sich dafür einsetzen will, dass die Infrastruktur wieder so ertüchtigt wird, wie es für eine Industrienation angemessen wäre. In Bayern habe man dies als „Rettungsschirm für unsere Straßen“ bezeichnet. Zur Verringerung des Bahnlärms fordern die FW den Bau eines Tunnels durch den Westerwald, außerdem befürworten sie eine zusätzliche Brücke am Mittelrhein.
Das Angebot bei Kindertagesstätten und Ganztagsschulen sowie Schulsozialarbeit wollen die FW ausbauen. „Das ist eine Pflichtaufgabe des Landes“, unterstrich ihr Vorsitzender. Im Kampf gegen den Ärztemangel auf dem Land setzen sie auf zusätzliche Studienplätze ohne Numerus Clausus, die für Studenten reserviert werden, die später Hausärzte werden wollen. In der Umweltpolitik fordern die Freien Wähler eine dezentrale Energiepolitik und lehnen Fracking mit Blick auf die damit verbundenen Risiken konsequent ab.
Die Partei fordert einen Regierungswechsel, aber tritt auch gegen eine allzu starke
CDU-Landesregierung unter Julia Klöckner ein. Denn ohne die FW würde die Industriepolitik der Großkonzerne auch in Rheinland-Pfalz Einzug halten, sagte Wefelscheid voraus.
Die Freien Wähler Rheinland-Pfalz werden zur Landtagswahl 2016 mit vier Bezirkslisten antreten und wollen im nächsten Landtag unter anderem dafür sorgen, dass die rot-grüne Schuldenpolitik beendet und den einzelnen Kommunen wieder mehr finanzieller Handlungsspielraum verschafft wird. Neben gesunden Finanzen für Rheinland-Pfalz liegt ein weiterer politischer Schwerpunkt der FW auf der Bildungspolitik und dem Kita-Ausbau, auf der Stärkung von Polizei und Justiz sowie auf funktionierenden Verkehrswegen und einer intakten Infrastruktur für die Menschen in Rheinland-Pfalz. Das Wahlprogramm wird im Januar 2016 verabschiedet. (Pressemitteilung)